Die Zeit wird knapp für Griechenland - griechische Tragödie, dritter Akt
Griechenlands Krise steuert nunmehr auf den Punkt zu, an dem der Regierung das Geld ausgeht. Kann also keine Einigung erzielt werden, wonach die restlichen 7 Mrd. Euro aus dem aktuellen Hilfsprogramm ausgezahlt werden, wird Griechenland seine Tilgungsrate an den IWF wohl nicht leisten können.
Wie konnte es so weit kommen?
Griechische Tragödie, dritter Akt
Wir waren stets der Meinung, ein Griechenland-Bankrott sei vermeidbar. Das Krisenmanagement der Eurozone verlief in drei klar abgegrenzten Phasen. Während der ersten Phase ging es nahezu ausschließlich um den konsequenten Abbau der Haushaltsdefizite. Das erwies sich als extrem kontraproduktiv und verschlimmerte Defizite und öffentliche Schuldenquoten wohl noch. In der zweiten Phase verlagerte sich der Fokus auf die strukturellen Defizite. Das heißt: Konnte ein Land wegen konjunktureller Schwankungen seine Haushaltsziele nicht erreichen, so wurden keine zusätzlichen Maßnahmen verlangt. Ferner begann man in der EWU, "Brandschneisen" in Form des OMT-Mechanismus einzurichten und auf eine Bankenunion hinzuarbeiten, um eine Ausbreitung der Krise zu verhindern. In der dritten Phase wurde die Sparpolitik zum Gradmesser für die Bereitschaft eines Landes, Strukturreformen durchzuführen.
Glauben Sie, dass Griechenland einlenken wird?
Jetzt geht‘s hart auf hart
Wahrscheinlich hätte die griechische Regierung zusätzliche Sparmaßnahmen vermeiden können, hätte sie mehr Reformbereitschaft gezeigt. Leider hat sie diese Gelegenheit nicht wahrgenommen. Die entscheidende Frage ist, ob sich bei der griechischen Regierung jetzt ein Sinneswandel einstellen wird, kurz bevor der Saldo des griechischen Staatshaushalts auf null sinkt und der Regierung keine unkonventionellen Maßnahmen zur Mittelbeschaffung mehr bleiben. Es ist bereits klar, dass alle Rückzahlungen an den IWF bis zum Monatsende verschoben werden. Kann bis Ende Juni keine Einigung erzielt werden, ist eine Pleite nahezu zwangsläufig. Unser Basisszenario stellt jedoch darauf ab, dass das Land dem Druck nachgeben und sich zu Strukturreformen verpflichten wird.
Alles oder Nichts
Die "Brussels Group" (vormals Troika) hat Griechenland ein letztes Angebot gemacht, das letztlich auf ein Alles oder Nichts hinausläuft. Damit sind geringfügige Anpassungen aber nicht ausgeschlossen. Der Vorteil dabei ist, dass europäische und IWF-Kreditgeber hier eine geschlossene Front präsentieren können. Im Ergebnis wäre Griechenland der Illusion beraubt, die Brussels Group werde in letzter Minute zu Zugeständnissen bereit sein. Dies könnte das Land zu Entscheidungen zwingen, statt weiter auf eine Verzögerungstaktik zu setzen.Vor allem aber würde ein solches Angebot der EZB den notwendigen politischen Rückhalt bieten, um die Emergency Liquidity Assistance ("ELA") zu begrenzen, falls Griechenland das Angebot ausschlägt. Aktuell scheint Griechenland diesen Deal abzulehnen. Sofern diese Pattsituation anhält, ist in Bälde mit Kapitalverkehrskontrollen zu rechnen, denn der EZB wird kaum eine andere Wahl bleiben, als die Finanzierung griechischer Banken einzuschränken. Und schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass die Strategie der Brussels Group ultimativ darauf abzielt, den politischen Willen auf griechischer Seite zu brechen. Das wird die politische Unsicherheit in Griechenland zweifelsohne noch verstärken, im Gegenzug aber die künftigen politischen Unwägbarkeiten in der übrigen EWU mindern.
