Schwellenländeranleihen: Widerstandsfähigkeit in unsicheren Zeiten

18.03.25 08:23 Uhr

Stärkere Funda­mental­daten und saubere technische Daten begünstigten Schwellen­länder­anleihen, die trotz der erhöhten Unsicherheit im Welthandel bemerkens­wert robust geblieben sind.

Hartwährungsanleihen

Schwellenländeranleihen erwiesen sich im letzten Quartal als wider­stands­fähig und übertrafen in den ersten beiden Monaten des Jahres die globalen Aktien­märkte. Trotz der zunehmenden handels­politischen Unwägbarkeiten haben sich die Renditeaufschläge der Schwellenländer in den letzten drei Monaten weiter verengt. Dies hat Fragen über eine mögliche Sorglosigkeit an den Märkten aufgeworfen. Wir sind allerdings der Ansicht, dass diese Bedenken eher den Finanzmärkten im Allgemeinen als den Schwellenländeranleihen im Besonderen gelten. Wir konnten keine Übertreibungen bei Schwellenländeranleihen feststellen: Seit drei Jahren in Folge verzeichnet diese Anlageklasse Mittelabflüsse, die auch 2025 noch anhalten, sich allerdings verlangsamen. 

Im Gegensatz zum Beginn des Jahres 2018 – nach einem Jahr mit beispiellosen Mittelzuflüssen – ist keine Verengung zwischen den Renditeaufschlägen von Schwellenländeranleihen und US-Hochzinsanleihen erkennbar. Wir sind vielmehr der Ansicht, dass die Renditeaufschläge in den Schwellenländern weiterhin ein attraktives relatives Wertpotenzial darstellen, auch wenn sie nach wie vor unter ihrem historischen Durchschnitt liegen. Darüber hinaus beobachten wir aus fundamentaler Sicht weiterhin einen Trend zu verbesserten Ratings. Die Tatsache, dass fast alle Emittenten von Hochzinsanleihen wieder Marktzugang haben, reduziert die Refinanzierungsrisiken trotz der weiterhin hohen Renditeniveaus erheblich.

Schwellenländer und Trumps Zölle: Risiko oder Diversifikationschance?

Angesichts der Flut von Zolldrohungen seitens Präsident Trump fragt sich so mancher Anleger, ob es ein guter Zeitpunkt ist, in Schwellenländer zu investieren, die von Zöllen oder Sanktionen betroffen sein könnten. Industrieländer sind jedoch gleichermaßen anfällig. Die Rede von Vizepräsident J.D. Vance in München und Trumps erstes Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj lassen befürchten, dass die neue US-Regierung womöglich nicht die freundlichsten Beziehungen zu Europa unterhalten wird. Darüber hinaus dürften Hartwährungsanleihen mit über 70 investierbaren Ländern und relativ moderaten Konzentrationen unseres Erachtens genau die Art von Diversifizierung bieten, die Anleger angesichts der Unberechenbarkeit von Trumps Handelspolitik derzeit brauchen. 

Trotz der Unwägbarkeiten im Hinblick auf Trumps Zölle können wir durchaus Einblicke in die möglichen Auswirkungen auf die Schwellenländer geben. Unserer Ansicht nach unterscheidet sich Trumps Handelskrieg mit China grundlegend von dem gegen andere Länder. Beide Seiten des politischen Spektrums in den USA sehen China als langfristigen Gegenspieler. Wir sind daher der Ansicht, dass die beiden Zollrunden mit jeweils 10 Prozent zusätzlichen Zöllen auf chinesische Importe Bestand haben dürften und möglicherweise noch weitere Zölle hinzukommen. Im Gegensatz dazu stellen die angedrohten Zölle gegen andere Nationen für uns in erster Linie Verhandlungsinstrumente dar. Zwar könnten einige dieser Zölle durchaus eingeführt werden, allerdings dürften sie kaum von Dauer sein.

Alpha-Chance mit Relative-Value in unsicheren Zeiten

In Zeiten erhöhter Volatilität bieten sich zahlreiche Relative-Value-Chancen, die zusätzliche Quellen für die Alpha-Generierung schaffen. So hat Israels Dominanz im Nahen Osten zu einem Regierungswechsel im Libanon beigetragen, wo der Einfluss der Hisbollah geschwunden ist, was nach einem zweijährigen politischen Patt zur Bildung einer neuen Regierung führte. Die Märkte reagierten positiv auf die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Umschuldung der aktuell von Zahlungsausfällen betroffenen libanesischen Anleihen. Diese Anleihen waren zuletzt die Staatsanleihen mit der besten Performance: Seit Jahresbeginn legten sie um über 40 Prozent zu und in den letzten sechs Monaten um fast 200 Prozent auf etwa 19 USD-Cent. Die Umschuldung wird jedoch ein komplexes und langwieriges Unterfangen. Aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Fundamentaldaten des Landes dürfte ein ungewöhnlich hoher Haircut erforderlich sein. 

Auch in anderen Regionen hat die Volatilität zugenommen, wobei ukrainische Anleihen in den letzten sechs Monaten am besten abschnitten, dann allerdings nach der Pressekonferenz mit Trump und Selenskyj deutlich nachgaben. Argentinien war 2024 noch unter den beiden Top-Performern, ist aber im Februar auf den zweitletzten Platz abgerutscht, obwohl die Aussichten verhältnismäßig optimistisch bleiben. 

Mit einer Rendite von fast 8 Prozent im Index für Hartwährungs-Staatsanleihen (EMBIG Diversified) und fast 7 Prozent in dessen Pendant für Unternehmensanleihen (CEMBI Broad Diversified) bietet diese Anlageklasse ein beträchtliches Carry-Polster, das sie vor Szenarien schützt, in denen sich aufgrund einer erhöhten Risikoscheu die Renditeaufschläge überraschend ausweiten. 

