Bondmarkt wie eine Rechnung mit mehreren Unbekannten
Der Bondmarkt kann derzeit mit einer Rechnung mit mehreren Unbekannten verglichen werden.
Aus diesem Grund gibt es alle möglichen Versuche, mit der Situation zu recht zu kommen - bei Anlegern, Emittenten und Regulieren.
Da gibt es zunächst die Beobachtung, dass Neuemissionen aus dem Bereich für gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bonds) und Bankanleihen dem Markt die Liquidität entziehen. Dies hat vor allem Auswirkungen auf Bonds mit mittleren Laufzeiten zwischen 5 und 10 Jahren, die aufgrund der Emissionswelle bei Covered Bonds weniger nachgefragt werden.
Da sind diejenigen, die weiterhin Anleihen der Schuldensünder Griechenland und Irland nachfragen - aber eben nur im kurzfristigen Bereich. Entsprechend gehen hier die Spreads zurück. Während Langläufer, wenn überhaupt, nur vorsichtig angefasst werden. Nach wie vor bleiben für die Hellas-Bonds Befürchtungen über Umschuldungspläne der Regierung in Athen der Unsicherheitsfaktor Nummer eins. Für Irland geht man davon aus, dass das Land sich zwar retten lässt. Die Opposition in Dublin aber hat schon avisiert, dass sie im Falle eines Wahlsiegs das EU-Hilfspaket nochmals aufschnüren will, um nach zu verhandeln.
Da gibt das das neu entdeckte Finanzinstrument Contingent Convertible Bonds (Cocos), die bedingten Pflichtwandelanleihen. Was die Finanzaufseher daran lieben ist der Umstand, dass durch die Wandlung der Cocos von Schulden in Eigenkapital im Krisenfall die Gläubiger die Rechnung bezahlen und nicht mehr der Steuerzahler. Auch der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht liebäugelt mit dem Gedanken, diese als Eigenkapitalpuffer geeigneten Wunderwaffen künftig vorzuschreiben.
Da werden im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs Wertpapiere neu entdeckt, die auf Immobilen setzen. UBS und Deutsche Bank planen eine Anleihe, die mit US-Gewerbeimmobilien unterlegt ist. Noch gilt die Platzierung solcher Commercial Mortgage Backed Securities als schwierig. Denn zumindest seit Beginn der Finanzkrise galt die Emission solcher Papiere als Griff in den Giftschrank.
Und da wäre noch ein gewisser Emissionsboom bei Anleihen von mittelständischen Unternehmen. Verdienstvollerweise haben dafür gleich mehrere Börsen spezielle Segmente eingerichtet. Allerdings leiden diese bisweilen unter einem Mangel an Transparenz und dem Maß der Kapitalmarktfähigkeit einzelner Emittenten. Noch sind die Mittelstandsanleihen beliebt - vor allem bei Privatanlegern. Aber dennoch sollten diese sich klar machen, dass die bisweilen verlockende Rendite immer noch als Gradmesser für das Risiko, das man eingeht, anzusehen ist. Denn sollte es hier zu einem Adressausfall kommen, wären es wieder mal die Privatanleger, die man verprellt hätte.
Gesunkene Renditen sorgen bei Corporates für müden Handel
Der Handel mit Unternehmensanleihen und High-Yield Anleihen verhielt sich in den vergangenen Tagen freundlich. Große Neuemissionen standen in dieser Woche nicht auf der Agenda. Lediglich der belgische Telekommunikationskonzern Belgacom S.A. begab eine Anleihe über 500 Millionen Euro.
Der schläfrige Handelsverlauf ist auf die stark gesunkenen Renditen zurück zu führen. Zuletzt wurde beispielweise eine Continental-Anleihe mit Laufzeit 2017 mit 5,42% Rendite gehandelt. Dieses Verhältnis von Rendite und Risiko ist für viele Marktteilnehmer schlicht uninteressant.
Im Handel mit Corporate Bonds standen im Wesentlichen die jüngsten Neuemissionen im Fokus. Spitzenreiter war die Anleihe von EDP, dem niederländischen Stromanbieter. Auf Platz 2 und 3 waren die Anleihen von Portugal Telecom und Gas Natural zu finden. Auch in der Neuemission des österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine AG sorgte für regen Handel.
Allein vier Telekommunikationskonzerne platzierten in dieser und der vergangenen Woche neue Anleihen am Markt. Belgacom S.A. brachte in dieser Woche eine ungeratete Anleihe über 7 Jahre und einem Kupon von 3,875%. Zuvor waren die spanische Telefonica, die portugiesische und italiensche Telekom an der Reihe.
Alle vier Emittenten konnten sich sehr erfolgreich am Markt Kapital beschaffen. Telekommunikationskonzerne sind grundsätzlich antizyklische Titel, die eine gewisse Resistenz gegen Krisen aufweisen und eine stabile Ertragslage im Vergleich zu zyklischen Titeln haben. Dieser Trend könnte ein Signal dafür sein, dass die Krise doch noch nicht überstanden ist. Auch die unverändert hohe Staatsverschuldung, der hohe Euro Wechselkurs und die Sorge vor möglichen Zinssteigerungen könnten dem Konjunkturaufschwung schneller abbremsen als gedacht.
Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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