Spanien: Antreten beim König
Noch immer hat das Land keine neue Regierung. Erneut ist das diplomatische Geschick von König Felipe VI. gefragt. Bringen die kommenden Gespräche den Durchbruch?
von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Kann es der König jetzt noch richten? Sechs Wochen nach der Parlamentswahl in Spanien ringen die Parteien noch immer um eine Koalition. Längst hat sich auch das royale Oberhaupt des Landes, Felipe VI., eingeschaltet. Seit Mittwoch trifft er sich erneut mit den Parteiführern, um anschließend einen Politiker mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Die wichtigsten Gespräche wird er Anfang kommender Woche führen: am Montag mit Pablo Iglesias, dem Chef der linken Protestpartei Podemos, und Albert Rivera, Kopf der rechts-liberalen Ciudadanos. Am Dienstag dann mit Sozialisten-Chef Pedro Sánchez und dem derzeitigen Premier Mariano Rajoy.
Rajoys Volkspartei PP war aus der Parlamentswahl am 20. Dezember zwar als stärkste Kraft hervorgegangen, hatte aber die absolute Mehrheit eingebüßt. Diese konnte auch die sozialistische PSOE unter Sánchez nicht erreichen. Denn erstmals zogen Podemos und Ciudadanos ins Parlament ein und nahmen den Etablierten Stimmen ab.
Die Regierungsbildung ist seitdem zur Hängepartie geworden. Ideologische Gräben, parteieninterner Streit und persönliche Abneigungen blockierten bisher jeden Zusammenschluss. Aktuell liegt der Ball im Spielfeld von Sozialistenführer Sánchez. Denn Rajoy, der vom König bereits den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen hatte, lehnte dankend ab. Er habe "nicht die nötigen Unterstützer zusammen", um sich vom Parlament bestätigen zu lassen.
Seither sind alle Augen auf PSOE-Chef Sánchez gerichtet. Dieser würde gern eine "Regierung des Wandels" ins Leben rufen. Doch dazu müsste er mit der Protestpartei Podemos zusammengehen, die bereits eine Koalition angeboten hat. Und selbst dann würden ihm noch 17 Sitze für eine Parlamentsmehrheit fehlen. Außerdem lehnen viele hochrangige Sozialisten ein Bündnis mit Podemos ab, weil ihnen deren Positionen zu radikal sind. Viel lieber würden sie eine Große Koalition mit der Volkspartei PP und den Ciudadanos eingehen. Letztere sind bereits in Gesprächen mit PP-Chef Rajoy.
Aus Anlegersicht wäre ein solches Bündnis sicher die beste Lösung. Denn zum einen stellen sich alle drei Parteien gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens. Das würde die politische Lage in Spanien beruhigen. "Zudem würde eine Regierung unter Führung der Volkspartei bei den Reformen der vergangenen Jahre wohl allenfalls einige ,soziale Härten‘ korrigieren, ohne dass dadurch der Kern der Reformen betroffen wäre", erklärt Ralph Solveen, Analyst bei der Commerzbank.
Durch diese Reformen hat sich Spanien vom Krisenland zur dynamischsten Wirtschaft auf dem Kontinent mit Wachstumsraten um die drei Prozent gewandelt. An der Börse war davon in jüngster Vergangenheit aber nicht mehr viel zu spüren. Zu sehr belastete die politische Unsicherheit. Einen Befreiungsschlag wird es wohl erst dann geben, wenn sich Volkspartei und Sozialisten auf eine Große Koalition einigen - ob mit oder ohne Rajoy an der Spitze.
Investor-Info
Spanisches Parlament
Schwierige Mehrheitssuche
Um im neuen spanischen Parlament auf die absolute Mehrheit zu kommen, benötigt eine Koalition 176 Sitze. Das würde ein Bündnis aus Sozialisten, Podemos und den katalanischen Regionalparteien schaffen. Oder aber eine Große Koalition aus konservativer Volkspartei und Sozialisten - möglichst unter Einschluss der liberalen Partei Ciudadanos.
Fidelity Iberia
Gut behauptet
Sollten sich im spanischen Regierungspoker die gemäßigten Parteien - etwa in Form einer Großen Koalition - durchsetzen, wird das auch die Märkte erleichtern. Von der guten Verfassung der spanischen Wirtschaft dürfte dann der Fidelity Iberia besonders profitieren. Der Aktienfonds hat sich lang- und kurzfristig deutlich besser entwickelt als der Leitindex Ibex. Während dieser seit Anfang 2015 bis heute 13 Prozent ins Minus rutschte, liegt der Fonds mit fünf Prozent im Plus.Weitere News
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