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Politische Börsen

22.08.16 09:38 Uhr

Politische Börsen | finanzen.net

Aktien sind natürlich nicht alternativlos. Aber immerhin eine gute Alternative in politisch unruhigen Zeiten. Kurspotenziale ergeben sich dabei unterhalb der Indexebene.

Politische Risiken spielen in Anlageentscheidungen derzeit eine tragende Rolle. Am Beispiel des Brexit -Votums ließ sich erkennen, dass Aktien regelmäßig weniger stark von politischen Umbrüchen beeinträchtigt werden als andere Vermögensklassen. Die Kursreaktionen bei Devisen und Anleihen waren deutlich nachhaltiger als bei den Aktienindizes, die sich schnell wieder erholten. Doch das Votum wird Europa wohl über Jahre prägen. Noch ist nicht abzusehen, ob es die Flieh- oder die Kohäsionskräfte der Europäischen Union (EU) stärken wird. Zwar sagt man politischen Börsen kurze Beine nach, doch letztlich basieren die zyklusprägenden Investitionsentscheidungen auch auf Stimmungen.

Vorerst erwarten wir jedoch zyklische Verbesserungen, welche sich in steigenden US-Gewinnen niederschlagen sollten. Auch in Europa und Japan sieht die unternehmerische Lage meist besser als die politische aus.

Auf Indexebene sehen wir für viele Börsen jedoch auf Jahressicht wenig Potenzial. Auch der Blick in die Vergangenheit ernüchtert. Keine der großen Börsen hat, in US-Dollar gerechnet, ihre 2000er oder 2007er Hochs wieder erreicht. Mit einer Ausnahme, den USA. Der MSCI AC World ex U.S. Index hingegen handelt rund ein Viertel unter seinem 2007er Hoch. Sicher sprechen flexible Strukturen, hohe Eigenkapitalrenditen sowie erfolgreiche Technologiefirmen für die Staaten. Zusätzlich könnten US-Aktien vom Status als weniger riskante Anlagedestination profitieren. Das ist dieser Tage sicher ein wichtiger Faktor, spiegeln sich die Anlegersorgen doch im Kassenbestand institutioneller Investoren wider - er ist so hoch wie seit 2001 nicht mehr. Doch es überrascht, wer im US-Markt wirklich den Ton angibt.

Wer kauft US-Aktien?

Dank Europäischer Zentralbank (EZB) kaufen US-Firmen noch mehr eigene Aktien. Was zunächst komisch klingt, ist näher an der Realität, als man glaubt. Die Niedrigzinspolitik der EZB strahlt ohnehin bereits auf das Zinsniveau der USA aus. Mit ihrem erweiterten Anleihekaufprogramm können US-Firmen jetzt noch direkter in den Genuss günstiger Refinanzierungskosten kommen: Sollte sich die EZB nämlich entscheiden, Euro-Anleihen von einer in der Eurozone registrierten Tochter einer US-Firma zu kaufen. Wie gern solcherart subventionierte Fremdfinanzierung in Anspruch genommen wird, zeigt die Tatsache, dass die Emissionstätigkeit jener Firmen, deren Anleihen in das Kaufschema der EZB passen, überdurchschnittlich hoch ist. Die Mittelaufnahme richtet sich also nicht nach dem Bedarf, sondern nach Verfügbarkeit und Preis. Und was machen die Firmen dann mit all dem Geld? In den USA kauft man davon bevorzugt eigene und fremde Firmenanteile.

Zwischen 2013 und 2015 haben S&P 500 Index-Mitglieder für Dividenden und Aktienrückkäufe 21 Prozent und für bar gezahlte Akquisitionen gar 156 Prozent mehr Mittel aufgewendet. In Sachanlagen wurden lediglich zwei Prozent mehr investiert. Es fehlt also der Mut, in eigene Projekte zu investieren, dafür nimmt man Abkürzungen, um Firmenwachstum oder den Gewinn pro Aktie voranzutreiben. Der Niedrigzins macht’s möglich. So blieb die Zinsbelastung über die vergangenen vier Jahre nahezu konstant, trotz deutlichen Anstiegs der Nettoschulden. Bei den Bruttoschulden, gemessen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) , knüpfen die nicht-finanziellen US-Firmen sogar wieder an ihre Rekordstände an. Grund zur Panik? Bruttoinlandsprodukt (BIP) , knüpfen die nicht-finanziellen US-Firmen sogar wieder an ihre Rekordstände an. Grund zur Panik?

