Jetzt in den Rubel investieren?
Russland könnte vor einer Konjunkturerholung stehen. Der Anstieg der Rohstoffpreise in den letzten Monaten hat die finanzielle Lage im von der Finanzkrise hart gebeutelten Land deutlich entspannt.
Darüber hinaus beginnen die zyklischen Konjunkturkräfte allmählich positiv zu wirken. Der Einbruch des BIP um mehr als zehn Prozent im ersten Halbjahr war nicht zuletzt auf den massiven Abbau von Lagerbeständen in der Rohstoffbranche zurückzuführen. Inzwischen werden die Lagerbestände nicht weiter reduziert und die Stabilisierung der Weltkonjunktur hat das Vertrauen in die Vorstandsetagen der Rohstoffkonzerne zurückgebracht, dass Russlands natürliche Ressourcen auch in Zukunft international gefragt sein werden.
Konjunkturerholung vs. Strukturschwächen
Die Industrieproduktion ist im Juni und Juli im Monatsvergleich wieder deutlich gestiegen und im zweiten Halbjahr 2009 dürfte das BIP deutlich über das Niveau des ersten Halbjahres steigen. Das könnte auch dem Rubel Auftrieb geben. Doch diese Chance auf eine Konjunkturerholung darf den Blick nicht darauf verstellen, dass die Finanzkrise die Schwächen der russischen Wirtschaft schonungslos aufgedeckt hat: Die geringe Diversifizierung der Wirtschaft und ihre hohe Rohstoffabhängigkeit, das schwache Bankensystem und die hohe Verschuldung des Privatsektors im Ausland. Auf der Habenseite steht vor allem ein handlungsfähiger Staat, der aufgrund seines geringen Verschuldungsgrads in Höhe von aktuell sieben Prozent des BIP genügend finanziellen Spielraum besitzt, um die Wirtschaft zu stützen. Dennoch wird eine Anstrengung, wie sie in diesem Jahr unternommen wurde, kaum zu wiederholen sein, denn das Haushaltsdefizit dürfte 2009 auf etwa 8,5 Prozent des BIP steigen. Vor allem aber ist das Risiko für neue Turbulenzen am russischen Finanzmarkt hoch. Die Ratingagentur Standard & Poor´s schätzt, dass der Anteil der gefährdeten Kredite an der gesamten Kreditsumme auf 25 Prozent ansteigen könnte.
Fazit
Der Rubel profitiert zweifellos von einer Erholung der Weltkonjunktur, falls diese mit einem Anstieg der Rohstoffpreise einhergeht. Doch die hausgemachten Probleme im russischen Finanzsystem stellen ein großes Risiko dar. Darüber hinaus würde die russische Notenbank gegen eine mögliche Aufwertung des Rubels kämpfen. Der Vorsitzende der Zentralbank hat sich bereits dementsprechend geäußert. Die zur Stützung der Konjunktur gedachte Senkung des Leitzinses auf 10,75 Prozent trägt zu dieser Politik eines schwachen Rubels bei, zumal der Realzins angesichts einer Inflationsrate von zwölf Prozent negativ ist. Dennoch kann das hohe nominale Zinsniveau für Anleger aus dem Ausland attraktiv sein, allerdings nur solange der Rubel steigt oder zumindest stabil bleibt. Investments in die russische Währung bleiben jedoch aufgrund der Schwäche des Finanzsystems und der Wechselkurspolitik der Notenbank riskant.
Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.