Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Zinserhöhungen in den Schwellenländern sorgen nur für ein kurzes Strohfeuer

30.01.14 11:30 Uhr

Zinserhöhungen in den Schwellenländern sorgen nur für ein kurzes Strohfeuer | finanzen.net

Viele Investoren sahen die Kurszuwächse als zweite Chance zum Ausstieg!

Es ist wieder Grippe-Zeit und die Schwellenländer hat es stark erwischt. So erreichte der Euro gegenüber dem südafrikanischen Rand und der türkischen Lira neue Allzeithochs. Diese wurden bei 15,4970 ZAR bzw. 3,2723 TRY markiert. Um Anlagen in der türkischen Landeswährung für Investoren interessanter zu machen, beschloss die türkische Notenbank CBRT am Dienstag dieser Woche kurzerhand mehr als eine Verdoppelung des Leitzinses von bisher 4,50% auf 10,00%. Dies wirkte wie Antibiotika gegen die Grippe der türkischen Lira und so fiel der Euro zum ersten Mal in diesem Jahr unter die Marke von 3,0 TRY. Auch der südafrikanische Rand konnte kurzfristig wieder etwas durchatmen, da auch andere Schwellenländer ihre Leitzinsen erhöht hatten. Allerdings im Vergleich zur Türkei in homöopathischen Dosen. In Südafrika wurde der Leitzins um 0,5%-Punkte auf 5,5% und in Indien um 0,25%-Punkte auf 8% angehoben. Doch bereits im gestrigen Tagesverlauf verpuffte die Wirkung wieder wie ein Placebo. Denn viele Investoren machten kurzfristig Kasse und andere sahen die Kursanstiege bei Währung und Anleihen als zweite Chance für den Ausstieg.

Auch Russland konnte sich der wieder aufflammenden Währungskrise in den Schwellenländern nicht entziehen. Der russische Rubel fiel gestern auf ein Rekordtief. Für einen Euro gab es in der Spitze 48,2140 Rubel. In der Folge wurden Rubel-Anleihen, wie z.B. eine Anleihe der Russischen Föderation mit Endfälligkeit 2/2027 (A1G10S), trotz einer Rendite von über 8,40% abgestoßen.

Es war zu befürchten, dass mit einer Änderung in der amerikanischen Geldpolitik die Schwellenländer vor Probleme gestellt werden würden. Hatten die Schwellenländer vor Jahren mit extremen Mittelzuflüssen zu kämpfen, die einerseits zwar Wohlstand in die Länder brachten, aber auch die Exportwirtschaft schädigten, so sehen die Investoren nun kein lohnendes Betätigungsfeld mehr. Dies führte zu unkontrollierten Mittelabflüssen und zerstört binnen Kürze das bisher Erwirtschaftete. Der Begriff der Heuschrecken lässt grüßen!

Dennoch bergen solche Marktturbulenzen auch Chancen für Anleger und somit waren in diesen Tagen viele Währungsanleihen im Fokus der Anleger.

Gefragt war nach unserer Beobachtung in dieser Woche u.a. eine auf TRY lautende Anleihe der KfW (A1RE81), die bis 1/2017 läuft und mit ca. 10,13% rentiert. Ebenso rege gehandelt wurde eine Medium Term Note der Rentenbank (A1MAQP) mit Laufzeit 4/2017 und einer Rendite von fast 10,50% sowie ein Bond der Europäischen Investitionsbank (EIB) mit Fälligkeit 7/2019 und einer Rendite von ca. 9,86% (A1HTLK). Aber auch eine Doppelwährungsanleihe wie die BRL/US-Dollar-Anleihe (A0GX8S) Brasiliens mit Laufzeit 1/2022 und einer Rendite von 10,33% oder auch eine auf südafrikanische Rand lautende Medium Term Note der EIB (A1GNTF), die 3/2021 fällig wird und mit rund 8,24% rentiert, wurden häufig angefragt.

Wink der Bundesbank mit dem Zaunpfahl

Zur Abwendung einer Staatspleite soll als letztes Mittel eine einmalige Sondersteuer erhoben werden können.

