USA und der Rest der Welt

Zinserhöhung kommt: Keine Angst vor der Zinswende

30.05.15 21:00 Uhr

Zinserhöhung kommt: Keine Angst vor der Zinswende | finanzen.net

Die US-Notenbank hat einer ersten Zinserhöhung den Weg geebnet. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Währungshüter den Satz anheben. Die Folgen für die weltweiten Kapitalmärkte.

von Max Holzer, Gastautor von Euro am Sonntag

Die US-Notenbank Fed dürfte noch in diesem Jahr ihren Leitzins, die sogenannte Fed Funds Target Rate, erstmals wieder erhöhen. Zuvor hatte sie seit dem Jahr 2007 den Satz schrittweise von 5,25 Prozent auf 0 bis 0,25 Prozent gesenkt. Um die Folgen des bevorstehenden Schrittes richtig einschätzen zu können, sollten Anleger aber genauer hinschauen. Denn die Zinswende in den USA ist keinesfalls gleichbedeutend mit einem weltweit steigenden Zinsniveau.

Während früher die Notenbanken der Industrieländer der Fed oft nur mit Abstand einiger Monate folgten, dürfte das in diesem Turnus anders sein. In Europa oder in Japan beispielsweise sind die ­ Notenbanken noch im Modus der Lockerung und sollten das auch einige Zeit bleiben. Und in China wurde gerade zum dritten Mal binnen weniger Monate der Leitzins gesenkt.

Dass in den USA die Wende vor der Tür steht, liegt vor allem daran, dass es der US-Wirtschaft gut geht - der Schritt ist also weniger bedrohlich als vielmehr eine Bestätigung der positiven Konjunktur. Wenn sich die Situation am Arbeitsmarkt weiter verbessert und die Löhne steigen, dann reagiert die Notenbank mit der Zinserhöhung darauf, um den Teuerungsdruck im Rahmen zu halten.

Ein Zinsschritt in den USA geht mitunter an den Märkten mit Reibungen einher. Konkret wurde das bereits vor zwei Jahren sichtbar, als die US-Notenbank den Einstieg in den Ausstieg der monatlichen Anleihekäufe in Aussicht stellte und damit vor allem Risiko-Assets wie Aktien aus den Schwellenländern oder hochverzinsliche Unternehmensanleihen unter Druck setzte. Auch die nun anstehende Zinswende dürfte Marktanpassungen hervorrufen. Klar ist aber auch: Der Schritt kommt alles andere als überraschend, die Fed arbeitet mit viel Mühe und Behutsamkeit ­daran, die Erwartungen der Marktteilnehmer zu steuern, um Verwerfungen zu vermeiden.

Auch wenn der aktuelle Zyklus einige Besonderheiten aufweist, die sich zum einen auf die Schärfe der Krise und zum anderen auf das Ausmaß der expansiven und unorthodoxen Geldpolitik - Stichwort Anleihekäufe durch die Notenbank - zurückführen lassen, lohnt sich ein Blick in die Historie. Ein Schluss daraus: Vorsicht bei US-Anleihen. Eine Analyse der Zinswenden der vergangenen 20 Jahre zeigt, dass US-Staats­papiere im Umfeld einer Zinswende kein gutes Investment sind. Die Renditen dürften steigen und spiegelbildlich die Kurse sinken.

Anleihen in US-Dollar, aber nicht
aus den USA bevorzugen

Steigende Marktrenditen bei US-Anleihen können auch andere Rentensegmente wie beispielsweise Papiere aus den Schwellenländern in Mitleidenschaft ziehen. Gesucht sind hingegen Schuldverschreibungen aus fundamental soliden Ländern, die gegenüber den niedrig verzinsten Anleihen aus der ­Eurozone oder aus Japan noch einen ­attraktiven Renditeaufschlag bieten. Daher sollten die Anleger auf eine Internationalisierung des Rentenportfolios achten und Engagements in US-Dollar-nominierten Anleihen aus Mexiko, Polen oder Südkorea in Betracht ziehen.

