Lässt die EZB ihr Wertpapierkaufprogramm ausschleichen?
Von der Europäischen Zentralbank (EZB) kam prompt ein Dementi. Nein, die Notenbank wolle ihr Anleihekaufprogramm nicht schrittweise zurückfahren, so wie es Bloomberg gemeldet hatte.
Der EZB-Rat habe diese Themen nicht diskutiert, ließ die Notenbank verlautbaren. Außerdem sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet, dass das erforderliche Ausmaß an geldpolitischer Anpassung für eine längere Zeit ein Umfeld mit sehr niedrigen Zinsen in der Eurozone nahelege. Unter Berufung auf Notenbankvertreter aus der Eurozone hatte dagegen die renommierte Nachrichtenagentur berichtet, die EZB wolle schon vor Ende des Programms das Kaufvolumen von derzeit 80 Mrd. € monatlich um jeweils 10 Mrd. € verringern.
Bisher war vorgesehen, das Anleiheprogramm von insgesamt 1,74 Bio. € noch bis mindestens Ende März 2017 laufen zu lassen. Es habe sich jetzt ein Konsens in der EZB gebildet, die Käufe schrittweise zu reduzieren, bevor das Programm letztlich ende, hieß es bei Bloomberg. Allerdings werde auch nicht ausgeschlossen, hieß es weiter, dass das Programm in seinem bisherigen Volumen verlängert werde.
Also alles nur ein Sturm im Wasserglas? Nicht ganz, zumindest halten Marktteilnehmer ein früheres Ausschleichen des Kaufprogramms für möglich, denn sonst wäre der Eurokurs in Folge der Bloomberg-Meldung am Dienstag nicht deutlich auf sein Tageshoch von 1,1240 US-Dollar angezogen und der Euro-Bund-Future auf Talfahrt geschickt worden. Vielleicht hat die EZB doch zumindest teilweise die mahnenden Worte derer erhört, die seit Monaten die Nebenwirkungen ihrer Nullzinspolitik beklagen. So hatten erst in der vergangenen Woche die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten vor zunehmenden Risiken durch die anhaltend niedrigen Zinsen gewarnt. Dies sei umso besorgniserregender für die Stabilität der öffentlichen Finanzen, je mehr gleichzeitig die Regeln des Stabilitätspakts missachtet würden. Daher, so der Rat der Wirtschaftsforscher, sollte die EZB im Moment keine Fortsetzung ihrer Anleihekäufe ankündigen und eine erneute, gar aggressive Senkung der Leitzinsen würde den Finanzsektor noch mehr belasten. Man könnte es aber auch mit den Worten des EZB-Präsidiumsmitglied Yves Mersch ausdrücken: "Irgendwann ist auch mal das Ende der Fahnenstange erreicht, nämlich dann, wenn die Kosten für den Bankensektor den Nutzen überwiegen."
Die Bloomberg-Meldung über eine Reduzierung des Ankaufprogramms der EZB könnte also darauf hindeuten, dass in der EZB die Debatte zumindest über ein kleines Exit-Szenario für die expansive Geldpolitik ("Tapering") begonnen hat. Ob dies mehr als eine vage Hoffnung ist, wird sich zeigen. Der Kursanstieg des Euros als Reaktion auf die Bloomberg-Meldung hat jedenfalls gezeigt, wie sehr sich die Märkte nach einem solchen ersten Schritt hin zu einer Normalisierung sehnen.
Heta-Einigung im zweiten Anlauf
Im Streit um die österreichische Skandalbank Heta steht eine Einigung kurz bevor. Wie Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling bekannt gab, hat eine Mehrheit der Heta-Gläubiger das nachgebesserte Rückkaufangebot des Bundeslandes Kärnten akzeptiert.
Nach jahrelangen Auseinandersetzungen mit den Geldgebern der ehemaligen Kärntner Bank Hypo Alpe Adria kann damit die Alpenrepublik einen Schlussstrich unter den größten Finanzskandal Österreichs ziehen. Auch eine drohende Pleite des Bundeslandes Kärnten dürfte damit abgewendet sein. Allerdings wird ein fader Beigeschmack bleiben, denn trotz der Einigung wird die Diskussion über den Wert einer Bürgschaft damit nicht enden.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg haben inzwischen bei den vorrangigen Anleihen ca. 95 Prozent und bei den nachrangigen Titeln ca. 89 Prozent der Gläubiger das neue Angebot angenommen. Damit wurde bereits vor Ende der Annahmefrist am 7.10. die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit mehr als erreicht.
