Der Herr der Riester-Milliarden
Andre Köttner managt den UniGlobal, einen der größten weltweit anlegenden Aktienfonds. Wie er das Geld zahlloser Riester-Sparer anlegt.
Werte in diesem Artikel
von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Lässig lehnt sich der Fondsmanager Andre Köttner an die Absperrung auf dem Dach des Union-Investment-Hochhauses in Frankfurt. Der Hauptsitz der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken zählt zwar nicht zu den allerhöchsten Gebäuden der Stadt. Gleichwohl ist der Ausblick auf die Skyline der Main-Metropole beeindruckend. So entspannt sich Köttner beim Fototermin gibt, so konzentriert und nüchtern ist er im Gespräch und bei der Arbeit. Der 38-Jährige lenkt die Geschicke des UniGlobal, des 5,5 Milliarden Euro schweren Flaggschifffonds von Union Investment.
Das Vehikel zählt zu den größten weltweit anlegenden Aktienfonds, die €uro am Sonntag in den kommenden Wochen in einer Serie vorstellen wird. Dabei werden mit dem UniGlobal und dem DWS Vermögensbildungsfonds zwei deutsche Produkte unter die Lupe genommen. Zudem werden mit dem Templeton Growth Fund, dem Carmignac Investissement, dem Fidelity European Growth und dem M & G Global Basics vier ausländische Fonds porträtiert.
Dass der UniGlobal auch in Zukunft zu den Schwergewichten gehören wird, dafür sorgt eine Besonderheit: Der Fonds erhält Monat für Monat – abhängig von der Verfassung des Aktienmarkts – einen Teil des Geldes, das Anleger in das Riester-Produkt von Union Investment einzahlen. Auf diese Weise fließt jährlich rund eine Milliarde Euro in den Fonds. Bereits heute setzt sich die Gesellschaft mit dem Gedanken auseinander, dass das Vehikel in absehbarer Zukunft der größte Aktienfonds für deutsche Anleger sein könnte. „Wir bereiten uns auf ein Vermögen von zehn Milliarden Euro vor“, sagt Köttner. Um dieses Volumen bewältigen zu können, plant er, die Zahl der Titel in den kommenden Jahren sukzessive zu erhöhen.
Schon jetzt verfolgt der Manager eine Strategie, die auf eine außergewöhnlich breite Streuung setzt. 150 bis 200 Titel befinden sich durchschnittlich im Portfolio. So will er den Anlegern einen Mix aus Standardwerten und mittelgroßen Unternehmen über verschiedene Branchen und Länder hinweg bieten. „Mit einem einzigen Investment können Sie auf diese Weise die ganze Welt im Aktienbereich abdecken“, sagt er.
Das Portfolio präsentiert sich in einer guten Verfassung. Verglichen mit anderen internationalen Aktienfonds, nimmt es vor allem über längere Zeiträume einen vorderen Platz ein. Über drei Jahre erzielte der Fonds einen Mehrertrag von sieben Prozentpunkten gegenüber dem MSCI World, über fünf Jahre liegt der UniGlobal 13 Prozentpunkte vor dem Weltaktienindex. Auch während der Finanzkrise von Januar 2008 bis Ende März 2009 schnitt der Fonds um 3,5 Prozentpunkte besser ab als sein Vergleichsmaßstab. Köttner verfolgt im UniGlobal eine Bottom-up-Strategie, konzentriert sich also auf die Analyse von Unternehmensdaten. Volkswirtschaftliche Zahlen spielen eine untergeordnete Rolle: Sie werden lediglich im Rahmen der Begutachtung der Konzerne und ihrer Wachstumsaussichten untersucht.
Die Gesamtheit aller weltweit verfügbaren Aktien wird zunächst auf durchschnittlich 1300 Unternehmen heruntergebrochen: Nur Aktien, die sich auch in großen Stückzahlen gut handeln lassen, kommen für den Fonds in Betracht. Mithilfe quantitativer Kennzahlen, die eine Aussagekraft bezüglich der Wertentwicklung einer Aktie haben, wird diese Zahl weiter verringert. Letzten Endes bleiben 600 bis 700 Werte übrig, die fundamental analysiert werden. Welche dieser Unternehmen ins Portfolio aufgenommen werden, entscheidet Köttner anhand eines fünfstufigen Auswahlprozesses. „Im ersten und wichtigsten Schritt prüfen wir, ob das Geschäftsmodell nachhaltig Erträge generieren wird“, sagt er. Dazu wird insbesondere das Wettbewerbsumfeld analysiert.
