Wann kommen die Eurobonds?
Noch vor Wochen hegte man die Hoffnung, dass höhere Brandmauern die Feuerteufel von der Sinnlosigkeit ihres Handelns überzeugen könnten.
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Nun ist allerdings allen Marktteilnehmern klar geworden, dass es eine Fehleinschätzung war. Der Wille war vorhanden, aber Geld alleine hat in dieser Branche keine abschreckende Wirkung mehr. Heute werden Fehlbeträge mit einer Vielzahl von Nullen ohne Zögern zur Normalität erklärt, die noch vor Jahren als unaussprechbar galten. Nun hat sich aber auch das politische Umfeld sehr stark gewandelt und es besteht die Gefahr, dass sich die Bürgerinnen und Bürger Eurolands wieder mehr ihren eigenen Problemen widmen und nicht für die Verfehlungen der anderen zahlen wollen. Die sich abzeichnenden politischen Änderungen in Euroland sind vielfältig und geben keinen stabilen Rahmen für die Finanzmärkte her. In den ursprünglich 17 Eurostaaten sind inzwischen sieben Regierungen an der Sparpolitik gescheitert und bangen um ihre politische Zukunft. Nach Irland, Portugal, Italien, Griechenland, Belgien und Spanien bereiten sich nun auch die Niederlande auf Neuwahlen vor. Mit den Niederlanden verliert die Fraktion der „Unbeugsamen“ einen wichtigen Verbündeten und im Hinblick auf die Wahl des französischen Präsidenten macht Euroland insbesondere diese fehlende politische Stabilität zu schaffen. Trotz der finanziellen Kraftakte ist man bei der Brandbekämpfung nicht viel weiter gekommen. Und auch der IWF kann nicht soviel Löschwasser herbeischaffen, wie notwendig wäre. Trotz der politischen Instabilität wird es in den nächsten Wochen erneut zu einer Diskussion über die Einführung von Eurobonds kommen. Im Vorfeld der anstehenden Fussball-Europameisterschaft und der Olympischen Sommerspiele ist der Zeitpunkt günstig, denn Europa steht im Fokus eines Wettkampfes und die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich während sportlichen Großereignissen viele politische Maßnahmen ohne nennenswerte Gegenwehr durchsetzen lassen. Schon im alten Rom ist nach diesem Motto "Spiele statt Brot" verfahren worden. Eurobonds werden zwar weiterhin kritisch gesehen, aber mittels kurzer und überschaubarer Laufzeiten wird meines Erachtens bereits bis zum Herbst ein erster Vorstoß gewagt werden. Im Zusammenspiel mit der Europäischen Zentralbank sind also kurzfristige gemeinsame Geldmarktpapiere nur noch eine Frage der Zeit.
Die Phalanx zerbricht
Scheitert der Euro?
Nur dreimal AAA ist zu wenig.
Nachdem die Haushaltsverhandlungen mit ihren Sparplänen in den Niederlanden gescheitert sind, ist die Regierungspartei unter Ministerpräsident Mark Rutte zurückgetreten. Nun dringt die niederländische Opposition nach dem Rücktritt auf ein Abrücken vom umstrittenen Sparkurs. Das von der EU vorgegebene Defizitziel von 3% des Bruttoinlandprodukts müsse nicht zwingend eingehalten werden, wenn die Wirtschaft sich in einer Ausnahmesituation befinde, ließ der Chef der Sozialdemokraten, Diederik Samsom, im Parlament verlauten. Damit scheint es trotz des Dementi von Moody’s nicht mehr lange zu dauern, bis Ratingagenturen die Niederlande aus der exklusiven Gruppe der AAA-Staaten verbannen. S&P hatte bereits im Januar ein mögliches Downgrade angekündigt, weil die Gefahr besteht, dass das Verhältnis von Schuldenstand und BIP im nächsten Jahr auf 73% ansteigen könnte. Für 2012 wird ein Wert von 65% erwartet. Sollte den Niederlanden das Triple-A-Rating entzogen werden, so wären lediglich noch Deutschland, Finnland und Luxemburg mit der Bestnote ausgestattet. Der Wertverlust des Euros wäre vorprogrammiert. Scheitert dann der Euro in letzter Konsequenz oder wird lediglich unsere Exportwirtschaft stimuliert?
