Immobilien-Boom: Wieso die Offenen Immo-Fonds auch in der Corona-Krise begehrt bleiben
Im Corona-Jahr war Betongold bei Anlegern gefragt. Wird das auch 2021 der Fall sein? Die Redaktion von €uro am Sonntag präsentiert ein Update.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Hotels stehen leer, die meisten Geschäfte im Einzelhandel sind geschlossen, Büros verwaist, weil die Angestellten zu Hause am Laptop sitzen. Die Zeit der Lockdowns und Einschränkungen im Kampf gegen Corona ist noch nicht vorbei. Und damit auch nicht die Sorgen einer Branche, die das Geld von Anlegern in Gewerbeimmobilien investiert.
Erdrücken lässt sich von den Sorgen, wie es scheint, aber keiner. Denn zum einen bleiben die Anleger ruhig. Viel mehr noch: Im Corona-Jahr 2020 haben sie erneut für einen Nettomittelzufluss in Offene Immobilienfonds gesorgt. Befanden sich in diesen Anlagevehikeln Ende 2019 noch 106,2 Milliarden Euro, waren Ende 2020 dort schon 115,1 Milliarden Euro angelegt, wie aus Zahlen der Bundesbank hervorgeht. Das ist ein Plus von 8,4 Prozent. Die Kategorie der Aktienfonds in der Bundesbank-Statistik verzeichnete dagegen 2020 einen Nettomittelzuwachs von "nur" 4,2 Prozent.
Auch vor 2021 ist den Anbietern - trotz fortdauernder Corona-Einschränkungen - nicht bange. In Summe bewerten sie die Aussichten für ihre Portfolios im laufenden Jahr "verhalten positiv". Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von FondsConsult. Das Analysehaus hat im Januar zwölf Gesellschaften mittels Fragebogen oder per Telefoninterview befragt. Diese zwölf Anbieter repräsentieren etwa 90 Prozent des Gesamtvolumens der Offenen Immobilienfonds hierzulande.
Unter Druck: Einzelhandel, Hotels
Entscheidend dafür, wie optimistisch die Anbieter sein können, ist vor allem die Gewichtung ihrer Portfolios nach Nutzungsarten. "Besonders betroffen von den Lockdowns sind naturgemäß die Segmente Einzelhandel und Hotel", sagt FondsConsult-Geschäftsführer Rüdiger Sälzle. "Dabei konnte der Teilbereich Nahversorgung in der Lockdown-Phase sogar zum Teil erhebliche Umsatzsteigerungen verzeichnen." Gelassen blickt Volker Noack, Leiter Fondsmanagement beim Branchenriesen Union Investment Real Estate, auf die Lage: "Es gibt vereinzelt Insolvenzen in der Textilbranche, aber insgesamt sind unsere Mieter im Einzelhandel bisher relativ stabil durch die Krise gelangt."
Ebenfalls (noch) unproblematisch stellt sich das Segment der Büroimmobilien dar. "Im Bereich Office werden kurzfristig keine negativen Einflüsse gesehen, zumal sich Mietrückstände auf einem minimalen Niveau bewegen", sagt Analyst Sälzle. Mit größerer Sorge blicken die Fondsanbieter auf Hotelimmobilien. Denn diese Anlageklasse wird unverändert heftig von der Pandemie getroffen. Jedoch: "Wir mussten noch keine Insolvenz eines Mieters in diesem Bereich verzeichnen", sagt Noack von Union Investment, "und wir haben rund 80 Hotels in unseren Portfolios."
Leuchttürme in der Zinsflaute
Trotz ungewisser Aussichten werden Offene Immobilienfonds wohl auch in diesem Jahr begehrt sein. "Ich erwarte nach wie vor eine hohe Nachfrage", sagt Noack. Denn im Zeitalter ultraniedriger Zinsen bieten diese Anlagevehikel immer noch relativ hohe, stabile Erträge. Ihre Renditeerwartungen sollten Investoren in diesem Jahr aber weiter zurückschrauben. Während die Fonds 2019 nach Zahlen der Ratingagentur Scope im Durchschnitt 2,6 Prozent Rendite für ihre Anleger erwirtschafteten, waren es 2020 nur noch 2,1 Prozent. Dieses Jahr rechnen Experten wie FondsConsult- Mann Sälzle mit Renditen in einer Bandbreite zwischen 1,5 und zwei Prozent, "mit entsprechender Unsicherheit bei einem längeren Lockdown".
Bei den Zahlen handelt es sich wohlgemerkt um einen Durchschnitt. Einzelne Portfolios können sehr wohl mehr abwerfen. So erzielte zum Beispiel der Fokus Wohnen Deutschland im vergangenen Jahr ein Plus von mehr als fünf Prozent. Charakteristisch für das Portfolio ist, dass es auf die Wohnungsmärkte setzt. Insgesamt wird erwartet, dass europäische Wohnimmobilien in den kommenden Jahren aus Sicht der Investoren höhere Renditen erwirtschaften könnten als Objekte anderer Nutzungsarten. "Innerhalb Europas dürften die deutschen Wohnimmobilienmärkte zu den widerstandsfähigsten gehören und in den kommenden Jahren auch vergleichsweise stark wachsen", so FondsConsult-Experte Sälzle.
Ebenso hoch auf der Einkaufsliste institutioneller Investoren stehen Logistikimmobilien. Die profitieren von langfristigen strukturellen Trends sowie aktuell von Veränderungen im Konsumverhalten. "Daher wird dieses Segment auch als ein Gewinner aus der Corona- Krise hervorgehen", so Sälzle. Portfolioexperte Noack will trotzdem nicht mit Gewalt in diesen Markt drängen: "Wir haben 2019 und 2020 im Logistikbereich erfolgreich durch Portfoliokäufe zugelegt. Der Zug ist aber schon ein bisschen durch die Halle", sagt er. "Wer jetzt erst auf Logistik schwenkt, wird mit sehr hohen Preisen kämpfen müssen."
Für Privatanleger, die Anteile eines Offenen Immobilienfonds erwerben wollen, kann derweil Geduld gefragt sein. Denn aufgrund der hohen Nachfrage und in Ermangelung geeigneter Investitionsobjekte sind viele Anbieter dazu übergegangen, nur bestimmte Kontingente in den Vertrieb zu geben. So zum Beispiel Union Investment, die aktuell für den UniImmo Europa wieder neues Anlegergeld annehmen.
Andere Anbieter wie Industria, die den Fokus Wohnen Deutschland im Programm haben, arbeiten mit Cash-Call- Verfahren: Sie akzeptieren nur frische Mittel, wenn der Ankauf neuer Objekte bevorsteht. Zurzeit ist das der Fall. Geld einfach so herumliegen lassen, will momentan keiner.
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