Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Unternehmen auf Griechenlands Spuren

29.03.12 13:31 Uhr

Unternehmen auf Griechenlands Spuren | finanzen.net

Inzwischen kann man sich des Eindrucks nicht mehr erwehren, dass der Bogen am Rentenmarkt überspannt wird.

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Bereits vor mehreren Wochen haben wir uns noch verwundert die Augen gerieben hinsichtlich der Idee einer nachträglichen Änderung der Anleihebedingungen. Angesichts des immensen Refinanzierungsbedarfs der Staaten, Länder, Kommunen und Unternehmen sollten alle Bedürftigen darauf achten, dass die Investoren nicht das Vertrauen in die Sache verlieren. Nachdem Griechenland den ersten Teil umgetauscht hat, kam es für den zweiten Teil nun zu einer Fristverlängerung bis zum 4. April. Diese wurde seitens Athens sicherlich nicht gewährt, weil die Zustimmung zu groß war. Nein, die Rettung Griechenlands steht immer noch auf des Messers Schneide. Wie kleine Kinder wurden die Gläubiger nochmals aufgefordert, in sich zu gehen und ihr Verhalten zu überprüfen. Nur Realitätsfremde können glauben, dass die Unbeugsamen nachgeben. Never ever! Durch Griechenland wurde allerdings ein Verhalten initiiert, das die Investoren umdenken lässt.

Praktiker hat von den Gläubigern eine Absage erhalten und muss sich nun auf anderen Wegen neues Kapital suchen. Die Altgläubiger jedenfalls waren nicht dazu bereit, eine rückwirkende Kuponreduzierung mitzutragen. Ermöglicht wird das daraus entstehende Chaos aber durch ein bisher in der Öffentlichkeit fast nicht wahrgenommenes Gesetz, das Schuldverschreibungs-Gesetz (SchVG). Darin ist geregelt, dass für die nach deutschem Recht begebenen Schuldverschreibungen durch Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger die Anleihebedingungen für alle Gläubiger derselben Anleihe nachträglich noch geändert werden dürfen. Dieses Gesetz gilt zwar nicht für gedeckte Schuldverschreibungen im Sinne des Pfandbriefgesetzes oder für Anleihen des Bundes, der Länder und Gemeinden. Aber es gibt Anwendungsmöglichkeiten! Erst vor wenigen Tagen wurden die Gläubiger der Anleihe A0KAH3 der CCG Cool Chain Group Holding AG, Bremen, zu einer Gläubigerversammlung eingeladen. Mit einer Einladungsfrist von 14 Tagen soll dann am 5. April 2012 über eine Veränderung der Fälligkeit der Hauptforderung entschieden werden. Früher galt an den Börsen das gesprochene Wort und auf Anleihen übertragen entsprechend die niedergeschriebenen Bedingungen. Das kann ja noch heiter werden!

Neuer Dreikampf für Politiker
Der Druck wurde zu groß und Deutschland knickte ein.

Für viele Experten war es nur eine Frage der Zeit, wann Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble umfallen. Und nun ist es soweit. Die Euro-Finanzminister werden am Freitag in Kopenhagen beschließen, dass die Euro-Rettungsschirme aufgestockt werden. Dies galt lange Zeit als nicht mit uns umsetzbar. Aber nachdem der Druck von außen stetig erhöht wurde, hat Frau Merkel nun erstmals ihre Bereitschaft signalisiert, den dauerhaften Rettungsschirm ESM (Europäische Stabilitätsmechanismus) und seinen zeitlich begrenzten Vorgänger EFSF (European Financial Stability Facility) vorübergehend nebeneinander aufzuspannen. Damit wird das Kreditvolumen in einer Übergangszeit auf 700 Mrd. € anwachsen. Das hat zur Folge, dass sich das Risiko für den deutschen Steuerzahler bis Sommer 2013 von 211 Mrd. € auf bis zu 280 Mrd. € erhöht. Und das Risiko bleibt uns für 30 Jahre erhalten. Mal wieder ist ein Nein verworfen und eine rote Linie überschritten worden. Das scheint ein neuer Dreikampf für Politiker geworden zu sein: Diskutieren, dementieren und dennoch realisieren. Aber wenn man sich die Erklärungsversuche unserer Politiker zu Gemüte führt, dann weiß man nicht, ob man weinen, oder lachen soll. Aus CDU-Kreisen heißt es z.B.: „Durch die höhere Brandmauer (..) sei das Risiko wesentlich geringer geworden, dass es zu einer Haftung kommen wird." Man verlässt sich hierbei auf die Wirksamkeit einer Schaufensterauslage, aber eine Brandmauer kann nur wirklich helfen, wenn man den Feuerteufeln auch das Streichholz wegnimmt, sprich den Finanzmärkten neue Spielregeln verordnet.

Irland und der Fiskalpakt
Ist das die irische Art der Selbstverstümmelung?

