Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Weißer oder schwarzer Rauch aus Fukushima über den Bondmärkten

24.03.11 14:35 Uhr

Weißer oder schwarzer Rauch aus Fukushima über den Bondmärkten | finanzen.net

Der Rentenmarkt steht nach wie vor im Banne der alt bekannten Gespenster.

Da hängt weiterhin das Damoklesschwert der exorbitanten Staatsverschuldung in Europa und den USA über den Märkten - von den drohenden Inflationsgefahren ganz zu schweigen. Und da starren die Anleger gebannt auf den Liveticker aus Japan. Ohne sarkastisch wirken zu wollen, aber die Frage, ob aus Fukushima weißer oder schwarzer Rauch aufsteigt, wird darüber entscheiden, ob die Märkte noch ein gewaltiges Nachbeben erleben werden oder nicht.

Vor dem Hintergrund dieser Szenarien verharrt das Gros der Anleger am Bondmarkt in einer Art Paralyse, während sich eine Minderheit mit dem „Bottomfishing“ beschäftigt. In der Hoffnung, eine Bodenbildung erreicht zu haben, baut diese Gruppe derzeit Positionen auf - hauptsächlich bei Staatsanleihen, speziell die der PIIGS-Staaten. Zugespitzt kann man sagen, dass diese Anleger selbst beim Toilettengang das Handy noch am Ohr haben, um ja keine böse Überraschung zu erleben. So hypernervös sind die Bondmärkte eben derzeit. Immerhin, nachdem sich Ende letzter Woche die Lage rund um das Atomkraftwerk Fukushima vorübergehend entspannt hatte, atmeten auch die internationalen Kapitalmärkte auf und verbuchten teilweise respektable Kursgewinne.

Bau eines EU-Krankenhauses

Nun ist es endlich soweit. Der EU-Rettungsschirm wurde zu einem Rettungsdach umgebaut und soll ab 2013 für alle Fälle zur Verfügung stehen. Das entstandene Haus ist wesentlich größer, aber auch deutlich teurer geworden. Neben dem eingezahlten Grundkapital von 80 Milliarden Euro soll der Europäische Stabilitätsmechanismus 620 Milliarden Euro an abrufbarem Kapital erhalten, um das effektive Kreditvolumen von 500 Milliarden Euro zu erreichen. Nur so war das AAA-Rating zu realisieren. Die Beträge der einzelnen Staaten errechnen sich nach dem Anteil am Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone (75%) und am Anteil der Gesamtbevölkerung. Somit sind die Zahlen für Deutschland schnell und einfach bestimmt. Der Bauherr Deutschland muss eine Bareinlage von fast 22 Milliarden Euro erbringen und zusätzlich die bisherigen Bürgschaften von 123 Milliarden auf die abrufbare Summe von über 200 Milliarden ansteigen lassen. Mit den Maastrichter Verträgen wäre das nicht vereinbar, aber unsere Politiker sind sehr einfallsreich. Die Zusammensetzung der zu beachtenden Schulden wird von den Politikern selbst bestimmt. So lässt sich kein Vertrauen schaffen! Notwendig ist dieses Haus allerdings allemal, denn schon gestern hat sich die Krise in Portugal wieder zugespitzt. Das Scheitern der Sparpläne im Parlament hat eine neuerliche Regierungskrise ausgelöst, die im Rücktritt des Präsidenten gipfelte. Somit ist der Weg Portugals unter den Rettungsschirm vorgezeichnet. Griechenland hat sich mit den ermäßigten Zinssätzen zwar etwas Luft verschaffen können, aber Experten wie der frühere Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, halten eine Griechenland-Umschuldung für unausweichlich. Diese immer wieder im Raum stehende Forderung würde aber auch eine zusätzliche Belastung für die gesamte europäische Finanzbranche bedeuten, mit nicht absehbaren Folgen.

