Notgedrungen legen die Anleger ihre Risikoscheu beiseite
Es ist eine Mischung aus Verlegenheit und Gier, die die Anleger ihre Scheu vor riskanteren Anlagen verlieren lässt.
Am Markt sind einfach keine renditeträchtigeren Bonds zu bekommen außer so manche Hochzinsanleihe, die man bei höherem Zinsniveau und weniger Zentralbankgeld am Markt kaum mit der Kneifzange anfassen würde. So aber wagen sich viele notgedrungen auf dünneres Eis als es ihrer Risikoneigung vielleicht entsprechen mag.
Dass dabei immer häufiger Corporate Bonds in den Fokus rücken liegt an dem fast schon globalen Trend, dass die Staaten in ihrer Währungspolitik immer egoistischer werden. Vor allem die USA, China und Japan sind es, die ihre Währung niedrig halten, um ihre eigene Wirtschaft konkurrenzfähiger zu machen. Vor diesem Hintergrund gewinnen Konjunkturdaten immer mehr an Beachtung. Immerhin sprechen gute Fundamentaldaten ja für die Sicherheit von Unternehmensanleihen. Und folgen den guten Konjunkturdaten auch noch gute Unternehmenszahlen, so springt der Funke der guten Konjunkturstimmung schnell auf den Markt für Corporate Bonds über. So ist es auch kein Wunder, dass die I-Traxx-Indizes, die den Abstand ihrer Mitgliedsemissionen zu Anleihen mit erstklassiger Bonität messen, zurück gehen, was wiederum gesunkene Risikoaufschläge für riskantere Anlagen bedeutet.
Bei Bundesanleihen ist es indessen so, dass die Renditen im kurz- und im langfristigen Bereich derzeit auf unterschiedliche Faktoren reagieren. Während sich Langläufer sensibel für Deflationsgefahren und eine erwartetet weitere Lockerung der Geldpolitik zeigen, reagieren zweijährige Bundesanleihen eher auf die Verschuldungsproblematik in der Euroland-Peripherie und die Stresssituationen bei den Eurobanken.
Quo vadis, Notenbanken?
Die japanische Notenbank hat es wieder geschafft, eine de facto Nullzinspolitik nochmals zu lockern und somit die Märkte mit dem Volumen der beschlossenen Asset-Kaufprogramme zu überraschen. Die japanische Notenbank stand wegen der Yen-Stärke und der anhaltenden Deflation mit dem Rücken zur Wand. Es besteht der Verdacht, dass die Bank of Japan lediglich die Vorreiterstellung einnimmt und andere Notenbanken folgen werden. Die amerikanische Notenbank wird sicherlich wegen der anstehenden Wahlen ebenfalls zur Stimmungsverbesserung bei den potentiellen Wählern zu ähnlichen Mitteln greifen. Ob und wie sich die europäischen Partner entscheiden werden, ist allerdings noch ungewiss.
Hapag-Lloyd und BP glänzen mit erfolgreichen Platzierungen
Mit Spannung wurde am Markt für Corporate Bonds die neue Hochzinsanleihe des Hamburger Transport- und Logistikunternehmen Hapag-Lloyd erwartet. Das Reedereigeschäft war durch die weltweite Finanzkrise schwer in Mitleidenschaft geraten. Hapag-Lloyd konnte damals nur dank einer Bund-Länder-Bürgschaft gerettet werden. Aufgrund der weltweiten Konjunkturerholung hat sich das Containerschifffahrtgeschäft aber wieder besser entwickelt als erwartet.
Durch verbesserte Unternehmenszahlen gelang es Hapag-Lloyd nun, eine Hochzinsanleihe am Markt zu platzieren. Obwohl die Schuldverschreibung erst am späten Freitagabend zugeteilt worden war, legte sie einen fulminanten Start hin und notierte sogleich 3,5 Punkte über dem Ausgabepreis. In Rendite gerechnet bedeutete dies ca. 90 Basispunkte oder 0,9% teurer als zur Ausgaberendite. Der Kupon des neuen Bonds beträgt 9%. Aufgrund der Mindeststückelung von 100.000,- Euro ist dieser Bond jedoch eher für Institutionelle Kunden gedacht. Die Bonität wird mit B3/B eingestuft. Die Anleihe wird in 2015 zurückgezahlt
Auch der krisengeschüttelte britische Ölkonzern BP wurde am Anleihemarkt aktiv. Noch während der Ölkatastrophe vor einigen Wochen wäre es undenkbar gewesen, dass es BP gelänge, den Kapitalmarkt anzuzapfen. Zu sehr schossen die Kreditausfallkosten (CDS) in die Höhe. Jetzt begab das Unternehmen zwei Tranchen mit jeweils 4- und 7- jähriger Laufzeit. Die Schuldverschreibungen werden zu 3,1% und 3,83% verzinst und haben ein Volumen von jeweils einer Milliarde Euro. Das Rating beträgt A2/A. Das Vertrauen in das Unternehmen scheint teilweise zurückgekehrt zu sein. Die Nachfrage war größer als das Angebot und so konnte ein Kursgewinn zum Ausgabepreis verbuchen werden.
Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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