Fonds-Experte Drescher: "Die Glaskugel hat keiner"
Björn Drescher, Fonds-Experte, über die Stimmung in der Zunft, die Wünsche der Anleger - und die Gefahr der Ernüchterung bei Mischfonds.
von P. Gewalt und T. Strohm, Euro am Sonntag
Ende November hat sich die Fondsbranche beim Petersberger Treffen im früheren Gästehaus des Bundes auf dem Petersberg bei Bonn zusammengefunden. €uro am Sonntag hat mit Organisator Björn Drescher darüber gesprochen, was die Zunft bewegt.
€uro am Sonntag: Wie hat sich das Petersberger Treffen seit dem Start 1998 entwickelt?
Björn Drescher: Wenn wir den Aussagen unserer Besucher Glauben schenken wollen, hat sich die Veranstaltung zu einer Institution entwickelt, der hohe Aufmerksamkeit geschenkt und großer Respekt entgegengebracht wird.
Wie war die Stimmung dieses Jahr?
Die Begriffe "Verunsicherung" und "Neugier" treffen es vielleicht am ehesten. Man spürt, dass sich die professionellen Investoren zunehmend fragen, woher im Niedrigzinsumfeld die stabilen Erträge der Zukunft herkommen. Alternative Investmentstrategien, die ja in diesem Jahr im Zentrum unserer Vorträge und Diskussionen standen, dienen sich da als ein Lösungsansatz an. Entsprechend groß war das Interesse der rund 400 Besucher.
Welche Trends der Fondsbranche haben Sie festgestellt?
Die Branchentrends lassen sich auch aus den Absatzstatistiken und der Medienlandschaft gut herauslesen: Mischfonds aller Art stehen im Fokus des Interesses, seien sie nun Multi-Asset-Fonds oder verfolgen sie alternative Investmentstrategien. Dazu ETFs, also niedrig gepreiste passive Investmentlösungen, Dividendenaktienfonds und Rentenfonds, die noch auf nennenswerte Kupons abzielen.
Welche Lösungen bietet die Branche, um in einem Umfeld niedriger Zinsen den Wunsch der Anleger nach sicherer Rendite zu erfüllen?
Wie bereits genannt, Multi-Asset-Fonds und alternative Investmentstrategien. "Absolute Return", "Vermögensverwaltende Fonds" und "Income" sind die Schlagworte der Vermarktung.
Stehen Mischfonds in Deutschland weiter im Mittelpunkt?
Bis auf Weiteres ist davon auszugehen. Man darf aber gespannt sein, inwieweit die Produkte der aufgebauten Erwartungshaltung gerecht werden. Das dürfte gerade bei Multi-Asset-Fonds insofern spannend werden, als das Risikomaß historisch in diesen Fonds mehrheitlich über die Aktienquoten und die Volatilität definiert wurde. Rentenanlagen galten immer als sicher im Sinn von schwankungsarm und ertragsstabil. Das dürfte zu überdenken sein. Wir gehen früher oder später von einer gewissen Ernüchterung aus. Wie man überhaupt sagen muss, dass die Branche gern und viel über die Stars unter den Mischfondsmanagern spricht und gern vergisst, wie viele es versuchen und wie wenige mittel- und langfristig gute Ergebnisse vorweisen können. Nebenbei bemerkt wechseln die Favoriten auch häufig. Pointiertes Multi-Asset-Management ist wie die Medaille mit ihren zwei Seiten. Sie können richtig und falsch liegen: Niemand hat eine Glaskugel.
Welche Schlussfolgerungen können Anleger aus dem Branchentreffen sonst noch ziehen?
Alternative Investmentstrategien sind es wert, näher geprüft sowie dosiert und durchdacht kombiniert als Depotbeimischungen in den Portfolios eingesetzt zu werden. Die Thematik ist aber komplex und setzt gewisses Fachwissen voraus. Zudem steht vielen Produkten die eigentliche Nagelprobe erst noch bevor. Viele Kurshistorien konkreter Fonds und Strategien sind noch sehr jung und müssen sich im sich ändernden Marktumfeld erst noch beweisen.
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Bildquellen: Drescher&Cie GmbH