Euro am Sonntag-Analyse

BRIC-Staaten: Das sind die wahren Rendite-Stars

15.08.16 21:00 Uhr

BRIC-Staaten: Das sind die wahren Rendite-Stars | finanzen.net

Anleger interessieren sich wieder für die großen Schwellenländer. Doch die Rallys in Brasilien und Russland sind nicht fundamental getrieben.

von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Nur dabei sein will Indien nicht: Der Subkontinent schickt gleich 119 Teilnehmer zu den Olympischen Sommerspielen nach Brasilien - so viele wie noch nie. Insbesondere im Hockey der Männer hofft man auf Gold. Das Mindestziel aber lautet: In Rio de Janeiro muss Indien besser abschneiden als in London vor vier Jahren. Mit zweimal Silber und viermal Bronze belegte man seinerzeit Platz 55 im Medaillenspiegel - weit hinter den übrigen Mitgliedern der BRIC-Gruppe Brasilien, Russland und China.



Die vier Länder wurden Anfang des Jahrtausends von Investoren als die ökonomischen Powerhäuser der Zukunft identifiziert. Bis zum Jahr 2030, so die damalige Prognose, könnte der Anteil der vier Staaten an der Weltwirtschaftsleistung von 18 auf 47 Prozent steigen. Zunächst erfüllten sich die daran entzündeten Kursfantasien der Anleger. In den vergangenen drei Jahren überwog jedoch die Skepsis. Nach dem Brexit-­Votum und einer damit unwahrscheinlicher gewordenen Zinserhöhung in den USA rücken die BRIC-Staaten erneut in den Fokus, die Mittelzuflüsse steigen wieder. Sind die Gelder gut angelegt?

Die Spiele im Schwellenland Brasilien nimmt €uro am Sonntag zum Anlass, um die Fitnesszustände der Volkswirtschaften und die Börsenchancen der vier den MSCI-Emerging-Markets-Index dominierenden Länder zu überprüfen.


In puncto wirtschaftliche Dynamik führt Indien die BRIC-Gruppe mit weitem Abstand an. S & P prognostiziert für das aktuelle und das kommende Haushaltsjahr eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von jeweils acht Prozent. Keinem anderen Land werden höhere Wachstumsraten zugetraut. Die Ratinggesellschaft lobt in einer jüngst veröffentlichten Einschätzung die auf anhaltende Konjunkturkurbelebung ausgelegten Strukturreformen der Regierung.

Beifall bekommt Ministerpräsident Narendra Modi insbesondere für seine Bemühungen, in allen 29 Bundesstaaten eine einheitliche Mehrwertsteuer einzuführen. Indiens Unternehmer hoffen sehnlichst, dass - nachdem diese Woche das indische Oberhaus der "Goods and Services Tax" zugestimmt hat - auch die erforderliche Mehrheit der Länderparlamente zustande kommt. "Dies würde den Warenaustausch innerhalb Indiens beleben, die Investitionsbereitschaft fördern und Millionen neue Arbeitsplätze schaffen", folgert Sachin Bansal, Gründer von Flipkart, Indiens größtem Onlinehändler.


Der Beschluss zur einheitlichen Mehrwertsteuererhöhung dürfte das Momentum in Mumbai verstärken. In den vergangenen drei Monaten legte die Börse bereits um zehn Prozent zu. "Für Investoren ist das Land nicht nur aus makroökonomischer Sicht attraktiv. Wir finden dort auch zahlreiche gut ­geführte Unternehmen", sagt Michael Altintzoglou. Der Manager des Flossbach von Storch Global Emerging Markets hat 25 Prozent in indische Aktien investiert. "Viele Unternehmen sind mehrheitlich im Familienbesitz. Deren Wachstumsstrategie ist langfristig an­gelegt, unnötige Risiken zur Steigerung des Quartals­ergebnisses werden nicht eingegangen", lobt Altintzoglou.

Gedopte Zahlen

Auf Platz 2 in der Disziplin Wachstum rangiert China. Im zweiten Quartal legte die Wirtschaft um 6,7 Prozent zu, diese Größenordnung peilt die Regierung in Peking auch für das Gesamtjahr an. Christopher Balding ist jedoch von der Korrektheit der staatlichen Datenerhebungen wenig überzeugt. Der Professor an der Peking University HSBC Business School hält geringere Zuwachsraten für realistisch und zweifelt zudem an der Nachhaltigkeit des bislang vor allem kreditfinanzierten Aufschwungs.