Zunächst war im Frühjahr das erste Vergleichsangebot abgelehnt worden. Anfang September hatte Kärnten dann den Gläubigern eine nachgebesserte Offerte gemacht, wonach die Inhaber besicherter Anleihen rund 90 Prozent ihrer Forderungen zurückbekommen, die von nachrangigen Papieren rund 45 Prozent.
Über die Heta werden die Schulden der früheren Kärntner Bank Hypo Alpe Adria abgewickelt. Kärnten hat Garantien für Heta-Anleihen von rund 11 Mrd. € übernommen, ist aber nach eigenen Angaben nicht in der Lage, die Schulden komplett zu begleichen. Da das erste Kompromissangebot mit den Gläubigern zunächst scheiterte, drohte dem Land die Pleite.
Unter den Geldgebern befinden sich zahlreiche deutsche Banken und Versicherer, darunter die FMS Wertmanagement, die Abwicklungsanstalt der Hypo Real Estate (HRE), sowie die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Dexia Kommunalbank und die HSH Nordbank. Da sie 2015 auf Druck der Europäischen Zentralbank (EZB) die Hälfte des Wertes ihrer Heta-Papiere abschreiben mussten, werden sie nun in der Lage sein, Rückstellungen aufzulösen und ihre Bilanz aufzuhübschen.
IWF dämpft Erwartungen
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die allgemeinen Erwartungen für die Entwicklung der Weltwirtschaft gedämpft. Insbesondere die Situation in den USA und der anstehende Brexit drücken auf das globale Wachstum, wie es in dem jüngsten "World Economic Outlook" heißt.
Darin subsummiert der Fonds die Brexit-Entscheidung der Briten vom Juni als Teil einer globalen Bewegung zugunsten wirtschaftlicher Abschottung. Beim Handel "die Uhr zurückzudrehen" würde aber "die derzeitige Flaute der Weltwirtschaft nur verstärken und vertiefen", warnt der IWF.
Die Popularität protektionistischer Maßnahmen offenbart sich nach Beobachtungen des Fonds auch im US-Präsidentschaftswahlkampf. So hat der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump angekündigt, sämtliche von den USA abgeschlossenen Handelsabkommen neu verhandeln zu wollen. Die Demokratin Hillary Clinton wandte sich ihrerseits gegen das bereits fertig ausgehandelte TPP-Abkommen mit elf Staaten aus dem pazifischen Raum.
Als Reaktion auf solche Entwicklungen könnten Unternehmen sich allerdings mit Investitionen zurückhalten, was wiederum die Schaffung von Arbeitsplätzen begrenzen würde, so der IWF. Trotz solcher Unwägbarkeiten hält der IWF an seiner bisherigen Voraussage für das globale Wachstum fest und belässt seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft im laufenden Jahr bei 3,1% und 3,4% für 2017. Für die USA hat der IWF aber seine Wachstumsprognose gegenüber Juni für 2016 auf 1,6% von 2,2% und für 2017 auf 2,2% von 2,5% zurückgenommen.
IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld forderte vor diesem Hintergrund mehr wachstumsfördernde Impulse der Politik - unter anderem durch Reformen am Arbeitsmarkt und den Abbau von Handelsbarrieren. Außerdem komme, wie er sagt, in vielen Ländern der Erfolg der Wirtschaftserholung bei zu wenigen Menschen an - mit dem Resultat, dass in einigen reicheren Staaten Globalisierungsgegner Zulauf hätten.
Heiteres Treiben am Primärmarkt
Wie bereits in der vergangenen Woche angekündigt, setzte sich die Emissionstätigkeit der Unternehmen in dieser Berichtswoche munter fort. Neben den avisierten Neuemissionen von EnBW, Lanxess und Veolia reihte sich auch die Total Gruppe ein und refinanzierte 2,5 Mrd. € am Kapitalmarkt.
