DaxVestor-Kolumne Stefan Böhm

Die Eurobonds werden kommen

28.11.11 09:12 Uhr

Die Eurobonds werden kommen | finanzen.net

Die Zeiten sind wahrlich turbulent. Fitch stuft Portugal auf Ramschniveau herunter, eine deutsche Anleiheemission ...

... floppt und der ifo-Index steigt. Offenbar geht es den deutschen Unternehmen nach wie vor recht gut. Doch der Reihe nach. Am deutschen Rentenmarkt läuft es nicht mehr wie gewohnt.

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„Desaster“ für den Bund?

Herabstufungen von südeuropäischen Schuldnern sieht man hierzulande mit emotionaler Distanz. Das zeigt, dass man nicht im Geringsten damit rechnet, selbst auch einmal in eine ähnliche Bredouille zu kommen. Doch die Einschläge kommen näher. Nach Griechenland, Portugal, Spanien und Italien sind Länder wie Finnland, Österreich und selbst Frankreich ins Visier gerückt. Nun gesellt sich auch noch Deutschland zum Club. Erstmals konnte der Bund bei einer Auktion von Papieren mit zehnjähriger Laufzeit das Volumen nicht platzieren. Für rund 35 Prozent fehlte die Nachfrage. Zwar spielte Bundesfinanzminister Schäuble den Vorfall herunter, doch ob er wirklich folgenlos bleibt, ist fraglich. Auch Deutschland ist auf Geld vom Kapitalmarkt angewiesen, um Altschulden zu bedienen werden gerne neue Schulden gemacht – auch in guten Zeiten. Nicht nur die Südeuropäer, auch Deutschland lebt seit Jahren über seine Verhältnisse. Ich hoffe, dass die misslungene Auktion ein Weckruf für die Politik ist, zeigt sie doch, dass nicht nur „die da“ im Süden ein Problem haben, sondern „wir alle“. Zwar halte ich es immer noch für unwahrscheinlich, dass der Euro insgesamt scheitern wird. Mit jedem Tag, an dem die Politik nichts tut oder falsche Weichen stellt, wird die Wahrscheinlichkeit des großen Knalls jedoch ein bisschen größer.

Die Euro-Bonds werden kommen

Das weiß man auch im Bundeskanzleramt und im Finanzministerium, daher prophezeie ich, dass die umstrittenen Euro-Bonds – wie auch immer sie dann heißen mögen – kommen werden. Der vielgeschmähte „Zinssozialismus“ ist immer noch besser als die Alternative – reihenweise Staatspleiten mit unabsehbaren Folgen. Auch ein Schuldenschnitt Griechenlands wurde vor nicht allzu langer Zeit kategorisch ausgeschlossen. Auf einmal ging es dann ganz schnell. Genauso wird es auch in Sachen Eurobonds kommen. Die Macht des Faktischen ist stärker als die des Dogmas, wie es vor allem die Bundesbank pflegt. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass die Bundesbank ihren Einfluss in der EZB derart hat schrumpfen lassen, nur weil sie bis heute nicht verstanden hat, dass Geldpolitik vor allem Politik ist und kein akademisches Seminar. Erfolgreiche Politik besteht aus Mehrheitssuche und nicht aus Prinzipienreiterei, denn mit letzterer kann ich nur blockieren, aber nichts bewegen. Bis es endlich eine einheitliche europäische Position in der Schuldenkrise gibt, wird es wohl noch eine Weile dauern. Das Auf und Ab an den Finanzmärkten wird uns daher erhalten bleiben.

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Unternehmen bleiben zuversichtlich

In der Realwirtschaft ist von Krisenstimmung bislang noch keine Spur. Überraschend stieg der ifo-Index im November von 106,4 auf 106,6 Punkte. Während die Lagebeurteilung unverändert blieb, hat sich die Geschäftserwartung von 97,0 auf 97,3 Punkte verbessert. Die Umfrageergebnisse des ifo Instituts sind eine echte positive Überraschung. Allerdings muss man bedenken, dass viele Unternehmen noch auf dicken Auftragspolstern sitzen. Die Auftragseingänge sind in letzter Zeit jedoch spürbar zurückgegangen. So scheint es nur eine Frage der Zeit, bis diese Schrumpfung auch bei den Unternehmen ankommen wird. Es könnte daher durchaus sein, dass sich die Einschätzung der Unternehmen in den nächsten Monaten als zu optimistisch herausstellt.

DAX sucht einen Boden

Die Angst vor einer weiteren Eskalation der Schuldenkrise in Europa hat die Aktienmärkte schwer belastet. Der DAX fiel zeitweise sogar unter 5.400 Punkte. Ob und wann der DAX wieder nach oben blicken kann, ist recht ungewiss. Für steigende Kurse sprechen die niedrige Bewertung am Aktienmarkt und der überbordende Pessimismus vieler Anleger. In der Vergangenheit war die schlechte Stimmung oft ein guter Kaufzeitpunkt. Für weiter fallende Kurse sprechen dagegen die immer noch ungelöste Schuldenkrise und die Konjunkturrisiken, die sich als schwerwiegender erweisen könnten, als bislang angenommen. Aus charttechnischer Sicht besteht kurzfristiges Abwärtspotenzial, nachdem die Unterstützung bei 5.500 Punkten den Test nicht bestanden hat. Selbst ein neuer Fall bis auf 5.000 Punkte scheint nun nicht mehr ausgeschlossen.

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Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.