Richtiger Ausstiegszeitpunkt: Rally bei Corporate Bonds vorbei
Bei Unternehmensanleihen kündigt sich ein Ende der positiven Marktphase an. Die überdurchschnittlich hohen Renditen der Vergangenheit werden sich bis zum Jahresende 2015 zunehmend verringern.
von Werner Klitsch, Gastautor von Euro am Sonntag
Die Rally bei Unternehmensanleihen in den vergangenen Jahren war beeindruckend: Papiere guter und sehr guter Bonität erzielten von Anfang 2009 bis Ende 2013 pro Jahr im Schnitt neun Prozent Wertzuwachs, bei Hochzinspapieren waren es 20 Prozent - satte Renditeaufschläge gegenüber den niedrig verzinsten Staatsanleihen. Kein Wunder also, dass das Interesse der Anleger an Unternehmensanleihen deutlich gestiegen ist. Doch nun mehren sich die Stimmen, die vor einem Ende der Rally warnen. Ist es also an der Zeit, sich aus Unternehmensanleihen zurückzuziehen?
Tatsächlich gibt es Zeichen dafür, dass das Ende der positiven Marktphase näher rückt. Zunächst wird sie zwar noch anhalten, aber die Renditen dürften allmählich abnehmen. Insofern erscheint ein kompletter Rückzug aus diesem Marktsegment zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht. Welche Faktoren aber sollten Anleger beachten, um den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg nicht zu verpassen?
In den vergangenen 25 Jahren hat der Markt für Unternehmensanleihen vier große Korrekturen erlebt. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass in der Regel fünf Faktoren ausschlaggebend für die Entwicklung von Unternehmensanleihen sind: die Geldpolitik, die Bewertung der Papiere am Kapitalmarkt, das Konjunkturumfeld, die Unternehmensdaten und die Volatilität am Kapitalmarkt. In der Vergangenheit endeten die Rallys bei Unternehmensanleihen immer dann, wenn die Ampeln bei mindestens drei dieser Faktoren auf Rot standen.
Fundamentaldaten der
Unternehmen trüben sich ein
Derzeit verfolgen die Zentralbanken noch immer eine expansive Geldpolitik, aus der eine reichlich vorhandene Liquidität folgt. Investoren wollen dieses Geld mehren, daher legen sie es am Kapitalmarkt an und stützen damit die Kurse. Alarmierend wäre ein Umschwung hin zu einer straffen Geldpolitik mit abnehmender Liquidität. Aber von dieser Seite sind noch keine deutlich negativen Effekte zu erwarten, wenngleich die Notenbanken in den USA und Großbritannien eine straffere Gangart angedeutet haben. Denn die Risikoaufschläge bei Anleihen sind der Geldpolitik bislang um zwei bis vier Jahre hinterhergelaufen.
Die derzeitigen Bewertungen von Unternehmensanleihen sind da schon kritischer zu betrachten. Befürchtungen einer Spekulationsblase sind zwar noch unangebracht, da die Bewertungen noch nicht überzogen sind. Wir gehen aber davon aus - auch unter den Vorzeichen der oben beschriebenen Geldpolitik - dass die Bewertungen weiter steigen werden. Im Zuge der anhaltenden Rally haben sich die Risikoaufschläge bei Unternehmensanleihen vom fünffachen historischen Durchschnitt auf einen Wert im langfristigen Durchschnitt verringert. Innerhalb der nächsten zwölf Monate könnten sie sich kurzfristig um weitere 30 bis 50 Basispunkte verringern und die Kurse entsprechend steigen.
Auch das Konjunkturumfeld dürfte sich in den kommenden Jahren verschlechtern. Derzeit ist es sehr kreditfreundlich. Denn ein geringes, stabiles Wachstum und eine geringe, stabile Inflation schaffen günstige Bedingungen für Kreditnehmer. Zu befürchten stehen zukünftig aber ein verlangsamtes oder sogar negatives Wirtschaftswachstum und eine beschleunigte Inflation. Dazu kommt die zukünftige Umkehrung beim Kreditwachstum im öffentlichen und privaten Sektor: Die öffentlichen Haushalte werden ihre Defizite verringern, Unternehmen und Privathaushalte werden die Kreditexpansion anführen. Auf Unternehmensseite wird sich dies in geringeren Margen niederschlagen.