Das ölproduzierende Unternehmen Total brachte direkt zwei nachrangige Anleihen mit unendlicher Laufzeit an den Markt. Die erste Tranche (A1869J) mit einem Emissionsvolumen von 1,5 Mrd. € zahlt dem Investor einen jährlichen Fixkupon von 3,369% bis Oktober 2026. Die anschließende variable Verzinsung richtet sich nach dem 5-Jahres-Swapsatz: Von Oktober 2026 bis Oktober 2046 zahlt das Unternehmen einen Aufschlag von 335 Basispunkten über dem dann geltenden 5-Jahres-Swapsatz, ab Oktober 2046 steigt der Aufschlag auf 410 Basispunkte. Der Ausgabepreis lag bei pari, was einem Emissionsspread von +310 bps über Mid Swap gleichkam. Ab dem 06.10.2026 hat sich der Emittent ein jährliches Kündigungsrecht in den Anleihebedingungen festschreiben lassen. Der zweite "fix-to-float" Bond (A1869H) ist 1 Mrd. € schwer und ebenfalls jährlich seitens Total ab dem 05.05.2023 kündbar. Bis zu diesem Datum zahlt das Unternehmen einen festen Kupon von jährlich 2,708%. In der Folge wird die Anleihe variabel verzinst, der Kupon richtet sich ebenfalls jeweils nach dem 5-Jahres-Swapsatz: Bis zum 05.05.2028 beträgt der Aufschlag 275 bps, bis zum 05.05.2043 +300 bps und danach +375 bps. Beide Anleihen haben eine Mindeststückelung von 100.000 € und richten sich daher vornehmlich an institutionelle Investoren.
Ebenfalls mit einem Doppelpack wagten sich Veolia und Lanxess an den Kapitalmarkt. Der Versorger Veolia platzierte insgesamt 1,1 Mrd. €. Der erste Bond (A1866J) mit einer Laufzeit bis zum 04.10.2023 und einem jährlichen Kupon von 0,314% wurde zum Preis von 100% emittiert, was einem Emissionsspread von +82,3 bps über der vergleichbaren Bundesanleihe entspricht. Die zweite Tranche (A1866K) mit Fälligkeit am 04.01.2029 zahlt den Investoren jährlich 0,927% Zinsen und wurde ebenfalls zu pari (+50 bps über Mid Swap) begeben. Veolia ließ bei beiden Anleihen ein optionales Kündigungsrecht (Make-Whole-Option) in die Anleihebedingungen aufnehmen und legte die Mindeststückelung auf 100.000 € fest.
Lanxess hingegen stattet seine beiden Anleihen mit der privatanleger-freundlichen Stückelung von 1.000 € aus, räumte sich aber ebenfalls ein optionales Kündigungsrecht (Make-Whole-Option) ein. Beide Bonds sind je 500 Mio. € schwer und laufen bis zum 07.10.2021 (A2BN7N) bzw. bis zum 07.10.2026 (A2BN7P). Die 5-jährige Anleihe zahlt den Investoren einen Kupon in Höhe von 0,25% pro Jahr und wurde zu 99,53% begeben. Dies entspricht einem Emissionsspread von +92,2 bps über der vergleichbaren Bundesanleihe. Die 10-jährige weist einen 1%-Kupon aus, der jährlich gezahlt wird. Der Reoffer-Preis lag bei 98,889% (+123,6 bps über der vergleichbaren Bundesanleihe).
Ebenfalls mit 1.000 € Mindeststückelung emittierte der Stromerzeuger EnBW einen 725 Mio. € schweren hybriden Bond (A2BPFD). Zunächst erhalten die Anleger eine jährliche feste Verzinsung in Höhe von 3,375%. Ab dem 05.04.2022 richtet sich der Zins dann nach dem 5-Jahres-Swapsatz und einem nach Laufzeit gestaffelten Aufschlag. Demnach werden bis zum Jahr 2027 +362,9 bps, bis 2042 +387,9 bps und im Anschluss dann +462,9 bps hinzu gerechnet. EnBW ließ sich ab dem 05.04.2022 ein jährliches Kündigungsrecht zum Kurs von 100% einräumen.
Nicht nur die Temperaturen können fallen
War in der vergangenen Handelswoche in Deutschland noch größtenteils eitler Sonnenschein angesagt, so hat sich zum Wochenende der Sommer wohl endgültig verabschiedet und dem nasskalten Herbst das Feld überlassen. Der damit verbundene Temperatursturz hat sich im übertragenen Sinne auch beim Euro-Bund-Future in Form von fallenden Notierungen eingestellt. Von vielen Marktbeobachtern ist diese Reaktion bereits seit vielen Wochen erwartet und somit als überfällig bezeichnet worden.
