Nachranganleihen

Nachrangige Anleihen: Komplexe Zinskönige

24.01.13 18:00 Uhr

Anleihen: 2012 brachten nachrangige Bankanleihen über 36 Prozent Rendite. Doch Vorsicht: Die Papiere sind nichts für Anfänger.

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von Marc Hofmann, Euro am Sonntag

Für mutige Anleger war das Anleihejahr 2012 ein Fest. Wer zum Beispiel auf Hochzinsbonds setzte, konnte ein Plus von bis zu 25 Prozent erzielen. Durch die Aussage von EZB-Chef Mario Draghi, er wolle den Euro um jeden Preis retten, kehrte das Vertrauen in die Märkte zurück. Risiko war wieder gefragt und damit auch die renditestarken Papiere der bonitätsschwachen Schuldner.

Doch trotz der Rally am Hochzinsmarkt, geht die Renditekrone 2012 an einen anderen Anleihetyp: Nachrangige Bankanleihen. Fonds wie etwa der Warburg Banken Fokus ­Basel III, die nur auf diese Spezialbonds setzen, erzielten Rekordgewinne von 36 Prozent und mehr. Damit hat die Anlageklasse sogar den DAX geschlagen, der „nur“ um 29 Prozent zulegen konnte.

Zinskupons über sechs Prozent
Vor allem aus zwei Gründen waren die Papiere gefragt: Zum einen aufgrund ihrer hohen Zinskupons von sechs bis sieben Prozent. Im ­derzeitigen Niedrigzinsumfeld eine echte Verlockung. Zum anderen weil sich nach Meinung vieler Profis die Kapitalstrukturen der Banken zuletzt deutlich verbessert haben. Dadurch ist die Tilgungssicherheit der Nachranganleihen gestiegen.

Die Rekordrendite des Jahres 2012 muss bei näherer Betrachtung allerdings trotzdem relativiert werden. Denn ein Teil der Gewinne ist dem Ausgleich der Verluste von 2011 geschuldet. So hatte die Angst vor dem Eurocrash den Bonds im Jahr 2011 stark zugesetzt. Kursverluste von 25 Prozent und mehr waren die Regel. Doch alte Hasen, die das Segment kennen, wissen, dass derartige Abstürze keine Seltenheit sind. Betrachtet man die Kursverläufe der Bonds, so gleichen sie oft einer Achterbahnfahrt. Anleger müssen hier also gute Nerven mitbringen.

Mehr Aktie als Anleihe
Nachranganleihen reagieren deshalb so sensibel, weil sie Aktien ähneln. In der Rangordnung der Gläubiger stehen sie nur eine Stufe über den Aktionären. Das hat zur Folge, dass ihre Halter bei einer Insolvenz häufig Totalverlust erleiden. Manche Bonds verbriefen zudem auch, dass die Zinszahlung eingestellt wird, falls das Unternehmen Verluste schreibt. Andere werden zwangsweise in Aktien gewandelt, wenn das Eigenkapital des Emittenten unter eine bestimmte Grenze fällt. Und bei wieder anderen Papieren wird der anfänglich fixe Zinskupon später in eine variable, häufig niedrigere Verzinsung gewandelt.

Kompensiert werden all diese Risiken durch die erwähnt hohen — oder zumindest anfangs hohen — Kupons. Obwohl es für die Anleihen eine Typisierung gibt (siehe Investor-Info) verrät diese jedoch nur wenig über die genauen Konditionen. „Nachranganleihen sind kein standardisiertes Produkt“, warnt deshalb Kerstin Terhardt, Fondsmanagerin bei HSBC. „Man muss daher die Bedingungen jedes einzelnen Papiers lesen.“ Für Privatanleger ist das eine echte, wenn nicht gar unmögliche Herausforderung. Denn die Prospekte der Bonds umfassen bis zu 400 Seiten, die in Juristen-englisch abgefasst sind.

Neben dem Studium des Prospekts sollte man zudem auch die Bankbilanzen prüfen. Schließlich entscheiden Faktoren wie die Eigenkapitalquote oder Ertragskraft über die Bedienung der Bonds. Mit der Analyse der Bilanzen sind jedoch oft auch Profis überfordert. Viele meiden daher Bankpapiere, weil sie die Risiken nicht einschätzen können.

