Sam Bankman-Fried im Kreuzverhör vor Gericht - So verteidigt sich der ehemalige FTX-CEO
Der ehemalige CEO der kollabierten Kryptobörse FTX muss sich aktuell vor Gericht mit ernstzunehmenden Betrugsvorwürfen auseinandersetzen. Dabei muss er sich im Zeugenstand auch dem Kreuzverhör der Staatsanwaltschaft stellen.
Werte in diesem Artikel
• Sam Bankman-Fried muss sich vor Gericht für Zusammenbruch der Kryptobörse FTX verantworten
• Ex-FTX-CEO reagiert auf Fragen der Staatsanwaltschaft ausweichend und mit Verweis auf Gedächtnislücken
• Brief der Verteidigung an Richter Kaplan offenbart SBFs Verteidigungsstrategie
Der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX 2022 hat in der Kryptoszene und darüber hinaus große Wellen geschlagen. Wie ein Kartenhaus waren zahlreiche miteinander verstrickte Kryptounternehmen in sich zusammengebrochen und sorgten dabei auch in der traditionellen Finanzbranche für Schwierigkeiten.
Bitpanda ist der BaFin-lizenzierte Krypto-Broker aus Österreich und offizieller Krypto-Partner des FC Bayern München. Erstellen Sie Ihr Konto mit nur wenigen Klicks und profitieren Sie von 0% Ein- und Auszahlungsgebühren.
Vor Gericht wird derzeit aufgedröselt, wie es zu dem Kollaps kommen konnte und wer dafür verantwortlich ist. Ganz vorn steht dabei der FTX-Gründer und einstige Konzernlenker Sam Bankman-Fried. Er muss sich aktuell mit schwerwiegenden Betrugsvorwürfen auseinandersetzen. Diese stehen im Zusammenhang mit dem ebenfalls durch Bankman-Fried gegründeten FTX-Schwesterunternehmen Alameda Research, welches sich aufs Krypto-Trading spezialisiert hat.
Veruntreuung von Kundengeldern
Konkret wird dem Kryptowährungs-Unternehmer von der US-Justiz vorgeworfen, Milliarden US-Dollar an Kundengeldern von FTX abgezweigt zu haben, ohne dass diese darüber informiert worden seien. Dieses Geld sei dann unter anderem in Alameda Research geflossen, um riskante Investments zu tätigen. Letztlich konnten sich weder der Hedgefonds noch FTX über Wasser halten - und kollabierten auf spektakuläre Art und Weise - sehr zum Leidwesen der zahlreichen Krypto-Anleger.
Sollte Bankman-Fried vom Gericht für schuldig befunden werden, könnte ihm eine Haftstrafe von mehr als 100 Jahren drohen. Der Krypto-Enthusiast selbst weist alle Vorwürfe von sich, gesteht jedoch ein, Fehler begangen zu haben, die zur Insolvenz von FTX geführt hätten.
Sam Bankman-Fried im Zeugenstand
Nachdem bereits einige der Weggefährten Bankman-Frieds angehört wurden, war es jüngst Zeit für den ehemaligen Konzernlenker selbst in den Zeugenstand zu treten. Dabei wurden Teile der Befragung bereits vor Geschworenen durchgeführt, anderen Punkten musste sich der 31-Jährige zunächst lediglich vor dem Richter und der Staatsanwaltschaft stellen. Im Kreuzverhör der Staatsanwaltschaft fiel Bankman-Fried dabei bereits mit vorwiegend ausweichenden Antworten und angeblichen Gedächtnislücken auf, was ihm eine Ermahnung seitens des Richters Lewis Kaplan einbrachte. Dieser habe den Angeklagten aufgerufen, "einfach die Frage" zu beantworten, wie Bloomberg berichtet.
So wich Bankman-Fried auf Nachfrage der Staatsanwältin Danielle Sassoon, ob er als CEO bei FTX das Sagen gehabt habe, mit der Aussage aus, er hätte "bei manchen Dingen" das Sagen gehabt. Auf die Frage hin, ob der 2022 Teil des Tradings von Alameda Research gewesen sei, antwortete er, dass dies davon abhänge "was Sie als Trading definieren", wie Bloomberg berichtet. Wie sich die Befragung Bankman-Frieds weiterhin vollzieht, bleibt abzuwarten, da das Verfahren weiterhin im Gange ist.
Bankman-Frieds Verteidigungsstrategie
Wie aus einem ausführlichen Brief der Anwälte Bankman-Frieds an Richter Kaplan hervorgeht, wolle sich der Ex-Unternehmer bei seiner Verteidigung im Zeugenstand vor allem jedoch auf drei Schlüsselpunkte konzentrieren. Der erste dieser Verteidigungspunkte bezieht sich auf die Anwälte der Kryptobörse, auf die sich Bankman-Fried bei der Leitung der Geschäfte verlassen habe. So verwies Bankman-Fried vor Gericht bei der Befragung durch seine Verteidiger darauf, dass seine Aktionen stets von FTX-Juristen abgesegnet worden seien. Bisher ist jedoch noch unklar, ob Bankman-Fried diese Verteidigung auch vor den Geschworenen vorbringen darf. Hierzu will sich Richter Kaplan zunächst selbst ein Bild machen, weshalb Bankman-Fried manche Fragen der Verteidigung zunächst ausschließlich vor dem Richter und der Staatsanwaltschaft beantwortet. Die gibt dem Angeklagten die einzigartige Möglichkeit, eine Art Probelauf mitzumachen, bevor er die Fragen noch einmal vor Geschworenen beantwortet, sollte Kaplan diese Art der Verteidigung als zulässig bestimmen.