Die ansonsten sehr zurückhaltend agierende Bundesbank hat am Montag einen Vorschlag gemacht, der seinen Beifall in den Geberländern der Europäischen Union finden mag. Im Falle einer drohenden Staatsinsolvenz sollten Krisenländer demnach einmalig eine Vermögensabgabe erheben, also eine Art Zwangsabgabe oder Reichensteuer als letztes Mittel zur Abwendung einer Staatspleite. Anstatt nach Hilfen der Partnerländer im Euroraum zu rufen, könnten Staaten bei drohender Überschuldung doch bitte zuerst das Vermögen ihrer Steuerzahler anzapfen, lautet der Vorschlag aus Frankfurt. Schließlich ist nach EU-Recht die Haftung für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedsstaaten ausgeschlossen - zumindest in der Theorie. Hilfsprogramme anderer Mitgliedsstaaten sollten daher bis zum Ausnahmefall nur als Ultima Ratio eingesetzt werden.

Die Bundesbank betont, dass sich die Frage nach einer Vermögensabgabe derzeit nicht stelle, weil alle Euroländer sich entweder am Kapitalmarkt refinanzieren könnten oder in einem Hilfsprogramm steckten. Aber sie hat damit eine Idee ins Spiel gebracht, die weg geht von der Vergemeinschaftung der Schulden und hin zu mehr Eigenverantwortung der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten.

Der Glaube freilich, dass der Gedanke an eine solche Sondersteuer dafür sorgen könnte, ausufernde Staatsschulden im Zaum zu halten, wäre naiv. Denn allein schon bei der geringsten Ahnung, eine solche Abgabe könnte drohen, würden die Reichen des betroffenen Pleitelandes ihr Geld in Sicherheit bringen. Kapitalflucht und Vertrauensverlust von Investoren wären die Folge. Man kann davon ausgehen, dass die griechischen Reeder und die hochvermögenden Privatleute Oberitaliens den Wink der Bundesbank mit dem Zaunpfahl verstanden haben. Immerhin sind sie ja, im Gegensatz zu den Anlegern in Zypern, bisher nicht zur Kasse gebeten worden. Jetzt aber sind alle gewarnt.

Janet Yellen übernimmt das Zepter

Wie stark tritt die US-Notenbank auf die Bremse?

Oftmals sind Machtwechsel mit viel Tamtam verbunden. So ist die Krönung eines Monarchen oder die Vereidigung eines neuen Staatsoberhauptes stets ein besonders Ereignis. Aber den obersten Währungshüter in den USA wechselt man zumindest feiertechnisch geräuschlos aus. Und dennoch schauten weltweit alle Börsianer gebannt nach Washington.

Die große Frage lautete bereits vor Wochen: "Wie wird sich die Neue im Job profilieren?" Schon vor mehr als fünf Jahren haben die USA - in persona von Ben Bernanke - mit dem Ankauf von Staats- und Hypothekenpapieren für eine Stabilisierung der Kapitalmärkte gesorgt und ausgerechnet jetzt, mit der Inthronisation der als Taube bekannten neuen Chefin, Janet Yellen, soll ein Richtungswechsel in der amerikanischen Zinspolitik vonstattengehen. Allerdings unterhalten wir uns nicht über das Einsammeln der bisherigen finanziellen Mittel, sondern über eine Reduzierung der künftigen, zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel. Insbesondere nach den jüngsten - teilweise heftigen - Zinsanhebungen der Notenbanken in den Schwellenländern wurden mit Spannung die gestrigen Beschlüsse der Federal Reserve erwartet. Nun herrscht Klarheit!

Die Notenbanker ließen sich aufgrund der guten Wirtschaftsdaten nicht von ihrem Weg abbringen und reduzierten die monatliche Liquiditätsspritze auf 65 Mrd. US-Dollar. Somit wird die Spritze zukünftig nur noch zum Teil aufgezogen. Aber dennoch sind wir von einer Zinserhöhung noch meilenweit entfernt! Man sollte auch nicht den Fehler machen und die vergangenen Entscheidungen in die Zukunft projizieren. Denn so einfach wird es nicht funktionieren, das Ende der Liquiditätszufuhr zu ermitteln. Es wird noch Phasen geben, in denen die Reduzierung kleiner ausfallen wird. Wichtig ist nur: Der Anfang ist gemacht!

EZB droht in die Zwickmühle zu geraten

Deflationäre Tendenzen könnten die Spielräume der Zentralbank einengen.

