Breitere Wertpapierkäufe

EZB-Direktor Coeure weckt neue Hoffnung auf Staatsanleihenkäufe

17.12.14 16:17 Uhr

EZB-Direktor Coeure weckt neue Hoffnung auf Staatsanleihenkäufe | finanzen.net

EZB-Direktor Benoit Coeure sieht eine breite Mehrheit im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) für weitere geldpolitische Maßnahmen.

In einem Interview mit dem Wall Street Journal machte er deutlich, dass die Voraussetzungen für breitere Wertpapierkäufe im Prinzip vorliegen und die EZB dabei ist, ein Programm zur "quantitativen Lockerung" zu entwerfen. Dabei dürfte der Kauf von Staatsanleihen eine entscheidende Rolle spielen.

   "Ich sehe einen breiten Konsens im EZB-Rat, dass wir mehr tun müssen", sagte Coeure unter Verweis auf die Absicht der EZB, Inflation und Wachstum anzuheben. "Ob wir etwas tun sollten, ist nicht mehr so sehr die Frage, sondern eher, wie wir es am besten tun", fügte er hinzu. EZB-Präsident Mario Draghi hatte Anfang Dezember in seiner monatlichen Pressekonferenz gesagt, der EZB-Rat werde Anfang 2015 über die Notwendigkeit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik befinden. Die Leitzinsen hat die EZB bereits im September so weit gesenkt, dass zusätzlicher Spielraum kaum existiert.

   Ziel der EZB ist es jetzt, ihre Bilanz "in Richtung" der Größe von Anfang 2012 zu bringen. Das impliziert eine Bilanzvergrößerung um 1.000 Milliarden Euro. In den vergangenen sechs Wochen hat sie Covered Bonds und Kreditverbriefungen für gut 25 Milliarden Euro gekauft. Über zwei zielgerichtete Refinanzierungsgeschäfte mit rund vierjähriger Laufzeit konnte sie zudem rund 212 Milliarden ins Finanzsystem gegeben.

   Volkswirte gehen davon aus, dass diese Instrumente aber nicht ausreichen werden, um die Bilanz um 1.000 Milliarden Euro zu vergrößern. Benoit Coeure sagte dazu im WSJ-Interview: "Wenn wir mehr tun wollen, müssen wir uns offensichtlich Marktsegmenten zuwenden, wo es mehr Liquidität gibt, und darum ist der Staatsanleihemarkt eine Basisoption." Das heiße jedoch nicht, dass die EZB ausschließlich Staatsanleihen kaufen werde, fügte er hinzu.

   Auch EZB-Präsident Mario Draghi und Chefvolkswirt Peter Praet haben bereits angedeutet, dass sie einen Ankauf von Staatsanleihen befürworten würden. Sorge bereitet ihnen, dass sich die Inflation im Euroraum immer weiter vom Zielwert der EZB, knapp 2 Prozent, entfernt. Im November lag die Inflation nur noch bei 0,3 Prozent. Im Dezember könnte sie wegen des fallenden Ölpreises sogar negativ werden.

   Coeure verwies darauf, dass die großen Zentralbanken gegenwärtig unterschiedliche geldpolitische Pfade beschritten. Während die US-Notenbank und die Bank of England ihre Zinsen im nächsten Jahr anheben dürften, werde die EZB-Geldpolitik noch für einige Jahre locker blieben. "Die logische Marktwirkung" wäre eine weitere Anpassung des Euro-Kurses, sagte Coeure und setzte hinzu: "Ich erspare mir jetzt eine Prognose darüber, wie weit diese Anpassung gehen könnte oder sollte." Der Euro hatte im Sommer dieses Jahres bei 1,39 US-Dollar gelegen, gegenwärtig notiert er bei gut 1,24.

   Ob die EZB ein QE-Programm schon am 22. Januar oder erst am 9. März 2015 bekannt geben wird, dazu wollte sich Benoit Coeure nicht äußern. "Idealerweise würde man gerne abwarten, wie sich die niedrigeren Ölpreise auf die Kerninflation auswirken und welche Zweitrundeneffekte es geben wird, aber andererseits wollen wir nicht hinter die Kurve geraten oder zu spät handeln", sagte er.

   Sollte der EZB-Rat ein QE-Programm beschließen, so würde er das wahrscheinlich gegen den Widerstand eines seiner wichtigsten Mitglieder, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, tun. Weidmann lehnt den Ankauf von Staatsanleihen aus verschiedenen Gründen ab - vor allem deshalb, weil sie den Druck auf Regierungen verringern würden, ihre Volkswirtschaften zu reformieren und die Schulden zu senken.

   Benoit Coeure teilt diese Sorgen. "Ich stimme zu, dass sehr niedrige Staatsanleiherenditen die Anreize für eine gute Fiskalpolitik verringern", sagte er. Aber die Einhaltung von Haushaltsregeln müsse von der EU durchgesetzt werden. Die EZB ihrerseits habe "die moralische und gesetzliche Verpflichtung, ihr Mandat zu erfüllen".

   Dass QE-Pläne im EZB-Rat auf starken Widerstand stoßen könnten, glaubt Coeure nicht. Zu Begründung verwies der Franzose auf die Tatsache, dass das OMT-Programm mit nur einer Gegenstimme verabschiedet wurde. "Wir konnten (das OMT-Programm) richtig konstruieren, weil wir kritische Stimmen berücksichtigt haben, und so werden wir das auch dieses Mal tun", sagte er. Je mehr Ratsmitglieder dieses neue Instrument unterstützen, desto sicherer sei man, dass alle dafür und dagegen sprechenden Argumente berücksichtigt wurden.

   In Bezug auf die geplante Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen sagte der EZB-Direktor, diese würden die Diskussion wiedergeben, jedoch nicht die Meinung einzelner Ratsmitglieder. Ob das Stimmverhalten offen gelegt werden soll, ist laut Coeure noch nicht klar.

   DJG/hab/smh

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