Was passiert, falls Griechenland und seine Gläubiger sich doch noch einigen?
Bei Einigung
Kann eine Einigung in Form eines sogenannten Staff Level Agreement (SLA) erzielt werden, wäre die EZB bereit, Überbrückungskredite zur Verfügung zu stellen, da eine solche Vereinbarung von den Parlamenten Griechenlands und anderer Länder abzusegnen wäre. Zu den möglichen EZB-Maßnahmen zählen auch eine weitere Ausweitung der ELA, gelockerte Anforderungen an Sicherheiten sowie die Ausweitung der Finanzierung über Staatsanleihen.Und was, wenn nicht?
Ohne Einigung
Kann keine Einigung erzielt werden, würde die EZB wahrscheinlich den ELA-Hahn zudrehen. Im Ergebnis käme es dann auch sehr bald zu Kapitalverkehrskontrollen. Wie gesagt, handelt es sich dabei noch nicht um einen Grexit, bringt ihn aber ein Stück näher.Wie sieht die EZB die gegenwärtige Situation?
Draghi will eine belastungsfähige Vereinbarung Bei seiner Pressekonferenz am 3. Juni schwieg der EZB-Präsident zu Griechenland, was sicherlich klug ist, denn die EZB ist schließlich einer der wichtigsten Akteure in diesem "Spiel". So muss die Zentralbank entscheiden, unter welchen Umständen sie dem griechischen Bankensystem den Hahn abdrehen würde. Ferner hat die EZB als Bankenaufsichtsbehörde die Macht, den griechischen Banken den Aufkauf kurzlaufender griechischer Staatsanleihen ("T Bills") zu gestatten - oder eben nicht. Klar ist, dass die EZB Griechenland nur dann weiter mit Notkrediten versorgen wird, wenn es eine belastungsfähige Einigung gibt (soll heißen: wenn Griechenland sich vorbehaltlos zu Reformen verpflichtet). Eine weitere zwingende - aber nicht ausreichende - Bedingung für eine Erhöhung des von griechischen Banken aufgekauften T-Bill-Volumens wäre, dass die restlichen Mittel aus dem zweiten Programm an Griechenland ausgezahlt werden.
Falls Griechenland Pleite geht und sogar aus der Eurozone ausscheidet - wie groß ist die Ansteckungsgefahr für andere Peripherieländer?
Was die Ansteckungsgefahr betrifft, sind wir nach wie vor der Meinung, dass der politische Zusammenhalt im Rest der Region so groß ist, dass die Kernländer überaus gewillt wären, die übrigen Peripherieländer zu schützen. Zu diesem Zweck könnte die QE so angepasst werden, dass mehr Anleihen von der Peripherie gekauft werden und die Bankenunion energischer vorangetrieben wird. Dabei wird es vor allem auf das Geschick der Politiker ankommen, die entsprechende Überzeugungsarbeit zu leisten, um die Märkte zu beruhigen. Zwar wird zunehmende Volatilität wohl nicht zu vermeiden sein, falls das griechische Drama zur Tragödie eskaliert, doch dürfte die Volatilität kaum das Niveau der Jahre 2010 bis 2012 erreichen.
Wie will NNIP seine Portfolios vor den mit der Griechenlandkrise verbundenen Risiken schützen?
Von Griechenland geht derzeit ein deutliches Abwärtsrisiko aus. Doch auch bei einem Zahlungsausfall Griechenlands machen uns die Langfristperspektiven keine allzu großen Sorgen, denn die politischen Instrumente sowie der politische Wille in der EWU, die Dominoeffekte zu begrenzen, sind jetzt sehr viel ausgeprägter als noch vor ein paar Jahren. Andererseits haben sich die Märkte in letzter Zeit im Hinblick auf die kurzfristigen Risiken ein wenig zu unbeschwert gegeben. Unserer Ansicht nach rechtfertigen die kurzfristigen Risiken infolge der griechischen Situation eine gewisse Mäßigung bei unserer Exponierung, doch keine Änderung bei unserer Risikoneigung insgesamt.