Darüber hinaus lassen die sauberen technischen Daten nach drei Jahren der Mittelabflüsse sowie eine vorteilhafte Ausweitung der Renditeaufschläge gegenüber US-Hochzinsanleihen (und ein durchschnittliches Rating von BBB-) diese Anlageklasse gemessen an den relativen Bewertungen attraktiv erscheinen, auch wenn die Renditeaufschläge auf absoluter Basis nicht mehr so attraktiv sind.

EM-Lokalwährungsanleihen 

Lokalwährungsanleihen starteten stark in das neue Jahr: Der Government Bond Index – Emerging Markets erzielte in den ersten beiden Monaten eine Gesamtrendite von 2,7 Prozent. Im vergangenen Jahr stellten wir fest, dass der Ausblick für Lokalwährungsanleihen zwiegespalten war: Die Anlageklasse könnte in Abhängigkeit von der Handelspolitik Donald Trumps im Jahr 2025 entweder die beste oder die schlechteste Performance unter den Schwellenländeranleihen erzielen. Die geplanten Maßnahmen – höhere Einfuhrzölle und niedrigere Steuern – bringen im Allgemeinen eine Aufwertung des US-Dollars mit sich. So stieg der US-Dollar im vierten Quartal 2024 im Vorfeld der Wahl und nach Trumps Wahlsieg bereits um 7,7 Prozent. In diesem Jahr hat der US-Dollar jedoch an Wert verloren (−0,8 Prozent in den ersten beiden Monaten des Jahres), da der Markt davon ausgeht, dass Trump handelspolitisch zwar bellt, aber wohl kaum beißen wird. Zudem deuten erste Anzeichen auf eine Abschwächung der US-Wirtschaft hin, nachdem die Detailhandelsumsätze und die Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor unerwartet schwach tendierten.

Ein globaler Handelskrieg, der weniger hart geführt wird als erwartet, könnte den Dollar zusätzlich schwächen und die Lokalwährungsrenditen in Schwellenländern auf hohe zweistellige Werte ansteigen lassen, ähnlich wie 2017 (Grafik 1). Wir bezweifeln allerdings, dass dies reibungslos vonstattengehen wird. Unserer Einschätzung nach werden nur die Zölle auf chinesische Waren von Dauer sein. Gegen andere Länder könnten aber vorübergehend ebenfalls Zölle erhoben werden, um Trump eine stärkere Verhandlungsposition zu verschaffen als bei einer bloßen Androhung von Zöllen. Dies hätte eine hohe Volatilität zur Folge. Aus diesem Grund bleiben wir mit Ausnahme des brasilianischen Real (BRL) bei lokalen Währungen mit hohem Beta vorsichtig. Aktuell sehen wir ein günstigeres Risiko-Rendite-Profil in einzelnen Ländern mit hohem Carry, aber niedrigem Beta, wie etwa der Türkei und ausgewählten Frontier-Märkten, da diese weniger von der unvorhersehbaren US-Handelspolitik betroffen sein dürften. 

Grafik 2 zeigt, dass Lokalwährungsanleihen (GBI-EM Index) 2017 in USD um über 15 Prozent gestiegen sind – in einem Jahr, in dem Trump keine nennenswerten markt negativen Maßnahmen ergriff. 2018, mit Beginn des Handelskrieges, brach die Anlageklasse dann um mehr als 6 Prozent ein. Bemerkenswert ist, dass Anleger mit Euro-Basis in dieser Anlageklasse in Jahren mit starkem US-Dollar (und schwächerem Euro) bessere Ergebnisse erzielt haben (als Anleger mit USD-Basis) und in Jahren mit schwächerem US-Dollar (in denen in der Regel der Euro steigt) schwächere Ergebnisse (in EUR).

Schwellenländerwährungen 2025: Comeback oder fortgesetzte Unsicherheit?

Nach negativen Gesamtrenditen und sehr starken Währungsabwertungen im Jahr 2024 sind die Bewertungen von Schwellenländerwährungen mittlerweile recht attraktiv, insbesondere die am stärksten betroffenen Währungen des Jahres 2024, wie der brasilianische Real, der im vergangenen Jahr -21,4 Prozent einbüßte. Brasilien steckt noch immer in einer Fiskalkrise, da die Regierung nach wie vor ein Drittel ihrer Einnahmen für Zinszahlungen auf ihre Schulden aufwendet. Dennoch haben sich brasilianische Vermögenswerte erholt und sind in den ersten beiden Monaten dieses Jahres um 9.3 Prozent gestiegen. Diese Abschwächung des Marktpessimismus ist nicht der Annahme geschuldet, dass die Regierung Lula die öffentlichen Finanzen sanieren wird, sondern vielmehr der Hoffnung, dass eine neue Regierung dies nach den Wahlen 2026 tun wird und das Land bis dahin irgendwie durchkommt. Lulas Zustimmungswerte sind in der letzten Datafolha-Umfrage deutlich gesunken. Der BRL ist nach wie vor schwach und bietet sehr hohe reale und nominale Zinssätze (>13 Prozent bzw. rund 8 Prozent). Wir sind daher der Ansicht, dass die brasilianische Währung trotz ihres hohen Beta-Status selbst in einem negativen globalen Szenario im Jahr 2025 nicht erneut ins Hintertreffen geraten wird. 

Die Ungewissheit, ob dies 2025 die beste oder die schlechteste Fixed-Income-Anlageklasse in den Schwellenländern sein wird, bleibt bestehen, solange in Bezug auf Trumps Handelspolitik keine Klarheit herrscht. Derzeit bewertet der Markt diese als die beste Option, aber wir sehen hier vorerst noch keinen Selbstläufer.

www.fixed-income.org