Zum Wochenschluss wurde mit 166,36% zwar noch ein neues Hoch im Dezember-Kontrakt erreicht, das allerdings nicht verteidigt werden konnte. Innerhalb von 3 Handelstagen wurden sogar über 2 Punkte abgebaut. So notierte das Rentenbarometer am gestrigen Mittwoch im Tief bei 164,14%, wodurch die Rendite der aktuellen 10-jährigen Bundesanleihe, welche an diesem Handelstag um 4 Mrd. € auf ein Gesamtvolumen von 19 Mrd. € aufgestockt wurde, auf einen nur noch geringfügig negativen Wert (-0,01%) abschmolz. Aktuell handelt der Euro-Bund-Future bei 164,28%.
Charttechnisch betrachtet, ist durch die starke Kurskorrektur ein sehr steiler Abwärtstrend entstanden und die erste ernstzunehmende Unterstützungslinie verläuft aktuell bei ca. 163,27%. Ob es sich bei dieser Marktreaktion nur um eine technische Gegenbewegung oder um eine Trendwende handelt, kann zu diesem Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Denn auch ein Test der Widerstandslinie bei ca. 164,80% kann nicht ausgeschlossen werden, zumal solch extreme Handelsmuster oftmals der Auftakt zu heftigen Turbulenzen sind.
Grundsätzlich ist es an den Börsen allerdings wie beim Wetter: "Auf Regen folgt Sonnenschein, nur niemand weiß, wann genau der Umschwung kommen wird und wie lange er anhält!"
Harter Brexit - weiches Pfund
Am 23. Juni dieses Jahres haben sich die Bürger Großbritanniens mit einer knappen Mehrheit für einen Brexit entschieden und damit gegen die Europäische Union.
Bis dato ist wenig passiert, außer vieler Spekulationen um das weitere Vorgehen zum EU-Austritt. Seit dem Wochenende scheint nun manches klarer zu werden. In einer Rede nannte Premierministerin Theresa May erstmals - mit spätestens Ende März 2017 - einen konkreten Zeitpunkt für den Beginn der offiziellen Gespräche. Das britische Pfund reagierte auf diese Äußerung mit massiven Kursverlusten und notiert sowohl zum Dollar als auch zum Euro deutlich schwächer als noch kurz nach dem UK-Referendum. Im Vergleich zum Greenback kostete das Pfund zeitweise weniger als 1,27 US-Dollar, dies entspricht dem niedrigsten Stand seit 1985. Im Verhältnis zum Euro ist die Entwicklung nicht so dramatisch, trotzdem konnte die europäische Gemeinschaftswährung mit 0,88432 GBP ein neues Fünf-Jahreshoch markieren.
Zwar befindet sich die Londoner Börse im Höhenflug, weil die britische Exportwirtschaft von dem schwachen Pfund profitiert. Aber zu groß ist die Unsicherheit darüber, wie viele Vorteile des EU-Binnenmarkts die Briten verlieren werden. May hatte Spekulationen befeuert, wonach die britische Regierung im Zuge der Austrittsverhandlungen auf die Teilnahme am EU-Binnenmarkt verzichten werde, um sich im Gegenzug Autonomie bei Einwanderungsfragen zu sichern. Hinzu kommen Befürchtungen, dass die Regierung in London ausgerechnet auf die ansonsten stets verwöhnte Finanzindustrie weniger Rücksicht nehmen könnte. Immerhin hatte Mays Parteikollege Steve Baker die Finanzbranche dazu aufgerufen, sich der neuen politischen Realität anzupassen.
Das Devisenpaar Euro/Dollar blieb davon weitgehend unbeeindruckt und bewegte sich innerhalb der vergangenen Berichtswoche in einer Range zwischen 1,1138 und 1,1251 USD. Zur Stunde handelt die Einheitswährung um die Marke von 1,12 USD.
Obwohl sich die Privatanleger aktuell etwas zurückhalten, waren dennoch Aktivitäten bei einigen Währungsanleihen zu beobachten. Insbesondere gilt dies für Anleihen auf norwegische Kronen, südafrikanische Rand, brasilianische Real und US-Dollar.
Disclaimer
Die Baader Bank AG ist eine der führenden Investmentbanken für die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten.
Als Market Maker ist die Bank für die börsliche und außerbörsliche Preisfindung von über 800.000 Finanzinstrumenten verantwortlich. Im Investment Banking entwickelt sie Finanzierungslösungen für Unternehmen und bietet institutionellen Anlegern umfassende Dienstleistungen beim Vertrieb und dem Handel von Aktien, Anleihen und Derivaten.
Herausgeber:
Baader Bank AG
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www.baaderbank.de
Redaktion:
Robert Halver,
Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG
Marc Schlömer, Kapitalmarktanalyse, Baader Bank AG
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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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