Die Hoffnung stirbt zuletzt
Südafrika hat zuletzt vor allem mit Hiobsbotschaften auf sich aufmerksam gemacht. Wenig Mut machen nicht nur das hohe Leistungsbilanzdefizit und die steigende Arbeitslosigkeit.
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Auch das Wirtschaftswachstum lässt für einen Schwellenstaat zu wünschen übrig. In US-Dollar denominierte Staatsanleihen aus Südafrika könnten sich für Anleger aber dennoch lohnen.
Rauf, runter, rauf – Anleger, die einen Teil ihrer Ersparnisse in Schwellenländeranleihen investiert haben, brauchten in den vergangenen Monaten gute Nerven. Nach kräftigen Kursgewinnen gerieten die Bonds im Frühjahr dieses Jahres mächtig unter Druck. Ein Grund: US-Notenbankchef Ben Bernanke kündigte an, noch im laufenden Jahr das US-Anleiheaufkaufprogramm in Höhe von monatlich 85 Milliarden US-Dollar zu drosseln. Im Nu kehrten Investoren den Emerging Markets den Rücken – zum einen aus Angst vor sinkender Liquidität und zum anderen wegen der Hoffnung auf eine Zinswende in den USA. So gab der Bloomberg Emerging Markets Sovereign Bond Index, der in US-Dollar denominierte Staatsanleihen der Schwellenländer abbildet, im Mai und Juni um rund 12 Prozent nach.
Südafrikanischer Rand unter Druck
Anleger, die Schwellenländeranleihen in Lokalwährung in ihrem Depot haben, mussten noch höhere Verluste verkraften. Schließlich gesellten sich zu den Kurs- auch noch Währungsverluste. So wertete etwa der südafrikanische Rand zum Euro seit Jahresbeginn um rund 17 Prozent ab.
Zwar hat sich die Lage in vielen Schwellenländern zuletzt wieder beruhigt, nachdem Fed-Chef Bernanke den Einstieg in den Ausstieg der ultralockeren Geldpolitik bis auf weiteres nach hinten verschoben hat. Auf der anderen Seite ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis die US-Notenbank den Fuß vom Gaspedal nimmt. Dann werden wohl erneut Schwellenländeranleihen und -währungen Federn lassen müssen – und zwar vor allem von Staaten, die vergleichsweise stark von ausländischen Zuflüssen abhängig sind. Dazu zählen beispielsweise die Türkei, Indonesien oder eben Südafrika.
Leistungsbilanzdefizit und...
„Südafrika hat eine sichtbar schlechtere externe Liquiditätsposition als beispielsweise Russland und bleibt daher anfälliger gegenüber einer Reduzierung der weltweiten Anlage-Liquidität“, meint auch Torsten Hähn, Rentenanalyst bei der WGZ Bank. Eine geringe externe Liquidität ist unter anderem das Ergebnis eines hohen Leistungsbilanzdefizits. Und: Da die jüngst veröffentlichten Zahlen zur Leistungsbilanz alles andere als erfreulich ausgefallen sind, bleiben die zuletzt ohnehin schwächelnden südafrikanische Rand-Anleihen für weitere Korrekturen anfällig. So lag der Fehlbetrag in der Leistungsbilanz im zweiten Quartal mit 6,5 Prozent deutlich über den Markterwartungen.
Aber nicht nur das hohe Leistungsbilanzdefizit Südafrikas bereitet Bauchschmerzen. Auch die Entwicklung der Staatsverschuldung, die von 28 Prozent des BIP in 2007 auf rund 42 Prozent der Wirtschaftskraft angestiegen ist, macht wenig Mut, wenngleich das Gros der westlichen Industrienationen von solch einem Verschuldungsgrad nur träumen kann.
... hohe Arbeitslosigkeit bereiten Bauchschmerzen
Erschwerend kommt hinzu, dass die anhaltenden Streiks im Automobil- und Bergbausektor Unternehmen und internationale Investoren auf eine Geduldsprobe stellen. Im August haben etwa 30.000 Arbeiter im Automobilsektor ihre Arbeit niedergelegt. Eine Folge: BMW hat angekündigt, von den geplanten Investitionen im bestehenden Werk in Rosslyn abzurücken, während der japanische Autobauer Nissan laut Berichten in der südafrikanischen Presse möglicherweise nun doch keinen Standort in Südafrika eröffnen möchte – und stattdessen auf Nigeria schielt.
