Siemens verfehlt Gewinnerwartungen und wird pessimistischer für das Gesamtjahr - Aktie büßt ein
Dem Technologiekonzern Siemens bläst zunehmend der konjunkturelle Gegenwind ins Gesicht.
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Vor allem die Eintrübung in Schlüsselmärkten wie der Autoindustrie und im Maschinenbau machten den Münchnern im dritten Quartal zu schaffen. Trotz voller Auftragsbücher und eines steigenden Umsatzes gingen die Ergebnisse zurück. Die für die Finanzmärkte wichtige operative Marge nahm deutlich ab. Das Management wurde daher bei seiner Jahresprognose vorsichtiger.
Zwar bestätigte das Management am Donnerstag bei der Vorlage der Zahlen grundsätzlich seine Prognose. Allerdings geht Siemens nun davon aus, bei der bereinigten operativen Marge (Ebita) für das Industriegeschäft das untere Ende der erwarteten Spanne von 11 bis 12 Prozent zu erreichen. Die Umsätze sollen vergleichbar moderat wachsen. Allerdings sei dieses Ziel "herausfordernder" geworden, erklärte Finanzchef Ralf Thomas. Die Prognose für das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis je Aktie wurde bekräftigt. Kosten für Personalabbau sind dabei herausgerechnet.
Geopolitik und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft schadeten einer ansonsten positiven Investitionsneigung, kommentierte Konzernchef Joe Kaeser. Er vertraut beim Erreichen der Jahresziele auf die weiter vollen Auftragsbücher. Probleme bereitet jedoch das kurzzyklische Geschäft in der Digitalsparte. Der Bereich macht einen hohen Anteil seiner Umsätze mit der Auto- und der Maschinenbauindustrie. Und für die beiden Branchen erwartet Thomas für "die kommenden drei bis vier Quartale" eine anhaltende Abschwächung.
Im dritten Geschäftsquartal (per Ende Juni) sank das bereinigte Ebita des Industriegeschäfts um 12 Prozent auf rund 1,9 Milliarden Euro und verfehlte die Erwartungen der Analysten. Die entsprechende Marge nahm von 11,3 Prozent auf 9,6 Prozent ab. Bereinigt um Kosten für den Personalabbau lag die Marge bei 9,9 Prozent. Zufrieden zeigte sich Finanzvorstand Thomas damit nicht. "Wollen wir uns an Margen unter 10 Prozent gewöhnen? Nein", sagte er in einer Telefonkonferenz.
Die bereinigten operativen Margen der neu formierten Sparten digitale Industrie, smarte Infrastruktur sowie Gas and Power gingen im Quartal zum Teil deutlich zurück und lagen unter den mittelfristigen Zielen des Konzerns. Nur das Zuggeschäft erzielte steigende Renditen und lag im mittelfristigen Korridor. Netto sank der Gewinn im Konzern leicht von 1,1 auf 1,0 Milliarden Euro.
In der Digitalisierungssparte wirkte sich die Schwäche in der Autoindustrie sowie im Maschinenbau unter anderem negativ auf das Automatisierungsgeschäft aus. Eine bessere Entwicklung im Softwaregeschäft konnte das nicht ausgleichen. Rund 20 Prozent der Umsätze im Digitalisierungsgeschäft macht Siemens mit der Autoindustrie, etwa 15 Prozent mit dem Maschinenbau.
Siemens will nun gegensteuern: Investitionspläne sollen überprüft werden, wobei Zukunftsthemen wie Cloud-basierte Lösungen jedoch ausgeklammert sind. Auch setzt Siemens auf strikte Kostenkontrolle. So soll die Profitabilität der Sparte im Schlussquartal stabilisiert werden. "Wir erwarten eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum Vorquartal", sagte Thomas.
Aber auch das vor der Ausgliederung stehende Energiegeschäft Gas and Power verzeichnete sinkende Ergebnisse. Der Bereich, der derzeit einen erheblichen Kapazitäts- und Stellenabbau durchläuft, leidet weiter unter hohem Wettbewerbs- und Preisdruck sowie einer zu niedrigen Auslastung.
Trotz des sich eintrübenden Umfeldes steigerte Siemens den Umsatz um 4 Prozent auf rund 21,3 Milliarden Euro, vor allem dank steigender Erlöse bei den beiden börsennotierten Töchtern Siemens Gamesa Renewable und Siemens Healthineers, die bereits die Tage zuvor Zahlen vorgelegt hatten. Zudem kann Siemens weiter auf volle Auftragsbücher blicken. Dank mehrere Großaufträge bei Siemens Gamesa und in der Zugtechniksparte erhöhte sich der Ordereingang um 8 Prozent auf 24,5 Milliarden Euro.
Siemens befindet sich in der größten Transformation seit Jahren. Die Münchner wollen sich mittelfristig von ihren Energiegeschäften trennen und sich auf die Digitalisierung konzentrieren. Die neu zum 1. April formierte Energiesparte Gas and Power will der Konzern ausgliedern und bis September 2020 an die Börse bringen. Dabei will Siemens die Mehrheit an dem neuen Unternehmen abgeben, aber Ankeraktionär bleiben. In die neue Gesellschaft soll dann auch der Anteil von 59 Prozent an dem Windanlagenbauer Siemens Gamesa eingebracht werden.
