Devisen-Trader-Kolumne Detlef Rettinger

Droht durch China ein neuer Crash des Weltfinanzsystems?

01.07.13 11:46 Uhr

Droht durch China ein neuer Crash des Weltfinanzsystems? | finanzen.net

So schnell kann es gehen. Nach der Finanzkrise 2008 sollte China – wirtschaftlich gesehen – durch sein Wachstum die Welt retten.

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Nun droht dem Reich der Mitte angesichts überbordender Strukturprobleme der Kollaps – wenn man einigen Beobachtern glauben mag. Beides war oder ist übertrieben. Tatsache ist, dass Peking unter der neuen Führung das Schatten-Finanzwesen, das sich in den letzten zehn Jahren hohen Wachstums gebildet hat, unter seine Kontrolle bringen will. Auch die Rating-Agenturen warnten schon vor der Gefahr einer zu schnell steigenden Verschuldung. Das Problem ist nicht neu. Neu aber ist, dass Peking im Kampf gegen den grauen Kapitalmarkt bereit ist, schwächeres Wirtschaftswachstum und notfalls auch die Pleite kleinerer Banken in Kauf zu nehmen. In den letzten Wochen hat sich dieser „Kampf um Kontrolle“ zugespitzt: Die Zinssätze für Ausleihungen zwischen den Banken sind zeitweise auf deutlich mehr als zehn Prozent gestiegen und die Notenbank hat darauf nicht mit Notmaßnahmen reagiert. Das birgt die Gefahr einer Kreditklemme und einer chinesischen Finanzkrise, mit negativen Folgen für das Welt-Finanzsystem.

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Flucht aus den Carry-Trades

Und auf den Devisenmarkt bezogen droht das abrupte Auflösen von Dollar/Renminbi (Yuan) Carry-Trades. Bei Carry Trades investieren Profianleger in Währungen mit relativ hohen Zinsen und leihen sich dafür Geld in niedrig verzinsten Währungen und streichen die Zinsdifferenz ein. Leihewährung war seit der Finanzkrise 2008 nicht selten der Dollar. Ein sicheres Geschäft – solange die Märkte mitspielen. Doch der Trend könnte zu Ende sein, die Anleiherenditen in den USA ziehen wieder an, der Dollar kommt unter Aufwertungsdruck. Dazu kommt die gestiegene Volatilität. Das ist Gift für die Rendite bei Carry Trades. Und wie am Ende eines Trends üblich, wollen alle gleichzeitig aussteigen. Vor einem Auflösen der Dollar/Renminbi (Yuan) Carry-Trades warnte jüngst auch die Deutsche Bank. In den letzten Jahren haben Anleger in Renminbi investiert und sich dafür in US-Dollar verschuldet – mit steigender Tendenz. Sollte diese Blase platzen, dann könnte das einen Weltfinanz-Crash auslösen wie bei der Asienkrise 1997. Noch ist es aber nicht soweit und es muss auch nicht so kommen. Allerdings nimmt wegen steigender Renditen in den USA und der Bankenkrise in China das Risiko dafür zu.

USD/CNY: Wende nach oben?

Dass sich etwas ändert, ist auch am Devisenmarkt spürbar. Der Wechselkurs des US-Dollars zum Yuan wird von der chinesischen Notenbank festgelegt und darf nur in bestimmten Grenzen floaten. In den letzten Monaten ließ Peking den Yuan aufwerten (USD/CNY ist gefallen). Mit Put-Optionsscheinen ließ sich in dieser Zeit gut Geld verdienen. Doch das könnte nun vorbei sein. Der US-Dollar erstarkt und Chinas schwächelnde Exportwirtschaft kann sich derzeit keine stärkere Währung leisten. USD/CNY hat sich seit Mai stabilisiert und ist zuletzt sogar leicht gestiegen. Mit einem Call auf einen Kursanstieg von USD/CNY zu spekulieren, ist aber riskant, denn der Optionsschein würde an Wert verlieren, auch wenn sich der Wechselkurs nicht bewegt.

Fazit

Peking geht seine Strukturprobleme an. Es bleibt nur zu hoffen, dass dies nicht zu einem Crash führt. Ich denke, Chinas Verantwortliche werden das wie in der Vergangenheit verhindern können. Zuletzt hat sich die Lage am chinesischen Geldmarkt bereits wieder etwas entspannt. Die Aufwertung des Yuans gegenüber dem US-Dollar wird sich aber vorerst nicht fortsetzen. Ein abruptes Auflösen der Carry Trades auf USD/CNY ist eine reale Gefahr, es steht aber nicht unmittelbar bevor.

Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.