Nicht auszuschließen, dass sich daher die ohnehin schon dramatische Lage auf dem Arbeitsmarkt zumindest kurzfristig noch weiter verschärfen könnte. Offiziell liegt die Arbeitslosenquote bei 25 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei 50 Prozent.
Wo viel Schatten fällt, scheint auch die Sonne
Trotz der zuletzt zahlreichen Negativnachrichten - das Land am Kap ist nach wie vor Vorbild für viele andere afrikanische Staaten. So ist nicht nur der Dienstleistungs-, Industrie- und Bergbausektors vergleichsweise gut aufgestellt. Auch die für afrikanische Verhältnisse hohe Rechtssicherheit und gute Zahlungsmoral des Landes überzeugt viele Investoren und Unternehmen. Die vergleichsweise liquide Börse und der hoch entwickelte Kapitalmarkt tragen ebenfalls zu dem guten Ruf bei.
Erfreulich ist zudem, „dass die Regierung die „Warnschüsse“ aus der trüberen Datenlage der letzten Quartale verarbeitet und entsprechende Reaktionen gezeigt hat“, so Experte Hähn. So ist etwa eine Verstaatlichung des Minensektors vom Tisch. Zudem ist der Nationale Entwicklungsplan auf den Weg gebracht worden, der die langfristigen Entwicklungsziele für das Land beinhaltet, wobei vor allem dringend erforderliche Investitionen in die Infrastruktur angekurbelt werden sollen. Im Mittelpunkt stehen dabei zum einen Investitionen in die Straßen-, Schienen- und Hafennetze, und zum anderen soll der Anteil an erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 auf 9 Prozent des gesamten Bedarfs ausgebaut werden. Im vergangenen Jahr hat die Regierung dafür bereits rund 5,5 Milliarden US-Dollar bereitgestellt.
Sollten die im Nationalen Entwicklungsplan definierten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, dann könnte das Land am Kap nicht nur weiterhin als Vorbild für zahlreiche andere Staaten des südlichen Kontinents dienen. Auch der zuletzt schwächelnde Wirtschaftsmotor könnte seine Drehzahl wieder erhöhen. Einen Funken Hoffnung versprüht bereits der aktuelle Jahresbericht des African Economic Outlook. Demnach wird die südafrikanische Wirtschaft nach prognostizierten 2,8 Prozent in 2013 im kommenden Jahr um 3,5 Prozent zulegen.
Südafrikanische Dollar-Anleihen sind eine Überlegung wert
Was die Entwicklung der Staatsverschuldung angeht, hat sich die Regierung ebenfalls hehre Ziele auf ihre Fahne geschrieben. So sollen die Verbindlichkeiten im Fiskaljahr 2015/16 nur noch rund 40 Prozent des BIP betragen. Gelingt es Südafrika zumindest einen Teil der Vorhaben umzusetzen, könnte auch das zuletzt schwindende Vertrauen der Investoren zurückkehren. Davon könnten auch risikofreudige Privatanleger profitieren; beispielsweise mit der in US-Dollar laufenden südafrikanischen Staatsanleihe mit Fälligkeit 23. Juni 2017. Bei einem Kupon von 8,5 Prozent p.a. und einem aktuellen Kurs von rund 120 lockt das Papier (ISIN: US836205AD62) mit einer jährlichen Rendite von 2,8 Prozent. Gegenüber einer Bundesanleihe mit vergleichbarer Laufzeit ist das ein Renditeplus von knapp 2,5 Prozentpunkten. Einen Kauf südafrikanischer Rand-Anleihen sollten sich Anleger aufgrund der möglicherweise anhaltenden Anfälligkeit der Währung allerdings zweimal überlegen.
Franz von den Driesch ist Chefredakteur der Webmagazine AnleihenMonitor, Ruhestandsmonitor und econoafrica. Die Portale sind redaktionell unabhängig und werden von Wirtschaftsjournalisten mit langjähriger Berufserfahrung betreut. Für die monatlich kostenlosen Newsletter der Webmagazine können sich Anleger auf www.anleihenmonitor.de, www.ruhestandsmonitor.de und www.econoafrica.de anmelden.
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