Vor diesem Hintergrund dürften sich auch die Fundamentaldaten der Unternehmen eintrüben. Momentan befinden sich die Unternehmen insgesamt betrachtet in der Mittel- bis Spätphase der Expansion: Typisch dafür ist, dass die Unternehmensverschuldung zunimmt, was Aktionäre begünstigt. Auf die Phase der Expansion folgt die des Abschwungs. In dieser bremsen rückläufige Vermögenspreise typischerweise den geplanten Schuldenabbau, woraus eine Abwärtsphase am Markt für Unternehmensanleihen folgt.
Die Volatilität bietet bereits jetzt Anlass zur Sorge. Historisch betrachtet geht eine steigende Volatilität in der Regel mit steigenden Risikoaufschlägen bei Corporate Bonds einher, und im Gegenzug fallen die Kurse der Papiere. Beispielsweise haben Volatilität und Risikoaufschläge sich in der vorigen Krise versechsfacht. Momentan liegt die Volatilität extrem niedrig, die meisten entsprechenden Zahlen bewegen sich im unteren Zehntel der historisch erfassten Beobachtungen. Insofern kann die Volatilität nicht viel geringer ausfallen, sodass ein Anstieg kommen wird.
Beim Faktor Geldpolitik zeigt die Ampel also Grün, bei den Bewertungen, dem Konjunkturumfeld und den Fundamentaldaten Gelb. Wir gehen jedoch davon aus, dass diese Ampeln in den kommenden zwölf bis 24 Monaten auf Rot springen könnten. Besonderes Augenmerk sollten Anleger auf unerwartete Maßnahmen seitens der Notenbanken und Bewertungsveränderungen legen. Momentan leuchtet die Ampel lediglich beim Faktor Volatilität rot. Allerdings bereitet uns dieses Signal vergleichsweise geringe Sorgen. Denn die Volatilität kann über einen sehr langen Zeitraum niedrig bleiben.
Korrekturphase kann ein
bis drei Jahre lang dauern
Vor diesem Hintergrund sollten Anleger sich darauf einstellen, dass die Renditen der Papiere bereits kurzfristig abnehmen könnten. Denn die beschriebene Ausgangslage erlaubt einfach keine Renditen in der Höhe mehr, wie wir sie in den vergangenen fünf Jahren erlebt haben. Wie stark die anschließende Korrekturphase ausfallen könnte, zeigt ebenfalls ein Blick auf die Historie: Im Schnitt dauerten solche Phasen ein bis drei Jahre lang. In dieser Zeit haben Investment-Grade-Papiere durchschnittlich fünf Prozent an Wert verloren, bei Hochzinspapieren waren es 13 Prozent.
Angesichts dieser Aussichten sollten Anleger damit beginnen, ihre Positionen in Unternehmensanleihen zu reduzieren. Für einen kompletten Ausstieg aus diesen Papieren ist es unserer Meinung nach aber noch zu früh.
zur Person:
Werner Klitsch,
Head of Germany and
Austria bei
Threadneedle
Investments
Kolitsch ist bei Threadneedle Investments seit 2009 für den Vertrieb an Retail-Kunden und institutionelle Investoren in Deutschland und Österreich verantwortlich. Er arbeitet seit 2001 im Unternehmen, zuvor als Regional Sales Director für den deutschen und österreichischen Markt. Der gebürtige Österreicher verfügt über einen Master in Business Studies der Universität Graz und einen CEFA-Abschluss der Bankakademie Wien.
Threadneedle ist ein führender internationaler Investmentmanager, der aktuell ein Vermögen in Höhe von rund 116 Milliarden Euro für institutionelle und private Anleger in Publikums- und Spezialfonds verwaltet.
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