Wann wird Deutschland abgestuft?
Auch Fondsmanager können irren
US-Hedgefonds-Investor John Paulson wettet darauf, dass sich die Schuldenkrise in Europa wieder zuspitzt. Nach Informationen der englischen Finanzzeitung „Financial Times" wettet Paulson insbesondere auf eine Verschlechterung der Bonität Deutschlands, dessen Bonds bislang als sicherer Hafen gelten. Paulson geht offenbar davon aus, dass auch Deutschland in den Finanzstrudel gerät, wenn sich die Lage in den nächsten Monaten zuspitzt. Doch zunächst einmal hat sich die Renditeerrosion bei den zehnjährigen Bundesanleihen mit einem Renditeabstieg fortgesetzt und markierte mit 1,63% ein neues Rekordtief. Behalten die Zinsoptimisten Recht, wird sich der Renditerückgang der zehnjährigen Bundesanleihen bis auf ca. 1% fortsetzen. Spätestens dann müsste allerdings auch dieser Hegdefonds-Manager feststellen, dass die Märkte länger irrational bleiben können, als er liquide.
EIB misstraut griechischen Unternehmen
Drachme-Klausel
Nun endlich ist es soweit. Die ersten Banken wappnen sich für den griechenlosen Euro. Die Europäische Investitionsbank hat als erste verlautbaren lassen, dass man in neue Kreditverträge mit griechischen Unternehmen -nach angelsächsischem Recht- die „Drachme-Klausel“ aufgenommen hat. Auf diesem Wege sollen die Gelder mittels notwendiger Neuverhandlungen im Falle des Austritts Griechenlands aus dem Euro vor einem Verlust geschützt werden. Diese Vorgehensweise ist sinnvoll, sollte aber auf alle Staaten des Euroraums mit Anpassungsbedarf ausgeweitet werden. Ob hierbei eine Möglichkeit der Rückeinsetzung solcher Klauseln besteht, wird juristisch zu prüfen sein. Nur so kann ein Missbrauch europäischer Hilfsgelder verhindert werden. Den Bürgerinnen und Bürgern der Geberländer ist man das auch schuldig.
Euro-Bund-Future
Die Krise hat sieben Leben
Nach neuem Hoch nun seitwärts
Das Klima in der Eurozone bleibt trotz des bevorstehenden Frühlings vorerst frostig. Die negativen politischen Schlagzeilen aus fast allen Euroländern lassen die Märkte nicht zur Ruhe kommen und die Volatilität bei Aktien und Renten bleibt hoch. Nach dem Rücktritt der niederländischen Regierung, dem französischen Wahlergebnis und neuen Wirtschaftsdaten aus der Eurozone wurde ein wahrer „RUN“ auf die als sicher geltenden Bundesanleihen ausgelöst. Der als Indikator für die Sorgen der Euroländer geltende Euro-Bund-Future wurde dadurch am 23.4. auf ein neues Allzeithoch bei 141,37% katapultiert. Dass es auf diesem Niveau -infolge guter Quartalsergebnisse diverser Unternehmen- zu steigenden Aktienkursen und nachgebenden Rentennotierungen kam, ist nicht verwunderlich. Die Tradingrange wird somit zwischen 141,37% (Hoch vom 23.4.12) und 139,45% (Tief vom 10.4.12) gesehen. Erst ein nachhaltiger Ausbruch nach unten könnte zu weiteren Verlusten bis hin zu 138,50% führen.