Siemens will sich künftig auf seine Wachstumsfelder Digital Industries sowie Smart Infrastructure konzentrieren. In den Märkten Automatisierung, industrielle Digitalisierung und intelligente Infrastruktur will Siemens deutlich zulegen und seine Stellung ausbauen. Flankiert werden sie von der börsennotierten Mehrheitsbeteiligung Siemens Healthineers sowie der Bahntechnik. Die strategische Neuausrichtung ist Teil des Programms "2020+", mit dem der Konzern Wachstum und Profitabilität ankurbeln will.
Siemens-Aktie unter Druck
Für die Siemens-Aktionäre läuft es 2019 bislang alles andere als gut: Weil der Technologiekonzern nun für den weiteren Geschäftsverlauf skeptischer wird, trennten sich am Donnerstag die Investoren zuhauf von den Papieren. Mit einem Minus von letztlich 4,03 Prozent auf 95,00 Euro waren die Anteile der schwächste Wert im DAX und nahmen Kurs auf ihr Anfang Februar markiertes Jahrestief bei 90,85 Euro.
Die hohen Kursverluste bremsten auch den DAX aus. Der deutsche Leitindex, in dem Siemens schwer gewichtet ist, tat sich mit dem Vordringen in die Gewinnzone schwer und notierte zuletzt 0,2 Prozent moderat höher.
Siemens gab sich angesichts einer Eintrübung in den Schlüsselmärkten für das laufende Geschäftsjahr 2018/19 pessimistischer. Neben der Prognose der Münchener sorgten aber auch die vorgelegten Zahlen für das dritte Geschäftsquartal am Markt für Ernüchterung. Sie seien durch und durch enttäuschend, schrieb Analyst Wasi Rizvi von der Bank RBC in einer aktuellen Studie. Der Bereich Digitale Fabrik habe besonders unter der konjunkturellen Abschwächung gelitten.
Analyst Andreas Willi von JPMorgan bezeichnete das Quartal als schwach. Die Margen seien in allen Segmenten außer Mobilität enttäuschend ausgefallen. Auch der Cashflow habe sich schwach entwickelt. Das Zahlenwerk dürfte zu einer Senkung der durchschnittlichen Marktschätzungen für das zweite Halbjahr führen. Auch für 2020 könnte Anpassungsbedarf bestehen. Er senkte am Nachmittag sein Kursziel für die Siemens-Papiere von 124 auf 120 Euro, blieb aber aus Bewertungsgründen bei seinem "Overweight"-Votum. Siemens habe ein schlechtes Quartal hinter sich, das die Notwendigkeit von weitreichenden Veränderungen unterstreiche, schrieb er in seiner Studie.
Aussagen von Siemens, man wolle sich erst gar nicht erst an Margen von unter zehn Prozent gewöhnen, wurden allenfalls als Beschwichtigungsversuche wahrgenommen, mehr nicht. Siemens geht nun davon aus, bei der erwarteten operativen Marge (Ebita-Marge) für das Industriegeschäft das untere Ende der angepeilten Spanne von 11 bis 12 Prozent zu erreichen. Die Umsätze sollen vergleichbar moderat wachsen. Allerdings sei dieses Ziel "herausfordernder" geworden. Die Prognose für das Ergebnis je Aktie wurde bekräftigt.
Geopolitik und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft schadeten einer ansonsten positiven Investitionsneigung, kommentierte Konzernchef Joe Kaeser die Situation. Er vertraut beim Erreichen der Jahresziele auf die weiter vollen Auftragsbücher.
Der positive Auftragseingang dürfte allerdings teilweise bereits eingepreist sein, schrieb Analyst Guillermo Peigneux Lojo von der Schweizer Großbank UBS. Dagegen dürften die deutlich verfehlten Margenerwartungen und die pessimistische Prognose nun die Stimmungslage dominieren.
Ein Händler sah indes im nachgebenden Aktienkurs angesichts der guten Auftragslage eine Kaufgelegenheit. Die Siemens-Aktien haben sich in diesem Jahr bislang mit einem Abschlag von dreieinhalb Prozent deutlich unterdurchschnittlich entwickelt. Sie bewegen sich damit im unteren DAX-Drittel. Beim Leitindex selbst sieht es mit einem Kursgewinn von 15 Prozent seit Anfang 2019 wesentlich besser aus.
JPMorgan senkt Ziel für Siemens auf 120 Euro
Die US-Bank JPMorgan hat das Kursziel für Siemens von 124 auf 120 Euro gesenkt und die Einstufung aus Bewertungsgründen auf "Overweight" belassen. Der Technologiekonzern blicke auf ein schlechtes drittes Geschäftsquartal, das die Notwendigkeit von weitreichenden Veränderungen unterstreiche, schrieb Analyst Andreas Willi in einer am Donnerstag vorliegenden Studie. Das neue Kursziel basiere nun auf den Schätzungen bis Ende 2020./ajx/he
Veröffentlichung der Original-Studie: 01.08.2019 / 15:37 / BST Erstmalige Weitergabe der Original-Studie: 01.08.2019 / 15:40 / BST
/nas/mis/jha/mf/zb/ajx/bek
MÜNCHEN/NEW YORK (dpa-AFX)
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10.08.2023 | Siemens Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
07.07.2023 | Siemens Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
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20.06.2023 | Siemens Market-Perform | Bernstein Research |
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