Im zweiten Schritt nimmt Köttner das Management des jeweiligen Unternehmens unter die Lupe. „Wir versuchen herauszufinden, ob es sich auf seine Kernkompetenz, die Leitung des Unternehmens, konzentriert“, sagt er. Köttner schätzt es zudem, wenn die Konzernlenker konservativ planen – eine Tatsache, die auch im vierten Schritt des Investmentprozesses, dem Blick auf die Bilanzen, eine Rolle spielt. Zuvor aber werden im dritten Schritt die Wachstumsaussichten begutachtet. „Das Unternehmen muss aus eigener Kraft wachsen“, sagt Köttner. „Von Konzernen, die nur über Zukäufe zulegen können, lassen wir die Finger.“ Denn beim Zusammenschluss zweier Unternehmen komme es meist zu unerwünschten Reibungen.
Erfüllt das betrachtete Unternehmen bis hierher alle Kriterien, wird die Bilanz überprüft. Andre Köttner bevorzugt zurückhaltende Berechnungen: „Wenn ein Unternehmen die Wahl zwischen einer aggressiven und einer konservativen Bilanzierung hat, schätze ich es, wenn es sich für die zweite Variante entscheidet“, sagt er. Bei dem fünften Schritt des Investmentprozesses, dem Bewertungs-Check, legt er keine allzu strengen Maßstäbe an. So lange die ersten vier Kriterien erfüllt sind, reicht ihm eine moderate Bewertung, um die Aktie zu kaufen.
Eine besondere Absicherung gegen Kursrückgänge ist im Fonds nicht implementiert. „Sofern alle Kriterien fortlaufend erfüllt sind, halte ich einem Unternehmen auch dann die Treue, wenn der Aktienkurs fällt“, sagt Köttner. Zudem wird die Investitionsquote nicht dem Marktumfeld angepasst. „Ein Markttiming mithilfe der Liquiditätsquote findet nicht statt“, betont er. Der Fonds ist daher in allen Marktphasen mindestens zu 95 Prozent in Aktien engagiert. Den Großteil des Fondsvermögens hat Köttner in Aktien aus den Industrienationen angelegt. Titel aus Schwellenländern spielen mit einem Gesamtgewicht von acht Prozent nur eine untergeordnete Rolle.
Bei den Branchen stellen Finanzwerte den größten Anteil. Sie machen im UniGlobal mit 17,1 Prozent aber weniger aus als im MSCI World. Die Sektoren Technologie, Basiskonsumgüter und Gesundheitswesen haben einen Anteil von jeweils 11,5 bis 13,6 Prozent. Diese hat Köttner gegenüber dem Vergleichsindex übergewichtet. Dass der Manager sowohl eine zyklische und eher aggressive Branche (Technologie) als auch zwei defensive Sektoren (Basiskonsum und Gesundheitswesen) übergewichtet hat, ist Ausdruck einer besonderen Balance, die er im UniGlobal grundsätzlich anstrebt. Doch gerade in der momentan schwierigen Marktlage will Köttner von dieser ambivalen-ten Ausrichtung profitieren. „Auf der einen Seite gibt es einige Problemfelder wie die teils hohen Staatsschulden oder die niedrigen Zinsen, die Investitionsblasen anheizen können“, sagt er. „Auf der anderen Seite ist vieles zur Normalität zurückgekehrt, die Unternehmen investieren, der Konsument kauft wieder.“In diesem Spannungsfeld erwartet der Fondsmanager auch weiterhin seitwärts laufende Kurse mit starken Schwankungen. Mit seiner teils defensiven, teils zyklischen Ausrichtung hofft er, „für jede Phase etwas dabei zu haben, das die Wertentwicklung trägt“.
Vitae:
Andre Köttner - Fondsmanager UniGlobal
Der studierte Mathematiker und Physiker kam 1998 zu Union Investment. Sein privates Interesse für die Börse hatte ihn in die Investmentbranche geführt. Er war im Aktienfondsmanagement der Union der erste „Exot“ ohne wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund. Seit 2007 lenkt der 38-Jährige die Geschicke des UniGlobal.
UniGlobal - Weltweit breit gestreut
Der UniGlobal misst seinen Erfolg gegenüber dem Weltaktienindex MSCI World. In den vergangenen fünf Jahren konnte der Fonds einen Mehrertrag generieren und den Index um 13 Prozentpunkte übertrumpfen. Die Verluste aus der Finanzkrise sind zwar noch nicht vollständig aufgeholt, doch der Fonds ist auf einem guten Weg.