Emerging Markets-Bonds

Auf der Suche nach Schwellenländer-Bonds

10.04.13 16:00 Uhr

Großinvestoren treiben die Kurse der Anleihen nach oben. Die Luft wird eindeutig dünner. Wo Anleger noch Chancen finden.

von Andrea Martens, Euro am Sonntag

Welche Landesflagge man optisch anziehend findet, ist reine Geschmacksache. Der eine bevorzugt den Union Jack, der andere den türkischen Halbmond. Wenn es um Gewinne mit Anleihen geht, gibt es dagegen kaum Unterschiede. Diese wünscht sich jeder Anleger gleichermaßen möglichst hoch und stabil zugleich.

Wer 2012 auf Staats- und Unternehmensanleihen aus Schwellenländern — die Emerging Markets Bonds (EM-Bonds) — setzte, konnte genau solche Renditen erzielen. Alle drei verfügbaren Anlageklassen der EM-Anleihen verzeichneten im vergangenen Jahr positive Renditen.

Der Index der Investmentbank JP Morgan für Staats- und Unternehmensanleihen von Schwellenländern, die in US-Dollar emittiert werden, stieg um über 15 Prozent. Anleihen, die in Euro notieren, legten gar um über 18 Prozent zu. Der Index für Staatsanleihen in lokalen Währungen wie Brasilianischem Real oder Philippinischem Peso brachte es auf 16,6 Prozent. Und auch im ersten Quartal dieses Jahres stiegen die Kurse weiter.

Auf der Suche nach Rendite
Die Gründe für die zweistelligen Erträge von Schwellenländerbonds liegen auf der Hand. Angesichts des dauerhaft niedrigen Zinsniveaus in den Industrieländern sowie der noch nicht überwundenen Folgen der EU-Schuldenkrise mangelt es Großinvestoren wie Versicherungen und Pensionskassen derzeit an attraktiven Anlagemöglichkeiten in den angestammten Regionen.

Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken lässt keine Renditen zu, mit denen die Versprechen an zukünftige Rentner und Versicherte eingelöst werden können. Daher macht sich das große Geld verstärkt in den Emerging Markets auf die Suche nach dem Renditekick.

Zudem lassen die wirtschaftlichen Fundamentaldaten vieler Schwellen­länder sowie eine steigende Kreditqualität auf steigende Sicherheit der einstigen Anlageklasse für Zocker hoffen. So sorgt eine stärker werdende Mittelschicht mit steigendem Einkommen in Staaten wie Brasilien oder Indien für ein schnelleres Wachstum der Inlandsnachfrage und damit für mehr Steuereinnahmen. Dabei handelt es sich nach ­Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) um einen Trend, der über mehrere Jahre stabil bleiben dürfte. Ein weiterer Abbau der Staatsverschuldung gilt damit als wahrscheinlich.

Im Schnitt weisen die Schwellenländer nach IWF-Angaben nur ein Drittel der Verschuldung der Industrieländer auf. Einer der Gründe hierfür ist, dass Emerging-Markets-Staaten im Vergleich zu den west­lichen Nationen von der internationalen Finanzkrise wenig betroffen waren.

Vielen aufstrebenden Staaten ist es zudem gelungen, stärker über Exporte zu wachsen und von festen zu variablen Wechselkursen überzu­gehen. Damit bauen sie zunehmend Devisenreserven auf, was wiederum ihrer Währung zu Aufwertungen verhilft. Zudem hat eine breite Übernahme internationaler Rechnungslegungsstandards zu mehr Trans­parenz bei Unternehmensanleihen geführt.

Angesichts dieser Fakten erstaunt es nicht, dass sich die Kreditwürdigkeit von Schwellenländerbonds der von Industrieländern immer mehr angleicht. „Gemessen an der Marktkapitalisierung besitzen bereits drei Viertel der Werte im Index für EM-Hartwährungsanleihen Investment-Grade“, sagt Michael Mewes, Leiter des Anleiheteams bei JP Morgan Asset Management. Das Prädikat Investment-Grade ist eine wichtige Schwelle. Viele institutionelle An­leger können zwar weltweit inves­tieren, tun dies aber erst, wenn das ­Rating mindestens bei Investment-Grade liegt.

Bei den Staatsbonds in Lokalwährungen haben sogar schon 83 Prozent aller Anleihen diese Schwelle überschritten. Aktuell hat die Ra­ting­agentur Fitch philippinische Staatsanleihen dank des überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums auf „Investment-Grade“, also gute Kreditwürdigkeit, hochgestuft.