In diesen Zeiten stehen die Zeichen also eher auf Sturm und die anstehenden Zinsentscheide in Euroland und England tragen auch nicht zu einer echten Beruhigung der Märkte bei. Die Inflationssorgen werden bei den Notenbankern der BoE immer größer, weshalb eine Zinsanhebung im April immer wahrscheinlicher wird. Auch die EZB-Vertreter blasen in dieses Horn. So ist zu befürchten, dass durch diesen Schritt zwar die Zweitrundeneffekte vermieden werden können, aber auch die Märkte einem realistischen Stresstest unterzogen werden.

Die Liste der Patienten für das EU-Krankenhaus wird immer länger und über die Heilungsmethoden wird nicht zuletzt beim EU-Gipfel in Brüssel noch heftig diskutiert werden.

Die Frage aller Fragen lautet aber, wie viele Patienten können wir denn gleichzeitig versorgen und wie schützen wir uns vor einer Ansteckung?

Wie meistert Japan den Wiederaufbau?

Japan muss einen gigantischen Nachtragshaushalt stemmen. Nach dem verheerenden Tsunami und der darauf folgenden Atomkatastrophe werden die Kosten zum Wiederaufbau auf mehr als 300 Mrd. Dollar geschätzt, worin die Kosten für die Atomkatastrophe noch gar nicht enthalten sind. Die Frage ist nur, wo das Geld her kommt. Dabei sind verschiedene Szenarien denkbar, deren Nachbeben an den Kapitalmärkten zu spüren sein dürften. Zögen die Japaner ausländisches Kapital ab, würden vor allem die US-Amerikaner darunter leiden, deren zweitgrößter Gläubiger Japan ist.

Sollte Tokio den Wiederaufbau verstärkt über die Ausgabe neuer Anleihen finanzieren wollen, wäre denkbar, dass die anderen Notenbanken den Japanern zur Seite springen, indem sie die Nippon-Bonds geräuschlos aufkaufen. Sicher, es ist den japanischen Unternehmen zuzutrauen, dass sie ihr Land zu einem großen Teil selbst aus dem Sumpf ziehen können. Fest steht aber auch, dass der Wiederaufbau diesmal wesentlich mehr Anstrengungen erfordert als nach dem Erdbeben von Kobe vor 16 Jahren.

Schuldensünder USA - a never ending story

Trotz der Brisanz in den USA erzielen die Politiker bei der Lösung der anstehenden Schuldenprobleme keinerlei Fortschritte. Immer noch sind die Fronten verhärtet und im „Vor-Vorwahlkampfgeplänkel“ läuft man Gefahr den bisherigen Kredit bei den Investoren zu verspielen. Die Schuldenuhr tickt und tickt und die Prognosen für das laufende Jahr lauten 1,65 Billionen US-Dollar. Diese Rekordsumme ist allerdings noch ohne neue Kosten für Einsätze der NATO in Libyen und notwendiger Hilfsaktion für Japan entstanden. Die bisherigen Treiber für dieses finanzielle Desaster sind schnell ausgemacht. Die staatlichen Gesundheitsprogramme, die Sozialversicherung, die Verteidigungsausgaben und die nicht korrelierenden Steuereinnahmen infolge der wirtschaftlichen Unterentwicklung sind die Verursacher dieser Misere. In den 90er Jahren wurde sogar befürchtet, dass der Staat in der glücklichen Lage wäre, keine Longbonds (30 Jahre) mehr begeben zu müssen. An diesem Handelstag kam es zu "Hamsterkäufen" bei T-Bonds. Heute einfach unvorstellbar!

Die Überschreitung der bisherigen Schuldenobergrenze bei 14,3 Billionen US-Dollar ist nach Berechnungen des US-Finanzministeriums ab dem 15. April möglich. Die Probleme Japans können die Situation aber jederzeit verschärfen. Um die Situation zu entschärfen, läuft alles auf einen Kompromiss hinaus. Ein Abdrehen des Geldhahns von heute auf morgen ist so nicht machbar, und wenn der Kongress Einschnitte beschließen würde, die erst später in Kraft gesetzt würden, so hätte man die notwendige Zeit, die Bürger zu informieren.

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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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