Anleihen: Weiterer Zinstrend von enormer Bedeutung
Die Marktzinsen langfristiger Anleihen haben in Deutschland und den USA im laufenden Jahr mehr oder weniger stagniert, das entscheidende Trendsignal steht noch aus.
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Eine Kolumne von Holger Steffen. Der Anlageexperte ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 103% verzeichnet hat (Stand: 30.09.2017).
Die Zinsentwicklung am Anleihenmarkt ist in den letzten Monaten aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt, da sie größtenteils sehr unspektakulär verlaufen ist. Dabei hat gerade die Entwicklung der langfristigen Zinsen eine enorme Bedeutung für die Frage, ob die Aktienhausse noch länger fortgesetzt werden kann. Wünschenswert wäre eigentlich ein langsamer Zinsanstieg, der auch intakte mittelfristige Wachstumsperspektiven widerspiegeln würde. Doch ein stabiler Aufwärtstrend ist im Moment nicht in Sicht.
Die Bedeutung der Marktzinsen
Das Verhältnis der kurzfristigen Zinsen (vereinfachend: die Zen¬tralbanksätze) zu den langfristigen gilt als wichtiges Barometer für den Zustand der Wirtschaft. Ein synchroner Anstieg beider Zinssätze signalisiert in den Industrieländern in der Regel einen intakten Wirtschaftsaufschwung mit einem moderat steigenden Inflationsdruck. Aktuell werden in den USA die Leitzinsen von der Fed schrittweise erhöht, aber die langfristigen Zinsen ziehen nicht mehr mit. Seit Ende letzten Jahres stagnieren diese per Saldo, was eine flachere Zinsstrukturkurve (von kurzfristig nach langfristig) bedingt. Sollten die kurzfristigen Zinsen (aktuell 1,0 bis 1,25 %) die 10-jährigen (aktuell 2,4 %) übertreffen, wäre das ein echtes Alarmsignal. Im Jahr 2000 und 2008 war dieses Phänomen zu beobachten, in beiden Fällen stellte das einen zuverlässigen Vorboten einer Rezession dar.
Die Skepsis
Erstaunlich ist, dass die Renditen von Staatsanleihen mit längerer Laufzeit sowohl in den USA als auch in Europa im aktuellen Konjunkturstadium noch so niedrig sind. Das dürfte, gerade auf dem hiesigen Kontinent, vor allem den massiven Eingriffen der Notenbank geschuldet sein, weswegen die Marktentwicklung in den USA auch unverfälschter und damit von größerer Bedeutung ist. Die abnehmende Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen verdeutlicht die Skepsis der Anleger, ob sich die Phase mit einem soliden Wachstum noch länger fortsetzen lässt. Obwohl zehnjährige Anleihen mit ihren Minizinsen eigentlich überbewertet und unattraktiv wirken, könnten sie dennoch deutlich steigen (und vice versa der Marktzins sinken), wenn sich andeutet, dass der Konjunkturzyklus ausgereizt ist.
Fazit zu Anleihen
Für den Aktienmarkt wäre gerade das ein fatales Signal. Denn im Fall einer deutlich sinkenden Wachstumsdynamik wären US-Staats¬an¬leihen die attraktivere Alternative. Sollten hingegen die Marktzinsen am langen Ende doch noch einen moderaten Aufwärtstrend entwickeln, würde das für gute Wirtschaftsperspektiven sprechen, die weitere Umschichtungen von Anleihen in Aktien mit sich bringen. Dieses positive Signal für den Aktienmarkt ist aber derzeit nicht in Sicht.
Eine Kolumne von Holger Steffen. Der Anlageexperte ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 103% verzeichnet hat (Stand: 30.09.2017).
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