Euro am Sonntag-Interview

Fondsmanager Leber: "Buffett hat mich inspiriert"

05.03.17 10:40 Uhr

Fondsmanager Leber: "Buffett hat mich inspiriert" | finanzen.net

Mit seinem konsequenten Value-Anlagestil agiert Hendrik Leber, der "Fondsmanager des ­Jahres 2017", seit über 20  Jahren ­erfolgreich am Markt. Ein Gespräch über Trump, Buffett und Bitcoins.

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Fonds

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Devisen

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von C. Platt und L. Vogel, Euro am Sonntag

Das Kennzeichen vieler erfolgreicher Fondsmanager ist, nicht im Büro zu verweilen, sondern in die Welt hinauszugehen. Bei Hendrik Leber ist das nicht anders. Kaum hatte der Vermögensverwalter vor zwei Wochen in München die Auszeichnung des Finanzen Verlags zum Fondsmanager des Jahres entgegengenommen, brach er zu einer Reise in die USA auf.



Dort nahm er an einer mehrtägigen, von Goldman Sachs veranstalteten Technologiekonferenz teil und schaute bei rund 50 Techfirmen im kalifornischen Silicon Valley vorbei - unter anderem bei Apple, Intel und Nvidia. Der Manager hält derartige Besuche für unbedingt notwendig, um ein Gespür für die Branche zu bekommen, und kam mit vielen Eindrücken von seiner Reise zurück.

Leber, der vor wenigen Tagen 60 Jahre alt wurde, hat sich als Vermögensverwalter dem Value-­Anlagestil verschrieben. Er hält Ausschau nach Investments, die an den Märkten zu niedrigeren Preisen gehandelt werden, als sie seiner Ansicht nach wert sind.


€uro am Sonntag: Herr Leber, was genau bedeutet der Begriff Value für Sie?
Hendrik Leber:
Ich investiere in Dinge, die sich rechnen, zu einem angemessenen Preis bei vertret­barem Risiko. Das klingt sehr weit gefasst und das ist es auch. Ich kann eben genauso völlig runtergeprügelte Aktien kaufen, wenn noch Subs­tanz im Geschäftsmodell ist, wie ich stark wachsende Firmen ins Portfolio nehmen kann, wenn das Geschäftsmodell Profitabilität verspricht und der Preis stimmt.

Wie kamen Sie zum Value-Stil?
Inspiriert hat mich sicher Warren Buffett mit seinen Briefen an die Aktionäre. Ich habe gemerkt: Der Mann hat einfach recht. Aber im Grunde ist Value für jemanden wie mich, der Betriebswirtschaft studiert hat, an Zahlen glaubt und ra­tionale Entscheidungen anstrebt, der einzige Investmentansatz, der infrage kommt. Die meisten anderen Dinge wie Charttechnik zum Beispiel halte ich für reine Kaffeesatzleserei.


Können Sie Buffetts Anlageentscheidungen stets nachvollziehen?
Viele der Investmententscheidungen werden ja von "Ted und Todd" (Ted Weschler, Todd Combs; Anm. d. Redaktion) getroffen, seinen beiden Aktienspezialisten. Bei vielen Entscheidungen stehe ich fragend davor und suche nach der super­interessanten Erklärung, die aber vielleicht gar nicht da ist.

Wie stufen Sie etwa den Ausbau ­seiner Positionen in Apple ein?
Ich denke, dass Buffett sie nicht als Technologie-, sondern als Konsumgüteraktie betrachtet. Apple - so erzählte es mir jedenfalls vergangene Woche der Finanzvorstand von ­Apple, Luca Maestri, in einem Gruppengespräch - ist der Aufbau und die Pflege einer großen installierten Gerätebasis wichtig, um darauf ein zahlungsstarkes Ökosystem zu setzen. Stabile Kundenbeziehungen, hoher Cashflow, viel Geld in der Kasse - das sind Dinge, die Buffett erfreuen.

Und was sagen Sie zu seinem ­Einstieg bei Monsanto?
Die Entscheidung Buffetts ist mir nicht ganz klar. Setzt er - so wie ich es tue - auf den Erfolg der Übernahme durch Bayer? Mit Monsanto oder mit Bayer wäre Buffett stark im Sektor Saatgut und Pflanzenschutz engagiert. Beides sind sehr wichtige Zukunftsbereiche für die Ernährung der Menschheit.

Was sind die aktuellen Kurshochs bei Aktien wert? Für wie nachhaltig erachten Sie den Höhenflug der ­Börsen, insbesondere in den USA?
Die Kurshochs werden unverändert durch die niedrigen Zinsen getrieben und neuerdings durch Donald Trump. Der US-Präsident ist im Moment für wirklich alle unberechenbar, selbst für seine engsten Berater. Es besteht die abstrakte Hoffnung, dass er "pro business" agiert, also Unternehmensteuern senken, die Regulierung aufweichen und große staatliche Aufträge vergeben wird.

Das ist aber nur die eine Seite der Medaille ...
Ja, was Trump derzeit hingegen auch macht oder ankündigt, nämlich Immigranten auszuweisen, Handelsverträge aufzukündigen und Importzölle zu erheben, ist extrem geschäftsfeindlich. Sowohl ein iPhone von Apple als auch eine ­Boeing 787 bestehen aus vielen ausländischen Zulieferkomponenten. Ich habe den Eindruck, dass Trump die internationale Verflechtung der US-Wirtschaft noch gar nicht verstanden hat. In seiner bisherigen Immobilienwelt war die Verflechtung nur lokal vorhanden.