Für Privatanleger lässt dies nur ­einen Schluss zu: Wer in Nachrang­anleihen investieren möchte, sollte besser auf Fondslösungen setzen. Nach der Rekordrally von 2012 rechnen die Profis von HSBC in diesem Jahr zwar mit etwas ruhigerem Fahrwasser. Doch zwischen vier bis 5,5 Prozent Rendite sollten drin sein. Da der HSBC-Fonds nur auf große, systemrelevante Banken mit guter ­Bonität (Investment-Grade) setzt, ist das auch völlig in Ordnung.

Auf etwas mehr Rendite zielt dagegen das Produkt von Warburg ab. Der Fonds versucht, von den neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken (Basel III) zu profitieren. Gemäß ­Basel III werden Nachranganleihen künftig nicht mehr zum Eigenkapital einer Bank gezählt. Für die Institute verlieren die Papiere damit ihren ursprünglichen Sinn. Manche Bank kauft daher ihre Anleihen vorzeitig zurück, um sich die hohen Zinszahlungen zu sparen.

Darauf spekuliert der Warburg- Fonds. Denn die Rückkaufkurse liegen zumeist über den Marktpreisen der Bonds. Hat der Manager daher die richtigen Papiere ausgewählt, so winken hier schnell Kursgewinne von zehn Prozent und mehr. 

Investor-Info

Warb. Banken fokus Basel III
Bankanleihen — sonst nichts

Der Warburg-Fonds investiert in ein Portfolio von rund 30 nachrangigen Bankanleihen mit endloser Laufzeit (Tier 1). Das Team um Svilen Katzarski hat nur Papiere ausgewählt, für die es bis spätestens 2017 einen Rückkauf oder eine vorzeitige Tilgung seitens der emittierenden Bank erwartet. Aktuell sind die drei Top-Positionen des Fonds Anleihen der italienischen Unicredit, der niederländischen ING sowie der deutschen Postbank. 2011 erzielte der Fonds einen Verlust von 28,9 Prozent, 2012 einen Gewinn von 36 Prozent.

HSBC Subordinated Credit AC
Bankanleihen — und mehr

Nicht nur Banken begeben Nachranganleihen, sondern auch Versicherungen und Industrieunternehmen. Der HSBC-Fonds investiert in alle diese Typen und ist daher für Anleger geeignet, die ihr Risiko breiter streuen wollen. Aktuell ist der Fonds zu 40 Prozent in Bankanleihen, zehn Prozent in Versicherungsbonds und 50 Prozent in Industriepapieren investiert. Alle Bonds müssen mindestens das ­Investment-Grade („BBB–“ oder besser) aufweisen. In den vergangenen drei Jahren erzielte der Fonds einen Wertzuwachs von 13,7 Prozent.

Nachranganleihen
Vier verschiedene Typen

Nachranganleihen sind Forderungen zweiter Klasse. Das bedeutet: Die Halter der Bonds werden im Insolvenzfall des Emittenten erst als eine der letzten Gläubigergruppen aus der Insolvenzmasse bedient. Bei einer Firmenpleite droht ihnen daher (ähnlich wie Aktionären) oft der Totalverlust. Das größere Risiko der Papiere wird durch eine höhere Verzinsung ausgeglichen. Man unterscheidet vier Arten: Tier-1-Anleihen sind unbesichert und haben eine unendliche Laufzeit. Zinsen werden hier nur gezahlt, wenn das Unternehmen Gewinne schreibt. Ausgefallene Zinszahlungen dürfen nicht nachgezahlt werden. Die Kuponzahlung ist oft in den ersten fünf Jahren fix, danach variabel. Der Emittent kann die Bonds erstmalig nach fünf Jahren kündigen (callen).
Upper-Tier-2-Anleihen sind auch als Genussscheine bekannt. Sie haben zumeist eine befristete Laufzeit und zahlen ebenfalls nur dann Zinsen, wenn der Emittent Gewinne erzielt. Seltener gibt es Papiere mit unendlicher Laufzeit, sogenannte Perpetuals.
Lower-Tier-2-Anleihen haben immer eine fixe Laufzeit. Mindestens jedoch fünf Jahre. Die Zinszahlung darf nur im Konkursfall gestoppt werden. LT2-Bonds stehen im Rang vor Tier-1- und Tier-2-Gläubigern.
Tier-3-Anleihen sind im Insolvenzfall mit den Lower-Tier-2-Anleihen gleichgestellt. Zins- und Tilgungszahlungen werden aber zudem ausgesetzt, wenn das Eigenkapital unter die gesetzliche Mindestanforderung von sieben Prozent sinkt. Die Laufzeit der Papiere liegt zwischen drei und fünf Jahren.