Euro am Sonntag

Blockchain: Deutschland sucht Anschluss

19.10.19 17:00 Uhr

Blockchain: Deutschland sucht Anschluss | finanzen.net

Die neue Blockchain-Technologie boomt und birgt frische Anlagechancen. Nun setzt auch die Bundesregierung verstärkt auf den digitalen Wandel hierzulande.

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von Benjamin Hanne, Euro am Sonntag

Maschinen bezahlen Maschinen - was nicht nur in der Handelswelt oder dem Internet der Dinge als verheißungsvolles Versprechen gilt, kann den gesamten Alltag radikal vereinfachen. Selbstständig zahlende Autos an Tankstellen und Mautstraßen oder Schiffe am Containerhafen, Bezahlen beim Verlassen des Ladens ohne Kasse oder sogar ein völlig transparenter Emissionshandel: Das Zauberwort hinter all dem heißt Blockchain.

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Mit den Themen digitale Zahlung und Automatisierung befindet sich die Technologie inmitten vieler wichtiger Wachstumsdynamiken und setzt dort die neuen Standards. Daher sucht gerade Deutschland, beim Thema Informationstechnologie seit Jahren im Hintertreffen, mit dem neuen Blockchain-Strategiepapier "Digitale Souveränität sicherstellen" den Anschluss.

Denn insbesondere für die Fonds- und Finanzindustrie sieht die Bundesregierung die Blockchain als Wegbereiter der digitalen Zukunft: "Die Bundesregierung will das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere öffnen", verspricht die Verlautbarung, mit der es erstmalig Ausnahmen in der Papier-Urkundenpflicht geben soll, sogar noch in diesem Jahr.

Und zur Ausgabe staatlicher Kryptowährungen erklärt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD): "Ein Kernelement der staatlichen Souveränität ist die Herausgabe einer (digitalen) Währung, wir werden sie jedoch nicht Privatunternehmen überlassen." Auch virtuelle Börsengänge, in Anlehnung an den englischen Begriff des Initial Public Offering (IPO) ganz ähnlich Initial Coin ­Offering (ICO) genannt, bei denen statt Anteilscheinen Kryptowährungen oder digitale Wertcoupons, sogenannte Tokens, ausgegeben werden, finden einen wichtigen Platz.

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Die Kette des Vertrauens


Aber für die Technologie hinter Bitcoin & Co interessiert sich längst nicht mehr nur die Finanzwelt. In vielen weiteren Branchen wie Logistik und Lieferketten, Handel, Mobilität oder Verwaltung gilt sie als Zukunftsversprechen. Daher hatte die Bundesregierung ein monatelanges Online-Konsultationsverfahren gestartet, aus dem ein 24 Seiten starkes Papier mit 44 Einzelmaßnahmen für verschiedenste Branchen entstand. Es zeigt sich, dass die Bundesregierung der Blockchain-Strategie einen gehörigen Vertrauensvorschuss gewährt. Auch bei der Energiewende will Deutschland mit der Blockchain punkten. Als weitere Handlungsfelder hat die Regierung die Bereiche Logistik, Informationsverarbeitung und Verwaltung erkannt.

Überall dort soll die Blockchain zur zentralen Schnittstelle des Datenverkehrs werden. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) begrüßt den Vorstoß, Vizepräsident Stephan Noller kritisiert jedoch, dass "gerade mit Blick auf autonomes Fahren die Potenziale der Blockchain, mit einer fälschungssicheren Verifizierungsmethode und noch nie dagewesenen Sicherheitsstandards, zu kurz kommen".

Deutschland will vorn sein


Das hält die Regierung jedoch nicht davon ab, mit dem Papier eine weltweite Vorreiterrolle Deutschlands bei der Technologie zu propagieren. Dabei ist die Blockchain nur bedingt als Technologie zu verstehen. Sie ist in einer zunehmend von Daten getriebenen Welt lediglich eine standardisierte Art und Weise, diese gleichförmig, zuverlässig und für möglichst viele Teilnehmer zugänglich zu organisieren.

Es gibt aber auch viele entscheidende Vorteile, beispielsweise dass Daten nicht mehr an einem einzigen Ort, sondern aufgrund ihrer effizienten, da dezentralen Struktur synchron auf allen aktiven teilnehmenden Einheiten, den sogenannten Nodes, gespeichert werden. Damit fallen menschliche Schnittstellen wie Intermediäre und Kon­trollinstanzen, die über Daten wachen müssen, weg.