Ende Mai haben wir unsere Aktienposition von einer mittleren auf eine geringe Übergewichtung sowie unsere Staatsanleihenposition von einer mittleren auf eine geringe Untergewichtung reduziert. Letzte Woche haben wir dann unsere Immobilienposition von einer leichten Übergewichtung auf neutral zurückgefahren.
Bei Staatsanleihen von der EWU-Peripherie halten wir weiter eine geringe Übergewichtung. Hier dürfte es infolge der EZB-Käufe zu einer weiteren Spread-Verengung kommen. Insoweit haben sich die Auswirkungen der Griechenlandkrise bislang in Grenzen gehalten; die positiven Effekte der EZB-Käufe dominieren und die übrigen "Brandschneisen" halten den Contagion-Effekt in Schach. Hinzukommen günstige Makrodaten an der Peripherie.
Dieses Dokument dient nur zur Pressenutzung. Der Inhalt dieses Dokuments wurde mit gebührender Sorgfalt zusammengestellt. Eine Garantie, ob ausdrücklich oder stillschweigend, für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. Die hierin enthaltenen Informationen können sich ohne vorherige Ankündigung ändern. Weder NN Investment Partners Holdings N.V. noch ein anderes Mitglied der NN Group bzw. seine Vorstandsmitglieder, leitenden Angestellten oder Mitarbeiter haften in gleich welcher Weise für die hierin enthaltenen Informationen oder Empfehlungen. Wir übernehmen keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Verluste, die durch Nutzung dieses Dokuments entstehen bzw. dadurch, dass Entscheidungen auf die hierin enthaltenen Informationen gestützt werden. Investitionen sind mit Risiken verbunden. Der Wert einer Anlage kann steigen oder fallen; die Wertentwicklung der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung. Dieses Dokument und die hierin enthaltenen Angaben dürfen ohne unsere schriftliche Einwilligung weder vervielfältigt, reproduziert noch an andere Personen weitergegeben werden.
Deutschland: NNIP Asset Management B.V. Niederlassung Deutschland, Westhafenplatz 1, 60327 Frankfurt am Main, www.nnip.com. Kontakt: funds.germany@nnip.com, Tel. + 49 69 50 95 49-20
Schweiz: NN Investment Partners (Switzerland) Ltd., Schneckenmannstrasse 25, 8044 Zürich, Switzerland, www.nnip.com, Kontakt: switzerland@nnip.com, Tel. +41 58 252 55 50
Österreich: NN Investment Partners - Vienna Branch, Ungargasse 64-66/3/305, A-1030 Wien, Kontakt: info@nnip.com, Tel. +39 02 89 629 22 22
Über NN Investment Partners*
NN Investment Partners (NNIP)* ist der Asset Manager der NN Group N.V., einer an der Börse gehandelten Aktiengesellschaft. NNIP hat seinen Hauptsitz in Den Haag, in den Niederlanden und verwaltet weltweit ca. Euro 203 Milliarden** (USD 218 Mrd.**) Assets under Management für institutionelle Kunden und Privatanleger. NNIP beschäftigt mehr als 1.100 Mitarbeiter und ist in 16 Ländern in Europa, im Nahen Osten, Asien und den USA vertreten.
Am 7. April 2015 hat ING Investment Management zu NN Investment Partners umfirmiert. NNIP ist Teil der NN Group N.V., einer an der Börse gehandelten Aktiengesellschaft. 42,4% der NN Group sind derzeit im Besitz der ING Group. ING beabsichtigt die restlichen Anteile an der NN-Gruppe, unter Einbeziehung des von ING mit der Europäischen Kommission abgestimmten Zeitrahmens, vor dem 31.Dezember 2016 zu veräußern.
*NNIP/NN Investment Partners ist der Markenname von ING Asset Management B.V. (ab 7. April NNIP Asset Management B.V.) Frankfurt Branch.
**Stand: Q1 2015, 31. März 2015
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.