Die steigenden Zinsen in den Vereinigten Staaten schlagen auch auf andere Anlageklassen durch. Ein Beispiel dafür ist der US-Dollar. Der Zinsunterschied zwischen den USA und anderen Regionen macht den Greenback attraktiv und zieht die Nachfrage an - daher steigt der Außenwert der Währung. Und der stärkere US-Dollar wirkt sich auf Rohstoffe aus, die ebenfalls oft in der US-Währung gehandelt werden. Das gilt beispielsweise für Gold, aber auch für Öl und Kupfer, wie ein Blick in die Geschichte zeigt. Wenn der Wert des Dollar steigt, dann werden die Rohstoffe, zum Beispiel in Euro gerechnet, teurer. Aber es gibt auch eine gegenläufige Wirkung: Die Notenbank hebt die Zinsen schließlich an, weil die Konjunktur stark ist - und das geht zumindest mittelfristig einher mit einer höheren Rohstoffnachfrage. Das gilt für Öl, aber auch für Industriemetalle. Hier lässt sich nur punktuell entscheiden, welcher Effekt bei der Preisbildung überwiegt.

Bei Aktien hingegen zeigt sich in der historischen Betrachtung keine wesentliche Bremswirkung. Die Unternehmen profitieren vor allem von der anziehenden Konjunkturdynamik, der Zinsanstieg hat allenfalls kurzfristige Auswirkungen. Chancen auf weitere Kurssteigerungen ergeben sich nicht zuletzt für Unternehmen aus der Eurozone. Denn die anziehende wirtschaftliche Dynamik in der Währungsunion wird durch die aktuell günstigen Rohstoffpreise und den starken US-Dollar - ergo den schwachen Euro - zusätzlich unterstützt. Letztere Faktoren dürften viele US-Unternehmen tendenziell belasten, während sie die Konzerne der Eurozone beflügeln. Titel aus den Schwellenländern hingegen hatten in der Vergangenheit immer dann Pro­bleme, wenn die US-Zinsen und damit der Außenwert des US-Dollars anstiegen.

Japans Wirtschaft sollte von
der Zinserhöhung profitieren

Was für die Aktienseite gilt, und hier schließt sich der Kreis zu den zinslastigen Anlageklassen, gilt zumindest teilweise auch für Unternehmensanleihen. Diese könnten durch die Zinswende zwar durcheinandergewirbelt werden. Aber die positive konjunkturelle Situation sollte sich auf die Bonität der Unternehmen und die Ausfallquoten der ­Papiere vorteilhaft auswirken und die Anlageklasse stützen.

Was heißt das für die Anlagestrategie? Jedes Segment, jede Region und jede Anlageklasse reagiert auf ihre eigene Art auf den anstehenden Schritt. Für die Rentenmärkte gilt: Internationalisierung ist Pflicht. In den USA sind Renditeanstiege zu erwarten, in der Eurozone ist weiterhin Niedrigzins angesagt. Das bedeutet, dass Anleger über den Tellerrand schauen sollten, in andere Länder, in denen höhere Zinsen gezahlt werden, und in andere Segmente wie beispielsweise Unternehmensanleihen.

Am Aktienmarkt sollten vor allem ­Unternehmen aus der Eurozone von der anziehenden Konjunktur und dem schwachen Euro profitieren. Vergleichsweise positiv sind wir überdies für Japan gestimmt, dessen Währung ebenfalls gegenüber dem US-Dollar abwerten sollte. Unter dem Strich lässt sich festhalten: Auf dem Weg nach oben ist wegen der Zinswende mit temporären Belastungen zu rechnen. Deshalb sollte das Portfolio aktiv gemanagt und immer wieder adjustiert werden. Dann können die ­Anleger der Zinswende auch ohne Angst entgegensehen.

Kurzvita

Max Holzer, Leiter der
Asset Allocation bei Union Investment
Der studierte Wirtschaftsinformatiker leitet seit 2004 das Portfoliomanagement der Multi-Asset-, Garantie-, Rohstoff- und Wandelanleihefonds von Union Investment. Zudem legt sein Bereich die ­Strategie für die Asset Allocation der Union-­Investment-Gruppe fest.
Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit aktuell über 230 Milliarden Euro verwaltetem ­Vermögen einer der größten deutschen ­Vermögensverwalter.

Bildquellen: Carsten Lerp/Union Asset Management Holding AG, Sebastian Duda / Shutterstock.com