Corporates immer noch im Dornröschenschlaf
Französische Unternehmen als Speerspitze
Leider konnte der Primärmarkt infolge der vielen ungelösten Probleme auch in dieser Woche nicht seine Fesseln abstreifen. Zu groß sind die Unsicherheiten in punkto Spanien, Italien, Frankreich, Griechenland, Irland und der Niederlande. Aber auch die ersten Anzeichen einer sich eintrübenden konjunkturellen Entwicklung bremsen vorerst die Aktivitäten der Unternehmen.
Dennoch wagte das britische Unternehmen G4S PLC erstmals einen Eurobond über 600 Mio. € zu emittieren. Das Sicherheitsunternehmen für Geld- und Wertdienste refinanzierte sich bis 2017 zu einem Zinssatz von 2,875%. Das Rating des Unternehmens wird mit BBB angegeben.
Zu einem wahren Daueremittenten hat sich der französische Autobauer Renault entwickelt. Das Unternehmen wurde bereits zum vierten Mal in diesem Jahr am Kapitalmarkt aktiv und konnte 650 Mio. € an frischem Kapital einsammeln. Die Anleihe wird in 2017 zurückbezahlt. Die Investoren erhalten dafür einen jährlichen Kupon von 4,25%.
Für die gleiche Laufzeit musste die französische Kaufhauskette Galeries Lafayette einen jährlichen Zinssatz von 4,75% ausloben, um sich 500 Mio. € leihen zu können.
Die aktuell niedrigen Refinanzierungskosten werden sicherlich von den namhaften Unternehmen in den nächsten Wochen genutzt werden, um die „Kriegskasse“ zu befüllen oder auch Altemissionen zu ersetzen.
Staatsanleihen und sonstige Neuemissionen
In dieser Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen eines siebentägigen Refinanzierungsgeschäfts dem Geldmarkt 214,0 Mrd. € (Vw.: 214 Mrd. €) entzogen. Dieser Betrag entspricht der Summe der -im Rahmen des Ankaufprogramms- abgewickelten Transaktionen, da die EZB erneut nicht am Kapitalmarkt aktiv war. Somit erhielt die EZB von 70 Instituten (Vw.: 75) Gebote über 411,451 Mrd. € (Vw.: 438,324 Mrd. €). Der gewogene Durchschnittssatz betrug 0,26% (Vw.: 0,26%).
In den USA wurden in dieser Handelswoche den Investoren Wertpapiere mit unterschiedlichen Laufzeiten zum Kauf angeboten. Dabei handelte es sich um 30 Mrd. US-Dollar als 4-Wochen-, 30 Mrd. US-Dollar als 3-Monat-, 28 Mrd. US-Dollar als 6-Monat-T-Bills, sowie 35 Mrd. US-Dollar als 2-Jahre-, 35 Mrd. US-Dollar als 5-Jahre- und 29 Mrd. US-Dollar als 7-Jahre-T-Bonds.
In Euroland wurden in dieser Handelswoche diverse Altemissionen Italiens (A1GP58 / 2016; A1GZ7J / 2017; 881970 / 2019; A1G1UZ / 2022), darunter zwei inflationsindexierte Anleihen ( A0GUKM / 2017; A0D2B5 / 2019) und den Niederlanden ( A0AXNE / 2014; A0D2B5 / 2037) aufgestockt. In Deutschland wurde planmäßig eine neue 32-jährige Bundesanleihe (113548) den Anlegern im Tenderverfahren offeriert. Die mit einem Kupon von 2,50% ausgestattete Anleihe wurde bei einer 1,1-fachen Überzeichnung mit einer Durchschnittsrendite von 2,41% - dem absoluten Rekordtief - zugeteilt. Bei der Bondauktion konnte die Bundesrepublik Deutschland 2,4054 Mrd. € einnehmen, das Emissionsvolumen betrug insgesamt 3 Mrd. €.
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass die weiterhin hohe Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen zu Nettokapitalimporten führt. Im Februar betrugen diese 36,2 Mrd. € und auch in den Folgemonaten sollte dieser Trend anhalten. Somit ist Deutschland weiterhin -zumindest zinstechnisch gesehen- der Profiteur dieser Krise.
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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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