Name ist nicht alles
Ein Kollege und Daueroptimist hatte drei Dinge, die er immer wieder mantraartig wiederholte. Das wird ein spannendes Jahr, ich habe ein gutes Gefühl und das sind super Typen, mit denen wir zusammenarbeiten.
Schauen wir uns die „Jahresendrally“ für KMU-Anleihen an. Hier hat der Kollege Recht: „spannend“. Selbst ins Handelsblatt brachte es eine Anleihe, die eher bittere Schokolade war. „Gubor lockt mit acht Prozent Zinsen. Europas Marktführer für Weihnachtsmänner und Osterhasen aus Schokolade begibt erstmals eine Anleihe. Nach harten Einschnitten will das Familienunternehmen Gubor im Ausland wachsen.“
Es wird suggeriert, dass Gubor mit dem Geld der Investoren im Ausland wachsen möchte. Nach harten Einschnitten. Im Interview mit dem Medium Anleihen-Finder klingt es eigentlich ganz anders. Der CFO: „Mit dem Emissionserlös wollen wir eine bestehende Bankfinanzierung reduzieren sowie zukünftig die Sockelfinanzierung durch die Anleihemittel abdecken. Nur noch die Saison-Spitzenfinanzierung soll durch Banken dargestellt werden. Sie müssen wissen, dass unser Geschäft stark durch Vorfinanzierungen geprägt ist und wir bereits heute mit den Vorbestellungen und der Produktion für das Ostergeschäft 2025 beginnen.“ Also kein Wachstum mehr im Ausland, sondern die Auslösung von Bankkrediten. Kein gutes Gefühl.
Dann sehen wir uns mal den Prospekt und den angehängten Konzernbericht des Wirtschaftsprüfers an. Der wird uns doch wohl Aufschluss geben. Stark verklausuliert, weil Bericht eines Wirtschaftsprüfers: „Wir verweisen auf Angaben (…), dass die Fortführung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft und des Konzerns von der Umsetzung einer über den 30.04.2024 hinausgehenden Finanzierung abhängig ist.“ Oder: Das Unternehmen geht aus heutiger Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Finanzierung über das Geschäftsjahr 2023/2024 hinaus gesichert werden kann.“ Also nicht verklausuliert: Wenn die Anleihe Minimum von 50 Mio. Euro durchgeht, dann hat das Unternehmen eine Chance zu überleben. Man bietet für dieses nicht unerhebliche Risiko 8% Zinsen. Da hat noch nicht mal der Privatanleger zugeschlagen. Die Anleihe wurde abgesagt. Bittere Schokolade. Die anfallenden Kosten für Berater und Anwälte bezüglich der KMU-Anleihe sind nirgendwo berechnet oder aufgeführt.
Wenn der Bericht des Wirtschaftsprüfers richtig ist, dann steht wohl die nächste Insolvenz eines renommierten Unternehmens in Deutschland vor der Türe.
Investoren-Transparenz sieht anders aus. Einen komplett anderen Weg geht eine zumindest bei Insidern ebenfalls bekannte Marke Sanha. Das Unternehmen hat seine erste Anleihe im Jahr 2013 begeben und geriet spätestens im Jahr 2017 in ein gefährliches Fahrwasser. Statt davor die Augen zu verschließen, wurde eine – mit allem Risiko – transparente Kommunikation eingeleitet. Regelmäßige Newsletter, die Interessierte über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens informieren. Selbstverständlich ist seitdem auch nicht alles Gold, was glänzt – aber Investoren sind informiert und stehen nicht vor einer Black-Box. Gerade hat Sanha eine neue Anleihe, die bis 2029 läuft, platziert. Bis zu 30 Mio. Euro waren angestrebt, fast die Hälfte des Volumens wurde gezeichnet. In diesen unsicheren Zeiten, in denen, jeder versucht sein Geld zusammen zu halten, gar nicht mal so schlecht.
Erfolgreich ist die Anleihe der „The Platform Group“. Die in diesem Jahr platzierte vierjährige Anleihe hat ein Volumen von 30 Mio. Euro. Jetzt möchte man nochmals aufstocken. Der Markt scheint mitzugehen und zeigt deutliches Interesse. Das Geschäftsmodell des Unternehmens überzeugt wohl. Der Kupon ist höher als bei Gubor. Nicht zu unterschätzen: Der CEO ist in der Lage sein Unternehmen punktgenau und transparent vorzustellen. Etwas, was die Investoren honorieren.
Zusammenfassend: Aus unserer Sicht gibt es am Markt für KMU-Anleihen keine Jahresendrally. Kleinteilig gibt es aber sehr viele interessante Momente, die beachtenswert sind.
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Foto: Kai Jordan © mwb Wertpapierhandelsbank AG