Technische Analyse: Die Kunst des Chartlesens
19.11.15 17:00 Uhr
Für den Handel mit CFDs bietet die Charttechnik enorme Vorteile. Anleger sollten unbedingt die wichtigsten Grundregeln kennen. €uro am Sonntag erklärt sie.
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von Karen Szola, Euro am Sonntag
Anleger, die regelmäßig ihr Geld an der Börse investieren, kommen am Thema Technische Analyse, auch Charttechnik genannt, kaum vorbei. Das gilt besonders für jene Marktakteure, die mit CFDs, den Contracts for Differences, handeln.
Diese Differenzkontrakte gehören zur Familie der Derivate, deren Preise sich auf die Kurse anderer Basiswerte beziehen. Die Palette an Basiswerten umfasst bei CFDs zahlreiche Aktien, Indizes, Rohstoffe, Währungen oder Zinsen. Beim Handel mit diesen riskanten Differenzgeschäften ist oftmals Schnelligkeit Trumpf. Es geht darum, die erkannte mögliche Gewinnchance mit den optimalen Ein- und Ausstiegszeitpunkten treffsicher umzusetzen.
Spätestens hier kommt die Technische Analyse zum Einsatz. Mit ihr können Sie beispielsweise Stoppkurse bestimmen, die sich recht einfach aus dem Kursverlauf des Basiswerts ermitteln lassen. Als Regel gilt, dass Stopps leicht unter dem letzten Bewegungstief eines vorher definierten Zeithorizonts platziert werden.
Zeichen richtig deuten
Doch die Technische Analyse hat weit mehr zu bieten: Ihr verschrieb sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein ganzer Wissenschaftszweig, dessen Anhängerzahl stetig wächst. Das spiegelt sich auch in den steigenden Mitgliederzahlen der Vereinigung Technischer Analysten e. V. (VTAD) oder auch des Weltverbands IFTA (International Federation of Technical Analysts) wider. Die Anfänge der Charttechnik reichen sogar bis ins 17. Jahrhundert zurück. Damals bedienten sich in Japan die Marktteilnehmer historischer Preisdaten, um eine Prognose künftiger Preise für Reis vorherzusagen. So entstand mit der Dojima Rice Exchance die wohl erste Terminbörse der Welt. Zu dieser Zeit wurden auch die japanischen Kerzencharts entwickelt (englisch: Candlesticks), die mit visuellen Vorteilen bestechen und sich bis heute großer Popularität erfreuen.Schon eine einzelne Kerze enthält wichtige Informationen: Neben dem Eröffnungs- und Schlusskurs kann der Trader am Kerzenkörper auch die gesamte Handelsspanne einer Periode (Stunde, Tag, Woche) ablesen. So lassen sich Veränderungen in der Kursrichtung recht präzise erkennen. Die Aussagefähigkeit und das Prognoseergebnis werden sogar noch verbessert, indem mehrere Candlesticks zu Formationen gebündelt werden. Diese tragen illustre Namen wie Morning Star, Engulfing Pattern oder Three White Soldiers. Einen maßgeblichen Anteil an dieser Art der Chartdarstellung hat der Amerikaner Steve Nison. In den späten 80er-Jahren entdeckte er diese alte Kerzendarstellung wieder und verhalf ihr als Autor der Bestseller "Japanese Candlestick Charting Techniques" (1991) und "Beyond Candlesticks" (1994) zu einer Renaissance.
Obwohl die Technische Analyse mit ihren verschiedenen Analysemodellen eine hochkomplexe Wissenschaft darstellt, sollten sich Anleger unbedingt mit dem charttechnischen Rüstzeug vertraut machen. Dazu zählen das Erkennen von Unterstützungen und Widerständen, die Trendanalyse, also das Aufspüren von Trends gemäß der Dow-Theorie von Charles Dow (veröffentlicht 1900 bis 1902 im "Wall Street Journal"), sowie die dazugehörigen Trendbestätigungs- und Trendwende-Formationen.
Der Trend ist dein Freund
Zwar sind Trends hartnäckig, doch irgendwann fangen auch sie an zu schwächeln. In diesem Fall hält die Charttechnik klar definierte Regeln bereit, wie Trendbrüche oder Trendbestätigungen zu ermitteln sind. Zu den sogenannten Trendbestätigungs-Formationen, die sowohl im Auf- als auch im Abwärtstrend entstehen, gehören in der Sprache der Charttechnik sogenannte Rechtecke, Dreiecke, Flaggen, Wimpel oder Keile.Bei einem Aufwärtstrend bildet sich beispielsweise ein Dreieck, wenn die Käufer eine Verschnaufpause einlegen. Alte Hochs werden nicht mehr erreicht, neue Bewegungstiefs liegen jedoch immer ein wenig höher als die vorigen. Verlässt der Kurs nach einer Weile das Dreieck nach oben, so ist die Fortsetzung des Aufwärtstrends bestätigt, der dem Anleger weitere Kursgewinne bescheren wird.
CFD-Anleger aufgepasst: Es besteht immer das Risiko des Totalverlusts, da teilweise mit Hebeln von bis zu 100 agiert wird. Auch eine mögliche Nachschusspflicht sollte nicht unterschätzt werden. Aus diesem Grund sind Stoppkurse unerlässlich!
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