Wer dem philippinischen Staat für zehn Jahre Euro leiht, der bekommt eine Rendite von etwas über drei Prozent. Das ist zwar doppelt so viel, wie deutsche Staatsanleihen bringen (1,6 Prozent), in Anbetracht des Risikos aber dennoch zu wenig.

Die positive Entwicklung in Ländern wie den Philippinen hat die Nachfrage — vor allem nach EM-Bonds, die auf die Hartwährungen Euro und US-Dollar lauten — stark anziehen lassen. Dies hat die Kurse mittlerweile auf ein Niveau getrieben, das kein gutes Verhältnis von Chance und Risiko mehr bietet.

Risiko Überhitzung
Anleger, die an einen weiteren Geldstrom der Großinvestoren in die Schwellenländer glauben, sollten sich auf die risikoreicheren Segmente Lokalwährungen und Unternehmensanleihen konzentrieren. Wenn die Dickschiffe die nächste ­Risikostufe nehmen, um die nötigen Renditen zu erzielen, werden diese Anlageklassen profitieren.

Doch die Abhängigkeit von diesen Kapitalströmen ist mittlerweile ein Risiko für die gesamte Anlageklasse EM-Bonds. Etliche Experten sehen bereits eine Überhitzung in einigen Märkten wie Hongkong oder Brasilien. Gefährdet sind Anleihen in Dollar, in die sehr viel Geld aus den USA geflossen ist. Sollten die Zinsen dort wieder steigen und attraktivere Renditen bieten, könnte das Kapital auch schnell wieder in die Heimat geholt werden. Eine Kapitalflucht aus den Emerging Markets würde aber zur Abwertung lokaler Währungen und einem erhöhten Inflationsdruck führen. „Dies würde letztendlich auch die Fähigkeit der Emittenten zur Rückzahlung der Bonds in harten Währungen beeinträchtigen“, sagt Mike Riddell, Fondsma­nager des M & G Emerging Markets Bond Fund.

Außerdem muss die ökonomische Erfolgsgeschichte der Schwellenländer nicht ewig weitergehen. So sehen einige Experten beispielsweise die Lage in China heute nüchtern. „Ich glaube kaum, dass China in den kommenden zehn Jahren um mehr als vier bis fünf Prozent jährlich wachsen wird“, meint Riddell. Eine Verlangsamung des chinesischen Wachstums hätte aber nicht nur Auswirkungen auf chinesische Staatsanleihen — auch die Bonds von Staaten wie Brasilien, die Rohstoffe ins Reich der Mitte exportieren, könnten unter Druck geraten und die Fahnen dann am Zuckerhut auf Halbmast sinken lassen. 

Investor-Info

Gefragte Anleihen
Dekade des Booms

In den vergangenen zehn Jahren ist der Markt für Schwellenländeranleihen regelrecht explodiert. Das Angebot und die Nachfrage von Emerging-MarketsAnleihen in Fremd- oder in Lokalwährung hat sich in diesem Zeitraum mehr als vervierfacht.

BNP Bond World Em. Local
Volles Währungsrisiko

Alex Johnson kauft mit dem BNP Paribas L1 Bond World Emerging Local C Anleihen von Schwellenländern, die in Lokalwährungen notieren. Sowohl die lokale Zinsentwicklung als auch die Auf- oder Abwertung der Schwellenmarktwährungen tragen zur Rendite bei. Deshalb ist der Fonds volatiler und ­riskanter als andere: Die politische und wirtschaft­liche Situation der Schwellenländermärkte sorgt mitunter für heftige Schwankungen.

Mainfirst EM. Corp. Bond Bal.
Breite Mischung

Thomas Rutz, Cornel Bruhin und Dorothea Fröhlich investieren in ein diversifiziertes Portfolio von Schwellenländeranleihen. Der Fokus liegt dabei auf Unternehmensbonds, aber auch von Staaten und staatsnahen Institutionen begebene Wertpapiere kommen infrage. Der im vergangenen Herbst aufgelegte Fonds strebt eine breite Mischung über alle Regionen, Sektoren, Laufzeiten und Ratings an, um eine positive Wertentwicklung zu erzielen.

Templeton Gl. Bond Fund
Flexible Wege

Der milliardenschwere Fonds unter der Führung von Michael Hasenstab investiert in Staats- und Unternehmensanleihen, die sein Team — und nicht etwa Rating­agenturen — als solide und aussichtsreich erachtet. Die zusätzliche Gewinnkomponente durch möglicherweise aufwertende Währungen gehört mit zum Konzept. Zurzeit setzt Hasenstab zum Beispiel stark auf Südkorea, Polen und Malaysia.