Agrarfonds: Wetter und Weizen
Die Flut zerstört auch die Weizenernte in Pakistan. Das dürfte den Preis weiter steigen lassen – und die Kurse von Agrarfonds
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von Andreas Höß, Euro am Sonntag
Abdul Razzaq ist verzweifelt. Der Fluss, der seine Felder in der Provinz Shikarpur bisher fruchtbar gemacht hat, ist in diesem Sommer über die Ufer getreten und hat seine gesamte Weizenernte zerstört. Wie Razzaq geht es vielen Bauern in Pakistan, einem der größten Weizenanbauländer Asiens. Rund 500.000 Tonnen des wertvollen Getreides wurden allein dort durch die Überschwemmungen vernichtet, schätzt Ole S. Hansen, Rohstoffexperte der Saxo Bank. Daneben gingen in Russland Teile der Weizenernte in Flammen auf, weshalb Moskau den Export stoppte.
Das bleibt an globalen Märkten nicht ohne Auswirkungen. So stieg der Weizenpreis an der Börse Chicago seit Anfang Juli von 0,50 auf 0,70 Cent pro Scheffel. Das Engagement der Hedgefonds im Markt zeige, dass die Preise weiter nach oben gehen werden, so Hansen.
Und die Weizenrally könnte länger anhalten, als viele erwarten, glaubt Heribert Müller, Gründer der Heribert Müller AG in Krefeld. Denn aus technischer Sicht befinde sich Weizen seit 1932 in einem Bullenmarkt, der erst im Januar 2015 enden werde. Behält Müller wie 2007 recht, als er die Zwischenkorrektur am Weizenmarkt ebenfalls mit der Elliot-Wellen-Theorie vorhergesagt hatte, könnte Weizen auf ein „bisher unvorstellbares Preisniveau“ steigen – eine gute Gelegenheit für Anleger, über Fonds in den Markt für Agrarrohstoffe zu investieren.
Allerdings sind Investments in Agrarrohstoffe mit hohen Risiken behaftet. Günstige Witterungsbedingungen können in den kommenden Jahren schnell zu einer Weizenschwemme führen, starke Preiskorrekturen wären die Folge. Ohnehin teilen viele Experten Müllers Einschätzung absolut nicht. Ihrer Ansicht nach ist der weltweite Weizenbedarf trotz der Ernteausfälle gut gedeckt. So sehen die Analysten von JP Morgan die Weizenpreisrally als „übertrieben“ an.
Dennoch: Der gestiegene Weizenpreis dürfte auch die Notierungen anderer Getreidesorten treiben. Denn stellen die Bauern auf den gewinnbringenden Weizenanbau um, wird es bei Mais zu Engpässen und Preiserhöhungen kommen. „In den kommenden Monaten könnte Mais sogar stärker steigen als Weizen“, so Hansen. Bei Mais ist die Nachfrage ohnehin hoch, da er zu Biokraftstoffen verarbeitet werden kann.
Anleger, die sich für Agrarrohstoffe interessieren, sollten möglichst breit in den Markt investieren. Dazu bieten sich Agrarfonds an, die über Saatgut- und Düngemittelhersteller, Landmaschinenbauer und Futures auf Getreide die komplette Investmentpalette abdecken. Via ETFs, die Indizes für Agrarrohstoffe nachbilden, können sich risikofreudigere Anleger indirekt im Markt engagieren, ohne dabei ausschließlich auf eine Getreidesorte zu setzen.
Denn eines ist sicher: Die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren wird immer schwieriger. Dazu müssen die Lager der Landwirte am Ende der Erntesaison gut gefüllt sein. Wo es aber Engpässe gibt und die Preise steigen, hängt vom Wetter ab – und das schlägt immer wieder Kapriolen. Davon kann nicht nur Abdul Razzaq leidvoll berichten.
Ausgewählte Agrarfonds und -ETFs
DWS Invest Global Agriculture (ISIN LU 027 315 887 2), Wertentwicklung seit 1.1.2010: 9,06 %
Julius Baer EF Agriculture (ISIN LU 036 363 819 7), Wertentwicklung seit 1.1.2010: 11,88 %
Market Access RICI Agriculture, (ISIN LU 025 932 145 2), Wertentwicklung seit 1.1.2010: 15,86 %