Euro am Sonntag-Interview

Zinsexperte Geiger: "Die EZB kauft den Markt leer"

17.10.15 13:00 Uhr

Zinsexperte Geiger: "Die EZB kauft den Markt leer" | finanzen.net

Ralph Geiger, der Credit-Suisse-Rentenexperte, über Gefahren an den ­Anleihemärkten - und wie der CS Absolute Return Bond Fund darauf reagiert.

von Alexander Sturm, Euro am Sonntag

€uro am Sonntag: Herr ­Geiger, die Rentenmärkte schwankten jüngst stark. Wie sicher sind Anleihen noch?
Ralph Geiger:
Noch 2012 konn­ten Renteninvestoren vier Prozent Rendite erzielen, wenn sie Unternehmensanleihen hoher Qualität kauften und bis zur Fälligkeit hielten. Heute müssen sie dafür über 60 Prozent ihres Portfolios in High Yields, Papiere mit niedrigem Rating, investieren. Die Nullzinspolitik der Notenbanken drängt Investoren in riskante Anleihen und längere Laufzeiten. Zudem birgt der große Einfluss der Notenbanken neue Risiken.

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Welche meinen Sie?
Notenbanken sind zu den größten Treibern der Märkte geworden. Sie sind der zentrale Einflussfaktor für alle Anlageklassen und sorgen dafür, dass alle stark miteinander korrelieren. Solide Staatsanleihen federn Kursverluste von riskanten Anleihen oft nicht ab. Auch sind die Schwankungen an den Rentenmärkten gestiegen, und damit die maximalen Kurseinbrüche.
Welche Rolle spielen die ­Anleihekäufe der EZB?
Wegen der Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank ist die Liquidität bei einigen Bonds deutlich gesunken. Die EZB kauft praktisch den Markt leer. Zudem halten Banken weniger Anleihen in ihren Bilanzen, weil die Regulierung dies teurer gemacht hat. So können sie den Markt weniger stützen, wenn es zu großen Verkäufen kommt.

Wie lautet die Schlussfolgerung für Ihren Fonds?
Das neue Umfeld mit fast null Rendite, geringer Liquidität und hohen Korrelationen unter den Anlageklassen fordert neue Lösungen. Im Fonds legen wir fast 90 Prozent des Kapitals in soliden US-Anleihen mit maximal drei Jahren Laufzeit an. Sie sind liquide, bergen weniger Risiko und hängen weniger von anderen Anlageklassen ab.
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Dafür werfen sie kaum Zins ab.
Die Rendite liegt etwa bei 0,5 Prozent. Um die Erträge zu steigern, legen wir den Rest des Kapitals mehrheitlich in Trendfolgestrategien an. Über Derivate investieren wir in Anleihen, Zinsen und Währungen. So setzen wir auf die Entwicklung von Zinsen oder darauf, dass sich manche Währungen oder Renten besser entwickeln als andere. Etwa dass der Dollar zum brasilianischen Real aufwertet oder dass Industrieländeranleihen besser abschneiden als Schwellenländerbonds. Diese Strategien sind kaum korreliert, zudem achten wir auf Liquidität.

Wie viel Rendite können ­Anleger am Ende erwarten?
Wir streben über einen Zyklus von vier bis fünf Jahren eine jährliche Rendite von vier Prozent netto über dem Geldmarktzins an. Die angestrebte jähr­liche Volatilität liegt zwischen vier und sechs Prozent.
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Der Fonds ist noch jung. Wie hat er sich bislang bewährt?
Fast ein Jahr nach dem Start ist der Fonds über drei Prozent im Plus. Ziel bleibt es, in jeder Markt­phase zu verdienen.

zur Person:

Zinsspezialist
Ralph Geiger berät Großkunden bei Zins­anlagen. Nach dem Wirtschafts­studium in St. Gallen ­arbeitete er für Merrill Lynch und eine Schweizer Privatbank. 2011 kam Geiger zu Credit Suisse. Er hat 28 Jahre ­Erfahrung an den ­Finanzmärkten.

Bildquellen: Credit Suisse Group AG, Daniel Roland/AFP/Getty Images