Eine Blockchain-Datenbank, analog zur Buchhaltung auch Hauptbuch genannt, ist damit weder manipulierbar noch kann sie gelöscht werden. Denn jeder neue Eintrag lässt in der Datenbank einen neuen Block entstehen, dessen Verschlüsselung ihn mit dem vorangegangenen Block verkettet und mit allen Teilnehmern synchronisiert. Einblicke in die Blöcke und die darin enthaltenen Daten sind - Stichwort Transparenz - jederzeit möglich, Änderungen allerdings nicht mehr.

Und so wie Zahlungs- und Transaktionsdaten von Bitcoin & Co gespeichert werden, können alle anderen Daten wie Verwaltungs- oder Handelsdaten, ­Eigentümer oder Patente hinzugefügt werden. Zudem können mit auf der Blockchain gespeicherten sogenannten Smart Contracts, unter der Erfüllung festgelegter Voraussetzungen, automatisiert weitere Prozesse angestoßen werden.

Hier steckt das Potenzial, das die Liste der Branchen und Konzerne mit Blockchain-Projekten wachsen lässt. Während Techunternehmen wie Facebook, Amazon oder Microsoft Kursfeuerwerke abbrennen, nutzen sie ihre derzeit ausgezeichnete Investitionsposition aus, um intensiv an der Blockchain zu forschen, sie auszutüfteln und Ideen zu finden.

Auch der IT-Spezialist IBM versucht in einer groß angelegten Kooperation mit Walmart sowie Unilever und weiteren Lebensmittelproduzenten, komplette Liefer- und Produktionsketten auf der Blockchain darzustellen. Møller-Maersk, die weltweit größte Containerschiffsreederei, will zusammen mit Spediteuren, Hafen- und Terminalbetreibern sowie Zollbehörden einen weltweit koordinierten Echtzeitzugriff auf Versand­daten mit einer Blockchain wagen. Manipulationssichere Daten zu Lieferketten haben mit dem internationalen Händler De Beers inzwischen sogar die Diamantenbranche in den Blockchain- Bann gezogen.

Zentrale Rolle bei Megatrends


Wegen der völlig autonomen und ­automatisierten Funktionsweise, die gleichzeitig mit großen Datenmengen belastbar ist, spielt die Blockchain-Technologie auch beim Megatrend Automatisierung, einer Stärke der deutschen Industrie, eine zentrale Rolle. "Deutschland bietet sich damit die Chance, eine führende Rolle beim Einsatz und bei der Entwicklung der Blockchain einzunehmen", sagt Achim Berg, Präsident des IT-Bundesverbands Bitkom.

Mit dem Strategiepapier der Regierung wiederum wird die Zahl der Investitionsmöglichkeiten in die Blockchain steigen. Vieles bewegt sich zwar noch im Konjunktiv, doch können bei einigen der aktuell wichtigsten Entwicklungen, wie Automatisierung, digitale Zahlung und Kryptowährungen oder Internet der Dinge, für diejenigen Unternehmen, die die Datenverarbeitung per Blockchain beherrschen, entscheidende Vorteile entstehen.

Investor-Info

IBM
Blockchain-Gigant


Inzwischen ist der amerikanische IT-Spezialist der größte Blockchain-Player weltweit. Mit einer Vielzahl von Patenten und Kooperationen wie mit der US-Einzelhandelskette Walmart treibt IBM Themen wie Internet of Things (Internet der Dinge) und die Lieferkette auf der Blockchain voran. Daneben gehört der Konzern zu den Top-Dividendenzahlern. IBM steigerte in den letzten 24 Jahren regelmäßig die Ausschüttung. Seit 1916 erhalten Aktionäre jedes Quartal eine Dividende. Kaufen!

Invesco Global Blockchain
Der erste Branchen-ETF


Der Invesco Elwood Gobal Blockchain ETF ist der erste seiner Art, der es Anlegern hierzulande erlaubt, in globale Unternehmen zu ­investieren, die an der Blockchain forschen, bereits mit ihr arbeiten oder künftig partizipieren können. Enthalten sind vor allem Konzerne aus der IT-, Kommunikations- und Finanzbranche. Zu den Topwerten des ETFs zählen Taiwan Semiconductor und US-Börsenbetreiber CME Group. Zur Beimischung.

Vontobel Blockchain Tech.
Alle in einem Zertifikat


Das Open-end-Zertifikat bietet eine Investitionsmöglichkeit in Blockchain-spezifische Firmen, Software- und Handelsanbieter sowie Unternehmen, die zukünftig von der Blockchain profitieren können. Zu den bekannteren Titeln gehören Microsoft, Intel, IBM, Oracle, Mastercard, Bank of America, Thomson Reuters und Banco Santander. Jede Aktie ist mit fünf Prozent gleich gewichtet. Dividenden fließen in die Indexberechnung ein.


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Bildquellen: dencg / Shutterstock.com, Alexander Yakimo / Shutterstock.com

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