Griechen überzeugt: Deutschland schuldet Athen elf Milliarden Euro - Berlin dementiert
Deutschland soll Griechenland einem vertraulichen Bericht des griechischen Rechnungshofs zufolge elf Milliarden Euro aus einer Zwangsanleihe aus dem Zweiten Weltkrieg schulden. Die deutsche Regierung weist die Forderungen zurück.
Dies berichtete die Athener Sonntagszeitung "To Vima" unter Berufung den Bericht, der letzte Woche der griechischen Regierung vorgelegt wurde.
Der mit der Anleihe verbundene Zwangskredit in Höhe von ursprünglich 476 Millionen Reichsmark war 1942 der Deutschen Reichsbank von der griechischen Zentralbank gewährt worden, um die Besatzungskosten zu decken. Die griechische Regierung hatte im Frühjahr eine Sonderkommission gebildet, die mögliche Forderungen aus dem Zweiten Weltkrieg konkretisieren sollte.
Derweil wird weiter über neue Hilfen spekuliert, die für das hoch verschuldete Krisenland nötig werden könnten. Griechenland hatte bereits zwei internationale Hilfsprogramme mit Milliardenkrediten bekommen - und zusätzliche Erleichterung durch einen Schuldenschnitt. Dabei waren 2012 Forderungen privater Gläubiger wie Banken in Milliardenhöhe erlassen worden.
Die Bundesregierung sieht keinen Grund für neue Milliarden-Forderungen Griechenlands aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Die griechischen Forderungen insgesamt seien geregelt, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger, am Montag in Berlin. Bald 70 Jahre nach Kriegsende habe die Reparationsfrage ihre Berechtigung verloren. "Es liegt uns keine Forderung der griechischen Regierung diesbezüglich vor." Ein entsprechender Bericht Athens sei nicht bekannt.
Entsprechende Zwangsanleihen aus der Zeit müssten aus Sicht Deutschlands nicht zurück gezahlt werden. "Das ist eine fundierte Einschätzung des Bundesfinanzministeriums, die selbstverständlich auch den rechtlichen Aspekt mit einschließt", sagte Jäger.
Das Bundesfinanzministerium wies darauf hin, dass Deutschland zur Wiedergutmachung für NS-Unrecht Ende der 1950er Jahre Globalentschädigungsabkommen mit zwölf westlichen Ländern vereinbart habe, mit Griechenland einen Vertrag 1960. Darin sei festgehalten, dass die Wiedergutmachung abschließend geregelt sei. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag zur deutschen Wiedervereinigung 1990 wiederum sei von Reparationen keine Rede gewesen. Dieser sei als rechtlich bindend anerkannt worden im Rahmen der Charta von Paris. Auch Griechenland habe sich dies zu eigen gemacht: "Deshalb sehen wir für eine solche Forderung keine Grundlage."
Einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag) zufolge wächst allerdings in Brüssel die Überzeugung, dass ein weiterer Schuldenerlass nötig wird. "Ein Schuldenschnitt in Griechenland ist unausweichlich, weil das Land sonst mit seiner Schuldenlast nicht fertig wird", zitiert das Blatt hohe EU-Kreisen, die mit den Beratungen über Griechenland vertraut seien. Als Größenordnung für den Schuldenschnitt werde "ein Drittel bis die Hälfte der Staatsschulden" genannt. Die Gesamtschuld Griechenlands liege derzeit bei rund 320 Milliarden Euro. Davon befänden sich 80 Prozent in der Hand öffentlicher Gläubiger.
In Griechenland wird am 25. Januar ein neues Parlament gewählt. Die konservative Nea Dimokratia des Regierungschefs Antonis Samaras liegt in den Umfragen an zweiter Stelle. Führend ist das oppositionelle Linksbündnis Syriza unter Alexis Tsipras, das den Bürgern eine Neuverhandlung der Sparabkommen verspricht, die Griechenland eingehen musste, damit die EU-Partner und der IWF das Land mit 240 Milliarden Euro Notkrediten vor der Pleite bewahren. Samaras versprach am Samstag in einer landesweit ausgestrahlten Wahlkampfrede für die kommenden sechs Jahre 770 000 neue Arbeitsplätze. Zuletzt lag die Arbeitslosenquote in Griechenland bei knapp 26 Prozent. Durch die Fortsetzung des Reformkurses in Griechenland sollen die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und Investitionen angelockt werden. Außerdem stellte Samaras schrittweise Steuererleichterungen und eine umfassende Reform des Sozialsystems in Aussicht. "Und das ohne neue Defizite."
ATHEN (dpa-AFX)
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