Für 2011 ist die Pipeline am Bondmarkt prall gefüllt
Auch 2011 ist mit äußerst lebhaften Emissionstätigkeiten am Bondmarkt zu rechnen.
Nach einem Emissionsvolumen 1,7 Bio. Euro in diesem Jahr rechnet der Finanzdatenanbieters Dealogic mit einer Emissionslawine von 2,4 Bio. Euro in 2011.
Ursache dieser Entwicklung ist unter anderem der Refinanzierungsbedarf der Banken im Euro-Raum, den die Europäische Zentralbank (EZB) in den kommenden beiden Jahren auf eine Bio. Euro schätzt. Hinzu kommt die Euro-Schuldenkrise, die zu einem erhöhten Kapitalbedarf zur Finanzierung der Euro-Rettungsschirme gesorgt hat. So planen die Europäische Union und die Europäische Finanzstabilitätsfazilität bereits im Januar ihre ersten Anleihen in Milliardenhöhe zu begeben, um den irischen Banken aus der Klemme zu helfen. Außerdem trägt die anhaltende Tendenz von Unternehmen, sich verstärkt am Kapitalmarkt zu refinanzieren, zu der Emissionstätigkeit bei.
Vorweihnachtliche Ruhe im Bondhandel
Indessen ist im Bondhandel weit gehend vorweihnachtliche Ruhe eingekehrt. Die noch vorhandenen Handelsaktivitäten dienen in der Regel nur dazu, Positionen glatt zu stellen, was für die Zeit vor Jahresultimo aber normal ist. Im Sektor für Government Bonds stand die Bundesanleihe mit der Laufzeit Juli 2019 im Fokus. Auch der 2049er-Treasury Bonds der britischen Regierung wurde häufig gehandelt. Bei Corporates waren Bonds der Rabobank, der SAP AG und der italienischen Geschäftsbank Monte dei Paschi di Siena die am meisten gehandelten Papiere. Ein kleiner Impulsgeber war die Emission des französisch-amerikanischen Telekommunikationskonzern Alcatel-Lucent. Die Neuemission umfasste 500 Millionen Euro und wird mit 8,5% p. a. verzinst.
Banken entdecken Contingent Convertibles als neue Anleiheform
Indirekt werden auch die verschärften Eigenkapital-Richtlinien des Finanzmarkt-Regelwerks Basel III stark zu dem erhöhten Emissionsdruck auf der Anleihenseite beitragen. Basel III hat zwar eine Eigenkapitallücke der Banken zur Folge, die durch eine Aufstockung des Eigenkapitals - etwa durch Ausgabe neuer Aktien - geschlossen werden kann. Es ist aber davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren verstärkt Finanzinstitute eine neue Anleiheform, so genannte Contingent Convertibles, emittieren werden. Die britische Lloyd’s Bank hat es schon gewagt, die Credit Suisse soll folgen. Contingent Convertibles sind Pflicht-Wandelanleihen, die bei sinkendem Kernkapital die Anleihen in Aktien tauschen. Damit erhält eine notleidende Bank automatisch Kernkapital und stärkt somit ihr Kapitalpolster, das gemessen an der Kernkapitalquote (Tier 1) laut Basel III stufenweise von derzeit 4 auf 6 % erhöht werden muss. Diese riskante Anleiheform konnte sich jedoch bisher nicht in Deutschland etablieren.
Damoklesschwert der Euro-Bonds schwebt über Bankbilanzen
Dass die Banken vor allem im Zuge der Euro-Krise lieber Euro-Staatsanleihen aufgekauft haben, statt Kredit zu vergeben, hat einen Grund. Schließlich galten Euro-Staatsanleihen bis dato per se als risikolos, also mussten die Institute kein teures Kapital zur Absicherung dieser Positionen vorhalten. Im Nachhinein hat sich diese Praxis als Ursache für das Damoklesschwert einer neuen Krise entpuppt. Ohne die risikolose Variante des Geldverdienens hätten die Banken nicht in so übersteigertem Maß Staatsanleihen mit mäßigem Rating zusammengekauft.
Nun aber sitzen sie auf diesen Positionen, bei denen ein Zahlungsausfall eine neue Bankenkrise auslösen könnte. Und weil die Institute die Euro-Staatsanleihen vom Handelsbestand dorthin verschoben haben, wo sie mehr Bewertungsfreiheiten haben, nämlich ins Bankbuch, können die Gefahren noch übertüncht werden. In Wahrheit aber lauern in den deutschen Bankbilanzen neue toxische Gefahren. Kein Wunder also, dass sich die Forderungen nach „mehr Ehrlichkeit in Bankbilanzen“ mehren. Warum sollten sich Banken, die Staatsanleihen aus dem Euro-Raum in ihren Büchern haben, nicht auch durch Kapitalaufstockungen gegen Ausfälle absichern – so wie es die Europäische Zentralbank erste vergangene Woche getan hat?
Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de
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