IKB Kolumne Dr. Klaus Bauknecht

EZB: Ausweitung des Aufkaufprogramms nur Frage der Zeit

28.11.14 15:46 Uhr

EZB: Ausweitung des Aufkaufprogramms nur Frage der Zeit | finanzen.net

EZB-Präsident Draghi äußerte auf der Pressekonferenz im November sowie in danach folgenden Reden, dass die EZB bereit für weitere Maßnahmen sei,...

... für den Fall, dass die aktuellen Maßnahmen nicht ausreichen und der mittelfristige Inflationsausblick sich verschlechtert. Mit dieser Aussage hat die EZB hohe Erwartungen für das Treffen am 4. Dezember 2014 geweckt. Denn die EZB muss nächste Woche wieder einmal ihre Inflationsprognose für 2015 nach unten anpassen, während die Risiken für den Wachstumsausblick unvermindert hoch sind.

Die jährliche Teuerungsrate ist von 0,4 % im Oktober auf 0,3 % im November gesunken. In den kommenden Monaten könnte die jährliche Inflationsrate sogar auf 0 % sinken, je nachdem wie stark der Einfluss der Rohstoffpreise sein wird. Der fallende Ölpreis stützt zwar die Konjunktur in den industrialisierten Ländern, doch die Inflationsrate wird dadurch vorübergehend weiter fallen. Das beeinflusst aber auch die durchschnittliche Inflationsrate für 2015 und sollte den Handlungsdruck auf die EZB trotz positiver Konjunkturimpulse kurzfristig erhöhen. Die EZB-Prognosen von September ließen eine durchschnittliche Inflationsrate von 0,6 % in 2014 und 1,1 % in 2015 erwarten. Die tatsächliche Teuerungsrate in diesem Jahr dürfte hingegen eher bei 0,5 % liegen, während die IKB für 2015 von einem Preisanstieg von 0,8 % ausgeht. Ebenso scheint die EZB ihre Wachstumserwartung von 1,6 % für 2015 nur schwer aufrechterhalten zu können (IKB-Prognose: 1 %), sodass auch hier eine Abwärtsrevision immer wahrscheinlicher wird.

Das Aufkaufen von ABS-Papieren und Pfandbriefen zeigt sich noch nicht in der Bilanzgröße der EZB. Denn sie ist seit der letzten Sitzung im November lediglich stagniert. Nun mag es eine gewisse Zeit brauchen, bis die Bilanzsumme die geldpolitischen Maßnahmen widerspiegelt. Hierfür könnte vor allem die nächste langfristige und gezielte Liquiditätsbereitstellung (TLTRO) im Dezember von Bedeutung sein. Angesichts des ersten Tenders scheint allerdings die große Euphorie bei den Banken auszubleiben, und die EZB-Erwartungen haben sich bis jetzt eher nicht erfüllt. Generell wird in den nächsten vier Jahren mit keiner großen Zinsanhebung gerechnet, sodass sich der Aufschlag des TLTRO und die möglichen Kosten von überschüssiger Liquidität bei der EZB rächen würden. Zudem bleibt auch die Kreditvergabe des Privatsektors trotz niedriger Zinsen eher schwach, was unter anderem mit dem zurückhaltenden Investitionsverhalten zu tun hat.

Deshalb deutet alles darauf hin, dass die EZB angesichts ihres bis dato überschaubaren Einflusses und der von ihr betonten hohen Handlungsbereitschaft genötigt sein wird, weitere Maßnahmen zur Ausweitung ihrer Bilanz anzukündigen. Das einzige, was sie daran hindern könnte, wäre ein klares kurzfristiges Bekenntnis der Fed zu einer Zinswende in 2015. Dies würde die Erwartung einer divergierenden Geldpolitik festigen, das Zinsdifferenzial ausweiten und den Euro deutlich unter Druck setzen. Ob die Fed klare Worte noch im Dezember findet, bleibt allerdings fraglich. Denn die Fed hat sich in den letzten Jahren passiv verhalten, obwohl zunehmend Gründe für eine klare Wortwahl der Fed angebracht wären. Zudem findet die nächste Sitzung der Fed (FOMC) erst am 16./17. Dezember 2014 statt und damit nach dem EZB-Treffen. Daher wird Janet Yellen Mario Draghi kurzfristig nicht aus der Patsche helfen können, was den Fokus wieder auf die EZB und damit die Ankündigung eines ausgeweiteten Aufkaufprogramms richtet.

Es muss betont werden, dass die Absicht der EZB, ihre Bilanz in den nächsten zwei Jahren um rund 1 Billion € auszuweiten, kein explizites Ziel der Notenbank darstellt. Entscheidend für die EZB und ihre Inflationsprognosen sind vielmehr eine weitere und nachhaltige Abwertung des Euro-Wechselkurses sowie mittelfristig eine Erholung der Kreditvergabe an den Privatsektor. Kurzfristig ist somit der Euro-Wechselkurs der Maßstab, der für die Beurteilung der EZB-Politik zu nutzen ist. So wäre die Reaktion der Märkte auf die Pressekonferenz für die EZB insbesondere dann enttäuschend, wenn der Euro als Folge einer EZB-Passivität aufwerten würde.

Draghi wird alles daran setzen, die Glaubwürdigkeit der EZB aufrechtzuerhalten. Doch wird es im Dezember erneut gelingen, dies auch ohne konkrete Ankündigungen zu erreichen? Die Inflationszahlen von heute Morgen haben nicht weitergeholfen, ebenso wenig wie die hohen Erwartungen, die der EZB-Präsident seit dem letzten Treffen aufrechthält. Eine Wiederholung dessen, was im November gesagt und versprochen wurde, wäre sicherlich eine Enttäuschung - worüber sich die EZB bewusst ist. Deshalb könnte die EZB bereits in der kommenden Woche eine Ausweitung ihres Aufkaufprogramms ankündigen, auch wenn Einzelheiten zu Assetklassen und Volumen erst im Januar 2015 bekanntgegeben werden.

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