Klimaschutz: Verzichten, um zu gewinnen
Während die Diskussion um den Klimawandel wieder auflebt, sind viele große Investoren schon am Umsteuern.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Der Jetstream klemmt. Ist das die Erklärung für die schweren Unwetter in Baden-Württemberg und Niederbayern? Klimaforscher jedenfalls beobachten das Phänomen genau und stellen eine Veränderung der Luftströme in der Atmosphäre fest. Diese kommen immer öfter zum Stillstand. In der Folge verharren Tiefdruckgebiete länger als früher über einem Gebiet und sorgen dort für Dauerregen und Überschwemmungen. Solche Wetterlagen, befürchten die Klimaforscher, könnten in Zukunft häufiger werden. Ihre Ursache wird in der Erwärmung der Erdatmosphäre infolge von Treibhausgasen gesehen.
Um gegenzusteuern, haben sich die Vereinten Nationen bereits 2010 zum Ziel gesetzt, den Temperaturanstieg der Erde auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Dieses Vorhaben wurde beim letztjährigen Klimagipfel in Paris bekräftigt, der als Erfolg gilt und auf dem ein Weltklimavertrag zustande kam. Mehr noch: Angestrebt wird jetzt sogar eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad.
Wenngleich vieles von dem, was in Paris besprochen wurde, auf Absichtserklärungen und freiwilligen Zusagen beruht - eines hat die Konferenz trotzdem gebracht: Erstmals vereinbarten Industrie- und Schwellenländer, gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen. Allen ist klar: Der weltweite Ausstoß von CO2 muss verringert werden.
In der Konsequenz heißt das: Ein großer Teil der globalen Kohle-, Öl- und Gasvorräte dürfte nicht verbrannt werden und müsste im Boden bleiben -für Öl- und Rohstofffirmen keine guten Aussichten. Laut einer Studie der Umweltinitiative Carbon Tracker und der London School of Economics könnte es sein, dass bis 2050 nur noch 20 Prozent der weltweit bekannten Reserven genutzt werden.
In der Finanzbranche kursiert bereits der Begriff der "stranded assets": nutzlose Vorräte - gestrandet wie ein Wal. Nach Schätzungen könnten die Börsenbewertungen des Ölsektors bis 2050 um bis zu zwei Drittel, die der Kohleindustrie um bis zu drei Viertel sinken.
Bei voranschreitenden Klimaschutzbemühungen steigen also die Risiken von Investitionen in fossile Energien. Das hat inzwischen auch institutionelle Anleger umdenken lassen. Immer mehr steigen vor allem aus der Finanzierung von Kohle aus, die als größter Klimakiller gilt.
Raus aus der Kohle
Eine Signalwirkung hatte der Beschluss des riesigen norwegischen Staatsfonds 2015, Anteile an Bergbauunternehmen zu verkaufen, wenn das Kohlegeschäft mehr als 30 Prozent des Umsatzes ausmacht. Aber auch der deutsche Versicherer Allianz gab Ende 2015 bekannt, seine Investitionen aus der Kohleindustrie abzuziehen. Stattdessen will er sich verstärkt bei Windkraft engagieren."Institutionelle Anleger mit hoher Reputation werden künftig nicht mehr in den Kohlesektor investieren", meint Norbert Wolf, Geschäftsführer der Steyler Ethik Bank. Auch sein Institut verbannt seit 2015 die Kohleförderung aus dem Anlageuniversum (siehe Investor-Info).
Was für die Steyler Ethik Bank zum moralischen Selbstverständnis zählt, ist für die Allianz eine Frage der puren Ökonomie. Klimaschädliche Investments rechnen sich künftig nicht mehr, sagt der Versicherer. Sollte sich diese Ansicht durchsetzen, wäre das ein echter Wendepunkt beim Klimaschutz.
Investor-Info
Steyler Fair u. Nachhaltig Akt.
Ausschluss von Klimakillern
Die Steyler Ethik Bank hat sich anlässlich des Klimagipfels in Paris 2015 dazu entschlossen, nicht mehr in die Kohleindustrie zu investieren. Der Ausschluss gilt für Produzenten und Verwender ab einer Umsatzschwelle von fünf Prozent. Daran hält sich auch der global anlegende Aktienfonds Steyler Fair und Nachhaltig Aktien. In den übrigen Sektoren investiert er in die Nachhaltigkeitsvorreiter (Best-in-Class-Ansatz). Seit Auflage Ende 2012 erzielte der Fonds eine Rendite von 39 Prozent.Weitere News
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