Unmittelbar gefährlich für stark verschuldete Unternehmen wären steigende Zinsen oder sinkende Gewinne. Für ersteres sehen wir vorerst wenig Spielraum. Bei den Gewinnen erwarten wir 2016 und 2017 wieder Wachstum. Damit bleiben US-Unternehmensschulden ein Faktor, der sich mittelfristig, aber nicht unmittelbar, zu einem Risiko entwickeln könnte.

"Für frische Impulse am Aktienmarkt können vor allem nachlassende politische Sorgen und positive Gewinnüberraschungen im zweiten Halbjahr sorgen." (Henning Gebhardt, Global Head of Equities)

Die wichtigste Kraft an den US-Börsen: die Firmen

Es ist schon erstaunlich, mit welchem Abstand die Unternehmen selbst die wichtigsten Käufer von Aktien in den USA sind. Selbstüberzeugung und Alternativlosigkeit?

Bewertungen im Überblick

Aktien USA

Wir erwarten 2017 moderates Gewinnwachstum. Kurzfristig könnte eine Gewinnbeschleunigung in der zweiten Jahreshälfte, solide Wirtschaftszahlen und weitere politische Unsicherheit in Europa dazu führen, dass unser Kursziel für den S&P 500 Index dank seines Rufs als risikoärmere Anlageregion übertroffen wird. Defensive Titel könnten weiter überdurchschnittlich profitieren.

Aktien Europa

Kurzfristig lasten unter anderem Sorgen um den Brexit und den Bankensektor auf europäischen Aktien. Dadurch könnte sich der Bewertungsabschlag gegenüber dem US-Markt weiter auf hohem Niveau halten. Wir haben unsere Gewinnschätzungen gekürzt, um das geringere Wirtschaftswachstum und die Belastung des Niedrigzinsumfelds auf Finanztitel zu reflektieren.

Aktien Japan

Das wirtschaftliche Umfeld und der starke Yen belasten japanische Aktien. Viele Unternehmen glänzen jedoch durch starke Bilanzen und Gewinne. Ebenso sehen wir deutliche Fortschritte bei der Corporate Governance . Zusammen mit der günstigen Bewertung spricht das für Japans Aktien, unter denen wir jetzt auch die exportorientierten Titel positiver sehen.

Aktien Schwellenländer

Schwellenländer profitieren von der verschobenen Zinserhöhung der US-Notenbank, den stabileren Rohstoffpreisen sowie der geringen Belastung durch das Brexit-Votum. Die Gewinne sollten sich 2017 wieder erholen, für das laufende Jahr könnten die Konsensschätzungen jedoch noch zu hoch sein. Weiter positiv könnten Lateinamerikas Unternehmen überraschen.

Prognosen in Zeiten volatiler Märkte

Unsere Indexprognosen deuten auf wenig Kurspotenzial. Das heißt aber nicht, dass mit Aktien strategisch nichts anzufangen wäre.

Eigentümlicherweise finden unsere CIO Days meist inmitten starker Marktschwankungen statt. Das führt dazu, dass sich die Kurspotenziale zwischen der Festlegung der Kursziele und ihrer Veröffentlichung beträchtlich verändern können. Am CIO Day sahen wir in vielen Märkten noch etwas Kurspotenzial. Doch die Erholungsrally ließ fast alle Indizes schnell überbewertet aussehen.

In dem Zusammenhang einige Worte zu unseren Prognosen: Eine Punktvorhersage auf Zwölfmonatssicht abzugeben ist nur eine Behelfslösung. Die Märkte werden unsere Zielstände mehrfach über- und unterschießen. Ein unmittelbarer Handlungsbedarf ergibt sich daraus noch nicht. Übertreibungen sind Bestandteil von Kapitalmärkten; Momentum ist eine nicht zu unterschätzende Kraft. Die für uns wichtigeren Bewegungen finden ohnehin unterhalb der Indexebene statt - bei Sektoren und Einzeltiteln. Die Kursziele dienen uns jedoch dazu, unsere Einschätzungen zu hinterfragen.

Gegenwärtig sehen wir nur wenig Aufwärtspotenzial. Wir würden weitere Stärken zum Positionsabbau nutzen. Es sei denn, unsere Gewinnprognosen, die unterhalb des Marktkonsens liegen, erweisen sich als zu konservativ.

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*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte

**Stand: 30. Juni 2013

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