Nutzung von Messaging-App Signal auf Raten der FTX-Anwälte?
Ein konkretes Beispiel seiner Verteidigung in diesem Zusammenhang bezieht sich auf die Nutzung der Messaging-App Signal, welche als Unternehmenskommunikation bei FTX und Alameda Research genutzt wurde. Hier wurde beim Versenden von Nachrichten stets die Funktion genutzt, dass sich diese automatisch nach 30 Tagen selbst löschen. Wie die ehemalige Alameda-Leiterin Caroline Ellison aussagte, sei die Nutzung von Signal und der besagten Funktion auf Anweisung von Bankman-Fried geschehen. Er habe dabei gewarnt, sie sollten aufpassen, was sie schreiben, weil dies potenzielle rechtliche Folgen haben könne. Die Staatsanwaltschaft führte in ihrem Eröffnungsargument ebenfalls an, Bankman-Fried habe diese Art der Kommunikation gewählt, "um keine belastenden Unterlagen zu hinterlassen", schreibt CNBC. Wie aus dem Brief an Richter Kaplan hervorgeht, sei der Krypto-Unternehmer jedoch davon ausgegangen, dass diese Vorgehensweise "unter der Anleitung von Anwälten" eingesetzt worden sei.
Bahamas Behörden im Fokus
Der zweite Punkt der Verteidigung des FTX-Mitgründers bezieht sich auf die Behörden der Bahamas. Zur Erinnerung: Die Kryptobörse hatte ihren Sitz in dem karibischen Land, welches sich einen Ruf als inoffizielles internationales Finanzzentrum aufgebaut hat, da es hier keine Einkommens- oder Unternehmenssteuern gibt und es sich außerdem freundlich gegenüber Kryptounternehmen zeigt.
FTX-Mitgründer und ehemaliger CTO Gary Wang hat hierzu bereits ausgesagt, dass am 12. November 2022, nachdem FTX Konkurs angemeldet habe, Bankman-Fried Wang auf dem Weg zur bahamischen Börsenaufsicht dazu angewiesen habe, Assets an die bahamischen Insolvenzverwalter zu überweisen, da er sich so erhoffe, weiterhin die Leitung über FTX behalten zu können. Vor diesem Hintergrund wirft die Staatsanwaltschaft dem Ex-Kryptounternehmer vor, einige Gläubiger bevorzugt ausgezahlt zu haben, so auch die bahamischen Behörden. Dies steht im Gegensatz zu den zahlreichen Versprechungen Bankman-Frieds "für Kunden das Richtige zu tun". Dies spreche daher für die "verbrecherische Absicht" des ehemaligen FTX-Lenkers, fasst CNBC zusammen. Wie aus dem Brief an Kaplan jedoch hervorgeht, wolle die Verteidigung zeigen, dass Bankman-Fried mit der Überweisung von Assets an die bahamischen Behörden in guter Absicht gehandelt habe. So solle der FTX-Mitgründer davon ausgegangen sein, dass die bahamischen Behörden im besten Interesse der FTX-Kunden handeln würden. Von den damaligen FTX-Juristen und dem US-amerikanischen Konkurs-Anwalt sei ihm von diesem Schritt jedoch abgeraten worden. Dies führt die Verteidigung Bankman-Frieds auf Interessenkonflikte zurück, wie es in dem Brief heißt.
Gängige Geschäftspraktiken in der Kryptobranche
Als drittes Verteidigungsargument nennt das Schreiben an Richter Kaplan das Verständnis des ehemaligen FTX-CEOs der allgemeingültigen Geschäftspraktiken im Kryptosektor zu der Zeit. Ein Punkt, den die Staatsanwaltschaft beim Fall FTX als besonders negativ herausstellt, ist die Vermischung von Kunden- und Unternehmensassets, die bei der Kryptobörse vorherrschte. Eine dieser gängigen Unternehmenspraktiken bezieht sich auf die Verwendung von sogenannten Omnibus-Konten, bei denen die digitalen Vermögenswerte mehrerer Kunden zusammen auf einem einzigen Konto liegen. Diese Art von gemeinsamer Speicherung wird in der Kryptobranche häufig genutzt um Kosten zu sparen und den Workflow effizient zu gestalten, so auch bei FTX. Die Verteidigung Bankman-Frieds argumentiert in dem Brief von Richter Kaplan jedoch, dass der ehemalige CEO mit Kenntnis der Branchengepflogenheiten in dem guten Glauben gehandelt habe, "dieses Vorgehen sei zulässig" und dass er daher davon ausgegangen sei, "die Handlungen von FTX (und ihm selbst) seien ordnungsgemäß".
Im Übrigen gab es auch zwischen der Kryptobörse und dem Schwesterunternehmen Alameda Research solche Überschneidungen. So sagte Bankman-Fried bereits gegenüber der Staatsanwaltschaft aus, ein Teil der Schulden Alamedas bei der Kryptobörse sei der Tatsache geschuldet, dass FTX-Kunden ihr Geld in Alameda-Bankkonten verwahrten. Dies sei notwendig gewesen, da die Kryptobörse selbst nicht über Bankkonten verfügt habe, wie Reuters berichtet.
Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: T. Schneider / Shutterstock.com