Marktanalyse

Warum Nordeuropas Börsen brummen

30.08.10 06:00 Uhr

Während Südeuropa seinen Schuldenberg abträgt, erfreut sich Skandinavien stabiler Finanzen und einer gut aufgestellten Wirtschaft.

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von Andreas Höß, Euro am Sonntag

Giorgos Papakonstantinou wünscht sich wohl manchmal, Anders Borg zu sein. Der griechische Finanzminister musste vor Kurzem melden, dass die Wirtschaft seines Heimatlandes im zweiten Quartal um unerwartet hohe 1,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist. Sein schwedischer Kollege konnte vergangene Woche dagegen die freudige Nachricht verbreiten, dass die schwedische Wirtschaft in diesem Jahr gegenüber 2009 um 4,5 Prozent wachsen wird.

Auch 2011 und 2012 soll das Wachstum mit vier und 3,5 Prozent hoch ausfallen. Nur ein Beispiel für das Nord-Süd-Gefälle in Europa, das den hohen Norden für Anleger attraktiv macht. Denn beim Schuldenabbau hat zum Beispiel Schweden schon lange hinter sich, was Griechenland noch bevorsteht. Das skandinavische Land konsolidierte zwischen 1993 und 2007 seinen Haushalt, der Schuldenstand fiel nach ­Angaben des Internationalen Währungsfonds von rund 70 auf 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Im Rest Skandinaviens sind die Schulden ebenfalls gering. So kann etwa Norwegen auf stabile Einnahmen aus dem Geschäft mit Erdöl bauen. Das lässt dem Staat Raum für aktive Konjunkturpolitik, sollte sich die Weltwirtschaft abschwächen. Aktuell jedoch geht es bei den Norwegern bergauf, was sich auch in ­einer gesunkenen Arbeitslosenquote im zweiten Quartal ausdrückt.


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Die Börsen in Nordeuropa zählen seit Jahresanfang jedenfalls zu den großen Gewinnern. Der dänische OMX-Copenhagen-Index ist rund 20 Prozent im Plus, der schwedische Leitindex rund zehn Prozent. Karl Hogtun, der für die Fondsgesellschaft Carlson einen Skandinavien-Fonds managt, traut dem nordischen Aktienmarkt im zweiten Halbjahr weitere zehn Prozent Gewinn zu.

Denn die skandinavische Wirtschaft ist breit aufgestellt. Fondsmanager Hogtun sieht die verschiede­nen wirtschaftlichen Schwerpunkte als große Stärke der Region. Schweden etwa habe starke Industrieunternehmen, die von Aufschwungphasen profitieren können – wie auch die Ölindustrie Norwegens.

In Dänemark dominiere dagegen der eher defensive Gesundheitssektor. Und in Finnland profitiere man von den engen Kontakten mit dem boomenden Nachbarn Russland. Wer im skandinavischen Raum investiert, der verteilt die Risiken auf mehrere Schultern.

Tretminen lauern aber auch im Norden. Schwächelt die US-Wirtschaft, spürt man das auch in Oslo und Kopenhagen. Und am Häusermarkt droht eine Überhitzung, da viele Schweden, Norweger und Finnen sich wegen niedriger Zinsen ein Eigenheim leisten. Der Großteil der Finanzierungen ist an die Marktzinsen gebunden. Steigen diese, drohen Zahlungsausfälle. Auch wegen dieser Blasengefahr gaben Nordeu­ropas Börsen jüngst nach. Das könnten risikobewusste Anleger aber als Einstiegschance nutzen.

Ausgewählte Nordeuropa-Aktienfonds
Carlson Equity Scandinavia (ISIN: LU 008 342 547 9), Wertentwicklung seit 1.1.2010: 9,29 %
SEB Nordic Fund C (ISIN LU 003 016 587 1), Wertentwicklung seit 1.1.2010 6,38 %
SSgA Denmark Index Equity Fund (ISIN FR 000 001 804 6), Wertentwicklung seit 1.1.2010: 19,55 %