Nein, die Gefahr einer Deflation in der Eurozone sehe er nicht, beteuerte EZB-Chef Mario Draghi auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Er sei sich aber bewusst, dass mit einer langen Phase sehr niedriger Inflation entsprechende Risiken verbunden sein könnten.

Das sehe ich auch so. Denn was Verbraucher zunächst freut, ist ein Teufelskreis aus fallenden Preisen für Waren und Dienstleistungen und einer schrumpfenden Wirtschaft. Dieser Teufelskreis könnte in Gang kommen, wenn ausgerechnet der Ölpreis, der früher oft inflationstreibend war, so niedrig bleiben würde wie bisher. Mit rund 96,6 US-Dollar je Barrel notiert Öl (WTI) derzeit deutlich unter der 100-Dollar-Marke, was etwa die Commerzbank dazu veranlasst, für Februar von einem Absinken der Inflation auf 0,6% auszugehen. Allein 0,2 %-Punkte steuere hierzu das günstige Öl bei. Die EZB droht also in eine Zwickmühle zu geraten. Einerseits müsste sie zur Abwehr der Deflation die Zinsen eher anheben. Andererseits aber sollte der zaghafte Aufschwung vor allem in den Südländern der EU-Zone nicht abgewürgt werden. Deflationäre Tendenzen können hier die Spielräume der EZB einengen.

Draghi wagt einen Blick ins Gift-Fass

EZB-Präsident sinniert in Davos über den möglichen Aufkauf von verbrieften Krediten durch die Zentralbank.

Auf dem Weltwirtschaftsforum im Schweizerischen Davos hat uns der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, einen Einblick in seine Gedankenwelt gewährt. Zu dem Instrumentenkoffer der Notenbanken gefragt, brachte er nach langer Zeit wieder die Möglichkeit des Aufkaufs von Kreditverbriefungen ins Spiel und gab zu, dass er von Staatsanleihekäufen en gros nicht sonderlich viel hält. Diese waren in der Vergangenheit von den Notenbanken Japans, der USA und Großbritanniens zum Einsatz gebracht worden.

Ob es sich bei dieser negativen Betrachtungsweise im Vorfeld der nahenden Karlsruher Entscheidung zu den Ankäufen durch die EZB nun um eine Vorsichtsmaßnahme handelt, kann nicht final beantwortet werden. Allerdings ist diese Sichtweise schon etwas verwunderlich, da Mario Draghi mit seiner Ankündigung des unbegrenzten Ankaufs von Staatsanleihen der Krisenstaaten bereits zu einer merklichen Entspannung an den europäischen Kapitalmärkten beigetragen hat, ohne einen einzigen Euro einsetzen zu müssen. Damals war man von der Wirkung dieser Arznei zu 100% überzeugt. Der nun eingeläutete Paradigmenwechsel hin zum Ankauf von verbrieften Kreditpaketen ist umso verwunderlicher, da diese als Ursache der globalen Finanzkrise gelten.

Nach der Verschärfung der gesetzlichen Rahmenbedingungen war es nicht überraschend, dass dieses Marktsegment fast vom Aussterben bedroht war. Aber um die Kreditvergabe wieder in Schwung zu bringen, hat man nur eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten. Die Bündelung von Verbraucher- und Unternehmenskrediten (ABS) zum Zwecke der Begebung von Wertpapieren ist mit dem Griff in ein Gift-Fass zu vergleichen. Davon auszugehen, dass die Risiken inzwischen beherrschbar wären, zeugt von einer gewissen Selbstüberschätzung. Vielleicht ist es aber auch nur der Plan B, den die EZB benötigt, wenn das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe voraussichtlich im April die Anleihekäufe der EZB für verfassungswidrig erklären sollte.

Corporate Bonds: Wenig los am Primärmarkt

Der Primärmarkt dümpelte in dieser Woche in Erwartung der Fed-Sitzung so vor sich hin. Am Dienstag emittierte Fresenius eine 10-jährige Anleihe (A1ZC60) mit Fälligkeit 2/2024 und einem Volumen von 300 Mio. €. Der Kupon für diesen Bond wurde bei 4,00% festgeschrieben. Gepreist wurde die Anleihe bei +201 bps über Mid Swap, was einem Emissionspreis von 100,00% entsprach.