Experten vermuten, dass das jährliche Kreditwachstum mittlerweile 25 Prozent erreicht hat und damit im Gegensatz zu den Aussagen der Regierung weit über dem Wirtschaftswachstum liegt. Insbesondere bei den Staatsbetrieben dürfte die Verschuldung stark gestiegen sein. Können diese die Kredite nicht bedienen, drohen Chinas Banken in Schieflage zu geraten. "Kontrollierte Insolvenzen müssen sich nicht zwangsläufig negativ auf die Kurse auswirken. Gewinnen Anleger aber den Eindruck, die Regierung ist nicht mehr Herr des Verfahrens, sind heftige Verluste wahrscheinlich", sagt Fondsmanager Altintzoglou. Auch wenn die in Hongkong gelisteten wichtigsten chinesischen Unternehmen mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund sieben günstig bewertet sind: Ein Engagement zum aktuellen Zeitpunkt ist wohl nur etwas für sehr mutige Anleger.

Außer Puste

Das Gastgeberland der Olympischen Sommerspiele präsentiert sich dagegen wirtschaftlich in extrem schlechter Verfassung. Das Bruttoinlandsprodukt Brasiliens wird in diesem Jahr voraussichtlich um 3,8 Prozent schrumpfen, die Arbeitslosenquote ist auf über elf Prozent gestiegen. Fast neun Prozent Inflation verhindern zudem, dass die Zentralbank den Leitzins senkt. Dennoch sind brasilianische Aktien gesucht. So bringt es der Ölkonzern Petrobras seit Jahresanfang auf fast 80 Prozent Plus.

Der Aufschwung in Rio wurde bislang jedoch von der Hoffnung auf einen poli­tischen Wechsel und einen wieder wirtschaftsfreundlicheren Kurs getragen. Eine neue Regierung ist mittlerweile an der Macht. Es dürfte aber dauern, bis ihre Reformen greifen, Konsum- und ­Investitionsbereitschaft wieder zunehmen. Den erneut gesunkenen Ölpreis könnten Anleger daher nutzen, um Gewinne mitzunehmen.

Die wieder nachlassenden Notierungen beim schwarzen Gold mahnen auch Russland-Investoren zu mehr Vorsicht. Insbesondere eine durchschnittliche Dividendenrendite von 4,5 Prozent hatte Anleger zuletzt zum Einstieg motiviert. Doch Russlands Wirtschaft ist immer noch zu wenig diversifiziert. Ein niedriger Ölpreis belastet daher auch die Kurse von Unternehmen außerhalb des Rohstoffsektors. Es mag gegen grundsätzliche Investmentregeln verstoßen: Breit diversifiziert in Schwellenländer zu investieren, erscheint derzeit indes riskanter als die Konzentration auf ein Land. Bei der Olympiade ist ja auch kein BRIC-Team, sondern es sind Einzelstaaten am Start.

Investor-Info

FvS Global Emerging Markets
Portfolio mit eigenem Profil

Fondsmanager Michael Altintzoglou weicht bei den Ländergewichtungen mitunter weit vom Vergleichsindex ab. Wegen politischer Risiken verzichtet er etwa ganz auf türkische Aktien. Auch um russische Werte macht er ­einen Bogen. Indien ist dagegen der Top-­Favorit. 25 Prozent der Mittel hat er in Unternehmen wie den Konsumwert Godrej Consumer oder den Hypothekenfinanzierer HDFC investiert. Seit Jahresanfang erzielte der Fonds ein Plus von über zwölf Prozent.

Jupiter India SELECT
Banken bevorzugt

Indien gerät ins Radar der Investoren, bei Avinash Vazirani ist das Geld gut angelegt. Der Manager schaffte in den vergangenen drei Jahren 112 Prozent. Titel aus der Finanzbranche wie Kotak Mahindra Bank und State Bank of India sind im Portfolio mit 21 Prozent gewichtet. Infosys ist der Favorit unter den Techwerten. Nestlé India und Godfrey Phillips sollten von der wachsenden Konsumnachfrage am stärksten profitieren.

HSBC BRIC Equity
Begrenztes Potenzial

Manager Nicolas Timberlake verteilt die Mittel zu fast gleichen Anteilen auf die vier großen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China. Seit Jahresanfang hat der Fonds um 21 Prozent zugelegt. Doch nach der guten Wertentwicklung an den Börsen in São Paulo und Moskau erscheint das Kurspotenzial begrenzt - beziehungsweise es drohen Verluste. Weitere Fondsanteile zu kaufen empfiehlt sich daher nicht.

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Bildquellen: Filipe Frazao / Shutterstock.com, Rechitan Sorin / Shutterstock.com

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