Ein kleines unbeugsames Land, eher ein Inselstaat, verfolgt noch demokratische Prinzipien. Irland lässt als einziger europäischer Mitgliedsstaat - wie bereits bei den EU-Verträgen von Nizza und Lissabon - die Vereinbarungen durch das Volk legitimieren. Die Iren stimmen am 31. Mai über den EU-Fiskalpakt für eine strengere Haushaltsdisziplin ab. Nachdem sich bereits Großbritannien und Tschechien auf jeden Fall nicht an dem EU-Fiskalpakt beteiligen wollen, besteht das Risiko, dass ein weiteres Land ausscheren wird. Der Fiskalpakt wird aber auch ohne Irland in Kraft treten! Doch eine Ablehnung wird den Zugang zu dem neuen Rettungsfonds der EU, dem European Stability Mechanism (ESM) und damit zu neuen und notwendigen Krediten verhindern. Doch wie wird man sich in der EU nach einem „Nein“ verhalten? Ein Ausschluss aus der EU ist nicht vorgesehen und vorstellbar! Aber auch dann wird gelten: Wer zahlt schafft an!

Der Mai ist der Monat der Entscheidungen
Wahlen in Frankreich und Griechenland

Ende gut alles gut? Nachdem die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) das zweite Rettungspaket an Griechenland genehmigt hat, schienen die Kapitalmärkte zur Tagesordnung überzugehen. Doch am Horizont sind bereits wieder dunkle Wolken zu sehen. Zwar werden die Neuwahlen in Griechenland immer weiter hinausgezögert, doch im Moment steht der 8. Mai im Raum. Bei der Wahl Anfang Mai gilt es keineswegs als sicher, dass die aktuelle Koalition unter Ministerpräsident Lucas Papademos die Wahl gewinnen wird. Nach den neuesten Umfragen drohen den beiden Traditionsparteien, den Konservativen und den Sozialisten, wegen der Sparbeschlüsse deutliche Stimmenverluste. Es ist davon auszugehen, dass die Gegner der Reformen, also linke und rechte Splittergruppen, ein Votum von weiten Teilen der Bevölkerung erhalten. Werden sie dann die Sparbeschlüsse rückgängig machen? Wenn ja, wie wird die EU darauf reagieren? Dies ist aber nur ein wichtiges Ereignis.

An der Börse ist auch die Präsidentschaftswahl der Franzosen am 22. April ein Thema. Der Ausgang ist mehr als ungewiss und wirft deshalb einen Schatten bis in den Wonnemonat Mai hinein. Obwohl der bisherige Staatspräsident Nicolas Sarkozy bei den Terroranschlägen eine gute Figur machte, werden seinem Konkurrenten François Hollande gute Chancen eingeräumt, einen zweiten Wahlgang zu erzwingen. Daher ist es möglich, dass die Franzosen am 6. Mai zu einer zweiten Abstimmung aufgerufen werden. Der französische Sozialistenchef François Hollande hat für den Fall eines Sieges bei der Präsidentenwahl Korrekturen am kürzlich beschlossenen europäischen Fiskalpakt angekündigt. Er macht sich für gemeinsame europäische Anleihen und eine erweiterte Zuständigkeit der Europäischen Zentralbank stark. Das Fiskalpaket, das eine Schuldenbremse enthält, bezeichnete Hollande als Illusion und risikobehaftet. Wie werden sich dann die Finanzminister und Regierungschefs der anderen europäischen Staaten verhalten? Wie wird Deutschland auf den Wunsch nach europäischen Anleihen reagieren? Somit wird auch in diesem Jahr der alte Spruch der Börsianer wiederbelebt: „Alles neu macht der Mai.“

Der Emissionszug rollt weiter
Unternehmen stillen den Hunger der Investoren

Der Emissionszug rollt mit unveränderter Geschwindigkeit weiter. Und das, obwohl die konjunkturellen Signale nicht unterschiedlicher sein könnten. Die Beweggründe der Investoren sind aber sehr unterschiedlich. Die einen haben Liquidität, die nach Anlage verlangt und andere trauen Unternehmen mehr als Staaten, und nutzen die höheren Renditen zur Neuanlage.

So konnte das Bad Homburger Gesundheitsunternehmen Fresenius eine 500 Mio. € große Anleihe mit Laufzeit 2019 und einem Kupon von 4,25% am Kapitalmarkt platzieren. Dass die Anleihe teilweise unter dem Emissionskurs gehandelt wurde, ist damit zu begründen, dass sie im Vergleich mit den bestehenden Anleihen zu teuer gepreist wurde. Das Unternehmen wird mit BB+ benotet.

Dagegen musste das finnische Mineralölunternehmen Neste Oil seinen Investoren 4% bieten, um 250 Mio. € an frischem Kapital bis 2017 einzusammeln.

Der Stahlkonzern ArcelorMittal sicherte sich ebenso die derzeit günstigen Refinanzierungsbedingungen und konnte zu 4,25% 500 Mio. € über den Kapitalmarkt mit einer Laufzeit bis 2018 aufnehmen. Mit Baa3/BBB- ist das Unternehmen nur noch eine Stufe vom Ramschbereich entfernt.

Das größte Telekommunikationsunternehmen Österreichs, Telekom Austria, refinanzierte sich über 10 Jahre in einem Volumen von 750 Mio. €. Das Unternehmen (Baa1, BBB) musste dafür 4% als Zins bieten.

Sehr gut platziert werden konnte auch eine neue Anleihe des Rohstoffhändlers Glencore AG. Die 4-fach überzeichnete Anleihe wird mit 4,125% verzinst und in 2018 zurückbezahlt. Zu den gleichen Bedingungen (Kupon und Laufzeit) war auch der spanische Stromkonzern Iberdrola SA im Volumen von 1 Mrd. € am Kapitalmarkt aktiv.

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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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