Trotz der Marktunsicherheit entschloss sich der französische Telekommunikationsanbieter Orange am gestrigen Mittwoch zwei Perpetual-Anleihen an den Markt zu bringen. Beide Tranchen haben jeweils ein Volumen von 1 Mrd. € und sind mit Kündigungsrechten in 6 bzw. 10 Jahren ausgestattet. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die eine Anleihe (perpetual call zum 07.02.2020) mit einem Kupon von 4,25% und die andere Anleihe (perpetual call zum 07.02.2024) mit einem Kupon von 5,25% ausgestattet.

Euro-Bund-Future: Die Wiedergeburt der Safe Haven Diskussion

Wie nachhaltig sind die Beschlüsse?

Es scheint so, als ob sich der Euro-Bund-Future in höheren Gefilden aktuell ziemlich wohl fühlt. Denn zur Wochenmitte stieg das Sorgenbarometer auf 143,30%, dem höchsten Stand seit über acht Monaten. Demzufolge ging es auch für die 9 1/2-jährige Bundrendite gen Süden, bis auf 1,63%. Im weiteren Handelsverlauf verlor der für die deutschen Staatstitel richtungweisende Bund-Future nur leicht an Höhe. Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hatte die türkische Notenbank durch ihre doch in ihrer Deutlichkeit sehr überraschende Zinsentscheidung. Dadurch hatte sich die Situation bei den Anleihen der Schwellenländer vorübergehend entspannt und führte zu einem Nachlassen der Flucht in die als sicherer Hafen geltenden Bundesanleihen. Das Rentenbarometer notiert aktuell knapp unter 143,00%.

Aus der Sicht der Charttechniker ergibt sich daher folgendes Bild. Als Widerstand ist die Marke bei 143,25% (Hoch vom August 2013) anzusehen. Die Unterstützung verläuft in dem Bereich um die 142% bzw. 141,75%.

Erst nach genauer Analyse der Notenbankentscheidungen wird sich in den nächsten Handelstagen herausstellen, ob die getroffenen Maßnahmen nachhaltig wirken oder doch nur als Zwischenlösung einzustufen sind. Infolge der Globalisierung sind die Beschlüsse nur noch in ihrer Komplexität zu sehen, müssen für ein ausgewogenes Kräfteverhältnis an den Finanzmärkten sorgen und sollten nicht nur Strohfeuer entfachen.

Neuemissionen: USA im Zeichen der Schuldenobergrenze

Bund kann sich der günstigen Konditionen nicht erwehren.

Endlich gibt sich auch die USA wieder die Ehre und stellt den Investoren ein Potpourri von Laufzeiten zwischen 4 Wochen und 7 Jahren im Volumen von 154 Mrd. US-Dollar zur Verfügung. In Anbetracht der anhaltenden Diskussionen um die Anhebung der Schuldenobergrenze kommt dies einem kräftigen Schluck aus der Pulle gleich. Ursprünglich waren die Marktteilnehmer vom 6. Februar 2014 als spätesten Termin ausgegangen, aber so eilig scheint es nur der Finanzminister zu haben, der im Februar noch 230 Mrd. US-Dollar für Steuerrückerstattungen benötigt und für spätestens Ende Februar die Zahlungsunfähigkeit befürchtet.

Aber auch in Euroland werden weiterhin Gelder zur Haushaltsfinanzierung benötigt und daher haben die Niederlande mittels zweier Anleihen mit Laufzeiten von 2 und 23 Jahren insgesamt 2 Mrd. € aufgenommen. Finnland hingegen beschaffte sich 4 Mrd. € mit einer 10-jährigen Anleihe zu 2,055%. Diese Rendite erfreute sicherlich den finnischen Finanzminister, aber sein deutscher Kollege hat sich noch günstiger refinanzieren können. Nämlich für 10 Jahre musste am gestrigen Mittwoch die Finanzagentur der Bundesrepublik Deutschland bei einer 1,8-fachen Überzeichnung den Investoren nur eine Rendite von 1,77% bieten. Die neue Benchmark-Anleihe (110233) hat vorerst ein Volumen von 5 Mrd. € und die nächste Aufstockung steht erst Mitte Februar auf der Agenda.

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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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