Was denken Sie: Kommt irgendwann ein böses Erwachen oder kann der US-Präsident die Erwartungen der Anleger erfüllen?
Noch ist nicht klar, ob mehr positive oder negative Ankündigungen durch Trump umgesetzt werden - ob er also schnell genug die Fakten der amerikanischen Wirtschaft lernt und anwendet. Es kann also auch gut sein, dass die Trump-­Börseneuphorie in eine Tristesse übergehen wird. Ich persönlich bin von einem negativen Ausgang des Experiments "Trump" überzeugt.

Anleger weltweit haben sich zuletzt wieder zyklischen Aktien und ­damit Value-Titeln zugewendet. Empfinden Sie als Value-Investor Genugtuung angesichts dieses Stimmungswechsels?
Beim Investieren gibt es keine Genugtuung - denn jeder Anleger weiß, dass es bei der Börse nicht um recht haben und recht bekommen geht. Die Börse macht es auch den weltbesten Investoren schwer und lehrt sie, bescheiden zu bleiben. Ich freue mich über die Renaissance der Value-Aktien, denn sie ist überfällig. Man weiß nie, wie lange ein solcher Stimmungswechsel im Markt anhält. Sowohl nach historischen Maßstäben als auch nach Marktphasen gesehen - Stichtwort: "Die Gier kommt langsam zurück" -, könnte Value noch einen langen guten Lauf vor sich haben.

In Ihrem offensiven Mischfonds Acatis Datini Valueflex können Sie quasi unbeschränkt investieren. Was sind für Sie derzeit aussichtsreiche Anlagethemen?
Zwei Dinge faszinieren mich aktuell. Zum einen 3-D-Sensor-Chips für Smartphones und selbstfahrende Autos. Da habe ich allerdings bisher nur die Infineon-Aktie, bin aber noch am Recherchieren. Zum anderen die Erwartung einer auseinanderlaufenden Zinskurve in Europa. Ich setze über Futures auf steigende Kurse bei Bundesanleihen und auf fallende bei italienischen und französischen Staatsanleihen. Denn ich rechne mit Währungskrisen in ­Europa und erwarte, dass die Zinsdifferenz auseinandergehen wird.

Was erwarten Sie konkret?
Wenn Italien kriselt, fließt das Geld nach Deutschland und die Zinsdifferenz geht von derzeit 1,95 Prozent wieder auf 2,5 bis drei Prozent hoch. Die Kurse der Futures, mit denen ich auf die steigenden, respektive fallenden Kurse setze, laufen dann rund fünf Prozent oder deutlich mehr auseinander. Auf diese Weise verwandle ich den Stress im Euroraum in Gewinne, so zumindest die Hoffnung. Ich rechne mit einem sehr unruhigen Jahr für den Euro und möchte die erwarteten negativen Ereignisse in positive Gewinne umwandeln.

Sie investieren auch in die Digitalwährung Bitcoin - warum? Ist das die Zukunft der Geldanlage und der Finanzwelt?
Bitcoin hat viele Eigenschaften, die auch Gold hat - es muss geschürft werden, es gibt nur eine begrenzte Menge, es ist ein "Geldspeicher" und es kann frei transferiert werden. Der Unterschied: Es ist elektronisch und nicht physisch zu lagern. In einer Welt der Krisen und der Einschränkung des Zahlungsverkehrs, etwa durch Abschaffung von Geldscheinen oder Höchstgrenzen für Barzahlungen, ist Bitcoin eine sichere Alternative.

Können Sie in Ihren Fonds direkt Bitcoins halten?
Nein, das geht aus rechtlichen Gründen nicht. Ich verwende ein Trackerpapier, das dem Kurs der Digitalwährung folgt.

Angesichts eines unberechenbaren US-Präsidenten und möglichen ­politischen Krisen in Europa - wie lautet aktuell Ihr Rat für Anleger?
Es bleibt dabei: Aktien sind unverändert, trotz der immer höheren Bewertungen, die beste Anlageklasse für Langfristanleger. Wir werden dieses Jahr eher Zins- und Währungskrisen als Aktienkrisen erleben - so zumindest meine Einschätzung. Und am Jahresende stehen dann die Aktienkurse wieder mal höher als am Jahresanfang, auch wenn manche Regierung nicht mehr im Amt sein wird.

Vita:

Konsequent preiswert
Hendrik Leber (60) studierte ­Betriebswirtschaftslehre in Deutschland und den USA und startete seine Karriere bei McKinsey. Von der Unternehmensberatung wechselte er zur Privatbank Metzler und gründete 1994 Acatis, heute mit ­einem betreuten Kapital von 3,5  Milliarden Euro eine der größten unabhängigen Vermögensverwaltungen Deutschlands. €uro am Sonntag und ­andere Publikationen aus dem Finanzen Verlag zeichneten ­Leber wegen der langfristigen Erfolge seiner Fonds (Acatis ­Datini Valueflex, Acatis Aktien Global, Acatis Global Value Total Return) und seinem konsequenten Value-Anlagestil als Fondsmanager des Jahres 2017 aus.

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Bildquellen: ACATIS Investment GmbH

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