Euro am Sonntag-Analyse

Frontier Markets: Fantasie mit Grenzen

31.12.16 12:00 Uhr

Frontier Markets: Fantasie mit Grenzen | finanzen.net

Privat-Investoren sind in dieser Anlageklasse kaum engagiert. Die zweite Liga der Schwellenländer kann ein Portfolio jedoch durchaus bereichern.

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von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Knapp ein Prozent beträgt ihr Anteil an der globalen Marktkapitalisierung. Daher gibt es bisher auch nur wenige Fonds für das Anlagethema Frontier Markets. Grenzmärkte, das sind nach einer jüngst veröffentlichten Studie von Credit Suisse Research Institute 30 Länder in Asien, Afrika, Europa und Lateinamerika (siehe unten). Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich noch in einem sehr frühen Stadium eines wirtschaftlichen Aufschwungs befinden. Ihr Beitrag zum globalen Bruttoinlandsprodukt beträgt aktuell gerade mal fünf Prozent.

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Doch schon jetzt lassen sich in ausgewählten Frontier Markets hohe Renditen erzielen. Der kasachische Aktienmarkt etwa legte seit Jahresanfang um fast 68 Prozent zu und rangiert damit auf Platz 1 der weltweiten Börsenplätze. Der Anstieg erklärt sich nicht nur durch gestiegene Preise für Rohstoffe, über die der neuntgrößte Flächenstaat reichlich verfügt. Investoren loben die Modernisierungsanstrengungen des zwar autoritär regierenden, aber marktwirtschaftlich denkenden Präsidenten Nursultan Nasarbajew. Zudem gilt Kasachstan als eines der Länder, die von Chinas Seidenstraßenprojekt stark profitieren werden. Auch fährt das Land im Gegensatz zu Russland außenpolitisch einen neutralen Kurs, der mit zunehmenden ausländischen Direktinvestitionen belohnt wird.

Letzter Platz für Nigeria

Wie hoch die Risiken der Frontier Markets sein können, zeigt sich am nigerianischen Aktienmarkt. Der Leitindex verlor seit Anfang Januar rund 38 Prozent. Lagos ist damit der schlechteste Finanzplatz weltweit. Viel spricht dafür, dass der Abwärtstrend anhält, auch wenn nigerianische Aktien ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von lediglich 8,1 aufweisen. Ausländische Anleger fürchten, dass der Naira, Nigerias Währung, trotz einer Abwertung gegenüber dem Dollar seit Juni um 40 Prozent noch immer nicht seinen Boden gefunden hat.

Anleger müssen daher für Grenzmärkte ein hohes Maß an Risikofreude mitbringen und große Schwankungen ertragen können. Und sie sollten sich langfristig engagieren. Ländern wie Kasachstan, Vietnam, Argentinien, Nigeria, Kenia, Marokko, Ägypten, Bangladesch und Rumänien wird trotz ihrer Unterschiedlichkeit eine ähnlich starke Entwicklung zugetraut, wie sie Schwellenländer wie Brasilien oder Indien genommen haben. Doch es kann dauern, bis sich die auf hohe Wachstumsraten und eine junge Bevölkerung gründenden Renditehoffnungen für die Anlageklasse allgemein erfüllen - und ETFs, die den MSCI New Frontier Index abbilden, das dazu geeignete Investmentvehikel sind. Um ihren Anteil an der globalen Marktkapitalisierung von unter einem Prozent auf aktuell 15 Prozent zu steigern, benötigten die heute etablierten Emerging Markets immerhin 30 Jahre.
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Dass der Aufstieg eines Frontier Market zum Schwellenland aber auch relativ schnell erfolgen kann, zeigt wiederum Pakistan. Das Land, das seit drei Jahren einen mit dem Internationalen Währungsfonds eng abgestimmten Reformkurs fährt und Wachstumsraten von fünf Prozent erzielt, wird bereits im kommenden Jahr in den Index MSCI Emerging Markets aufgenommen. Diese Aussicht bescherte der Börse in Karatschi ein Plus seit Jahresanfang von rund 50 Prozent. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von neun sind Aktien aber immer noch günstig bewertet. Etliche weisen zudem eine Dividendenrendite von fünf Prozent auf.

Frontier-Markets-Studie
Stark im Kommen

Credit Suisse ordnet in einer Studie 30 Länder der Anlageklasse "Frontier Markets" zu. Der Anteil der Staatengruppe, der Länder wie Kasachstan, Pakistan, Vietnam, Kenia, Bangladesch und Nigeria angehören, an der Weltbevölkerung liegt bei 16 Prozent. Sie machen zwölf Prozent der Landmasse aus und generieren fünf Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Gemeinsam erzielen sie eine Wirtschaftsleistung von 3,7 Billionen Dollar. Laut Credit Suisse sind Grenzmärkte immer noch die am stärksten unterrepräsentierte Anlageklasse bei Aktien und Anleihen weltweit. "Sie bieten Anlegern das Potenzial, durch Diversifikationseffekte höhere risikoadjustierte Renditen zu erzielen", schreibt Alexander Redman, Mitautor der Studie.

Magna New Frontiers Fund
Lohnende Recherche

Manager Stefan Böttcher bereist immer wieder die Frontier Markets, um vor Ort die Unternehmen zu finden, die von der Wachstumsdynamik der Länder am stärksten profitieren. Meist sind dies Telekom-, Gesundheits- und Konsumunternehmen. Pakistanische und argentinische Aktien sind im Portfolio derzeit mit je 19 Prozent gewichtet. Große Chancen sieht Böttcher auch in Vietnam. Die mühevolle Recherche lohnt sich. Auf Sicht von fünf Jahren legte der Fonds um 112 Prozent zu.

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