Das große Bild
Ich kann nicht nur von meinen Kunden eine höhere Risikoneigung einfordern. Mit meinem Wechsel verlasse ich jetzt auch selber meine Komfortzone.
"Ich möchte das Verständnis der Filialkunden für Kapitalmärkte erhöhen."
Herr Wöhrmann, dies ist Ihr letztes Interview im CIO View, da Sie sich ab dem 1. Dezember dem deutschen Privatkundengeschäft der Deutschen Bank widmen werden. Gönnen wir uns also etwas Abstand zum Tagesgeschehen und werden grundsätzlich und persönlich. Warum dieser Schritt?
Mich reizt die persönliche Herausforderung gepaart mit der Überzeugung, dass im deutschen Filialgeschäft das größte Wertsteigerungspotenzial der Deutschen Bank liegt. Hier können und müssen wir unserer Kundschaft noch einen viel größeren Teil unseres Leistungsspektrums anbieten und hier zwingen uns neue Technologien zu den größten Anpassungen. Wie wir den im digitalen Zeitalter veränderten Informations- und Leistungswünschen unserer Kunden durch stärker individualisierte, aber gleichzeitig effizienter bereitgestellte Produkte befriedigen, sehe ich als spannende Aufgabe.
Was genau wollen Sie ändern?
Ich möchte dafür sorgen, dass unsere Kunden ihr Geld ertragreicher anlegen, indem sie ihr Anlageverhalten und ihr Risikoempfinden überdenken. Es schmerzt mich zu sehen, dass die Deutschen 40 Prozent ihres Geldvermögens in Bargeld und Einlagen halten und nur 13 Prozent in Aktien-nahen Anlagen. Und es schmerzt mich, dass jede DAX-Rallye an den meisten von ihnen vorbeigeht. Gerade in Zeiten des Niedrigstzinses gilt es, dem Deutschen seine Angst vor der Teilhabe an Unternehmertum und den damit verbundenen Risiken zu nehmen - das eigentliche Risiko liegt im Wertverzehr seines Baren. Helfen wird mir dabei ein weiteres Ziel meines Wechsels: einen größeren Teil der in unserem Hause versammelten Kapitalmarktexpertise auch unseren Filialkunden zugänglich zu machen.
Genau wie Ihr Nachfolger Stefan Kreuzkamp kamen auch Sie aus dem Rentengeschäft. Wie haben Sie damals gelernt, dann auch die Aktie zu lieben?
Das fiel mir nicht schwer. Schließlich bin ich 1998 zur DWS mit dem Wunsch gekommen, Aktienfondsmanager zu werden. Doch Vakanzen gab es nur im Rentenbereich, und so fing ich dort an. Die Verantwortung nach rund einem Dutzend Jahren dann auch für andere Vermögensklassen übernehmen zu können, wurde mir durch die große vorhandene Expertise innerhalb der Plattform wesentlich erleichtert.
Was wollen Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?
Zunächst gebe ich ihm ein gut bestelltes Haus, eine kompakte, effiziente Investmentplattform, an deren Aufbau er ja mitgewirkt hat, mit auf den Weg. Ansonsten möchte ich ihn ermutigen, weiterhin stark auf Experten in jeder Vermögensklasse zu setzen. Sonst läuft man Gefahr, Trends nur hinterher zu laufen, anstatt sie zu antizipieren. Selbst in dem zuletzt stark durch Notenbanken geprägten Umfeld haben sich Stock- und Bondpicker bewährt. Sie werden noch wichtiger, wenn der Einfluss der Notenbanken wieder nachlässt. Damit diese Experten auch jenen Mehrwert - also Alpha - liefern können, den wir von ihnen erwarten, muss man ihnen den nötigen Freiraum geben. Ein Gleichgewicht zwischen fachlicher und sozialer Kompetenz im Führungsteam ist dafür die beste Voraussetzung.
Kapitalmärkte gelten gemeinhin als effizient. Wozu also braucht man Fondsmanager?
Dank Internet hat heute jeder fast alle Daten beinah in Echtzeit zur Verfügung, Schlagzeilen bewegen ganze Märkte im Nu. Doch mit der richtigen Interpretation der Daten lässt sich der Markt immer noch schlagen, die Masse läuft auch mal in die falsche Richtung. Zudem bieten gerade intransparente oder illiquide Märkte professionellen Investoren die Möglichkeit, Überrenditen zu erzielen. Ebenso wie die intelligente Verzahnung von strategischem und taktischem Handeln.
Welchen Mehrwert kann ein Normalverdiener von der Vermögensberatung seiner Bank erwarten?
Zunächst geht es darum, zusammen mit dem Kunden zu definieren, was seine Zielfunktionen und Restriktionen beim Vermögensaufbau sind. Anschließend formulieren wir eine darauf zugeschnittene Kapitalallokation. Wurden diese zwei Schritte sorgfältig vollzogen, ist das bereits mehr als die halbe Miete. Die Wahl der richtigen Finanzinstrumente und die taktische Aufstellung sind dann die Kür.
Wie können die Interessen des Beraters und des Kunden besser aufeinander abgestimmt werden?
Eine langfristige Beziehung auch im Filialgeschäft ist von beiderseitigem Vorteil. Die glückt uns nur, wenn wir im Interesse des Kunden agieren. Darüber hinaus wollen wir nicht nur unsere Beratungskompetenz, sondern auch die Kapitalmarktkompetenz des Kunden steigern, damit er seine Scheu davor verliert, in Vermögensklassen mit langfristig höheren Renditechancen zu investieren.
Ein 30-Jähriger und ein 60-Jähriger kommen mit 50.000 Euro zu Ihnen. Was raten Sie denen?
Dem 30-Jährigen rate ich wegen des langfristigen Renditepotenzials zu einer gehörigen Portion Risikoanlagen - also einem Mix aus Aktien- und Unternehmensanleihefonds, abgerundet durch alternative Anlagen . Zum Vermögensaufbau empfehle ich gerne Aktiensparpläne. Beim 60-Jährigen stehen der Kapitalerhalt und regelmäßige Auszahlungen im Vordergrund, was für eine Erhöhung des Anleiheanteils spricht. Beiden rate ich zur Risikoabsicherung und zur Nutzung kurzfristiger Chancen, einen zweistelligen Prozentsatz Bares und Gold zu halten.
Sonst noch was?
ch möchte jedem empfehlen, sich genügend Zeit für Vermögensfragen zu nehmen. Man sollte die glückstiftende Wirkung des Geldes zwar nicht überschätzen, aber das Alter lässt sich mit guter finanzieller Vorsorge deutlich entspannter angehen.
Asoka Wöhrmann und Stefan Kreuzkamp
Mit 160 Milliarden Euro betreutem Kundenvermögen ist DWS Investments im Publikumsfondsgeschäft Marktführer in Deutschland*. 1956 gegründet, ist DWS Investments heute integraler Bestandteil der Deutschen Asset & Wealth Management, die weltweit fast eine Billion Euro** treuhänderisch für ihre Kunden verwaltet und eine der vier strategischen Säulen der Deutschen Bank ist.
Als aktiver Vermögensverwalter ermöglicht die DWS Kunden den Zugang zu einer umfassenden Palette an Anlageprodukten. Mehr als 500 Research- und Investment-Experten weltweit identifizieren Markttrends und setzen diese zum Nutzen unserer Anleger um. Führende Positionen in Rankings unabhängiger Ratingagenturen und Auszeichnungen belegen unseren Erfolg, die überdurchschnittliche Performance der DWS-Produkte und den herausragenden Service.
*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte
**Stand: 30. Juni 2013