Wochenausblick

DAX bleibt Spielball der Coronavirus-Krise

16.03.20 05:22 Uhr

DAX bleibt Spielball der Coronavirus-Krise | finanzen.net

Am Aktienmarkt wird sich nach eine der schwärzesten Wochen der Börsengeschichte weiter alles um das Coronavirus drehen.

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Grenzen sind geschlossen, Fluglinien streichen Routen zusammen, Autos werden zu Ladenhütern, Lieferketten sind in Gefahr und das öffentliche Leben kommt zunehmend zum Erliegen: Die Coronavirus-Krise hat Wirtschaft und Finanzmärkte fest im Griff. Mit umfangreichen Hilfen für Unternehmen wollen viele Länder die Folgen der Pandemie mindern. Ob das dem DAX nach dem Corona-Crash kurzfristig auf die Beine hilft, ist offen. So ist die aktuelle Entwicklung für den Analysten Markus Reinwand von der Landesbank Helaba zwar "ein klares Indiz dafür, dass die Märkte derzeit nach unten übertreiben". Wann dies ende, sei aber kaum zu sagenn.

Der Absturz seit dem Wochenende 22./23. Februar, als die Folgen der rasanten Coronavirus-Ausbreitung mit der Abriegelung von Teilen Norditaliens erstmals deutlich in Europa spürbar wurden, hat historische Dimensionen. Allein in der vergangenen Woche verlor der DAX rund 20 Prozent ein - einen höheren Wochenverlust hatte es bisher nur in der weltweiten Finanzkrise im Herbst 2008 gegeben. In den vergangenen drei Wochen büßte der DAX damit ein Drittel seines Werts ein. Vom Rekordhoch von 13 795 Punkten, das der deutsche Leitindex noch Mitte Februar markiert hatte, ist der DAX inzwischen gut 50 Prozent entfernt.

Ein wenig Hoffnung, dass zumindest erste Schnäppchenjäger zum Wochenstart zugreifen könnten, macht der Blick in die USA. Dort waren die wichtigen Indizes wie Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq 100 am Freitag wegen der Aussicht auf massive finanzielle Unterstützung für die Wirtschaft um jeweils rund 10 Prozent nach oben geschnellt. So hatte US-Präsident Donald Trump wegen der Ausbreitung des Coronavirus einen nationalen Notstand ausgerufen womit viele Milliarden US-Dollar zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 freigesetzt werden können. Zudem einigten sich die Demokraten im US-Repräsentantenhaus mit der Regierung auf ein Hilfspaket für Familien, die von der Ausbreitung des Coronavirus betroffen sind.

Allerdings waren zuletzt schon Maßnahmen wie eine Leitzinssenkung der US-Notenbank sowie umfangreiche Unterstützung der Europäischen Zentralbank für die Wirtschaft am Aktienmarkt verpufft. So schmolzen denn auch die nachbörslichen Kursgewinne laut Indikation des Brokers IG vom Freitagabend bis zum frühen Samstagabend ein Stück weit dahin. Zuletzt stand die DAX-Indikation mit 9600 Punkten aber immer noch rund vier Prozent über dem Xetra-Schluss vom Freitag.

Experten halten daher eine kurzfristige Erholung der Aktienmärkte für möglich, sehen grundsätzlich aber eher Risiken für weiter Verluste. So nähert sich der DAX laut dem Finanzexperten Andreas Büchler von Index Radar langsam einem günstigen Niveau, allerdings sei zu bezweifeln ob Anleger angesichts der Nervosität am Markt schon wieder dauerhaft investieren wollten. DZ-Bank-Analyst Christian Kahler kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. Die absehbare Rezession der Wirtschaft wegen der Coronavirus-Pandemie könnte den DAX zunächst bis auf 8000 Punkte absacken lassen.

Der DZ-Bank-Analyst gibt sich aber auch zuversichtlich, dass "wirtschaftliche Aktivitäten, privates Leben und Medieninteresse im Frühjahr zur Normalität zurückkehren". Für das zweite Halbjahr rechnet er mit einer deutlichen Belebung der Wirtschaft. Der DAX könnte sich dann zum Jahresende auf 11 500 Punkte erholen. Für Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, steht und fällt die Stimmung denn auch mit der Zahl der Infizierten. Sie sei die Messlatte für den Kurse am Kapitalmarkt - nicht etwa die klassischen Konjunkturdaten.

Angesichts der aktuellen Viruskrise dürften in der neuen Woche Konjunkturdaten in den Hintergrund rücken. Die aktuellen Erhebungen spiegeln die Zuspitzung der Viruslage ohnehin kaum wider. Das Hauptaugenmerk gilt zur Wochenmitte dann der US-Notenbank Fed. Experten rechnen mit einer weiteren Leitzinssenkung um 0,50 Prozentpunkte. Mehr Geld allein könne das Virusproblem aber nicht beheben, mahnte Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets. Denn: Aktuell handele es sich nicht bloß um eine Nachfragekrise, sondern auch das Angebt an Waren und Vorprodukten für die Industrie sei teils knapp.

Mit Spannung schauen die Anleger zudem, wie Unternehmen mit der um sich greifenden Verunsicherung umgehen. Und auf welcher Grundlage sie ihre Prognosen formulieren. Ein Aufschlag gibt am Montag der Versicherungskonzern Talanx, Mehrheitseigner der Hannover Rück. Bereits seit Februar ist bekannt, dass der Versicherungskonzern 2019 einen Rekordgewinn einfahren konnte. Ungewiss ist noch, in welchem Umfang er seine Aktionäre beteiligt.

Am Donnerstag rückt dann die Lufthansa mit Details zu ihrem 2019er-Zahlenwerk vor allem Details zum für 2020 in den Fokus. Die Fluggesellschaft bekommt wie die gesamte Branche Reiseverbote, Urlaubsstornierungen und den geringeren Welthandel mit voller Wucht zu spüren bekommt. So bricht etwa nach dem von US-Präsident Trump verfügten Einreisestopp für Europäer die wichtige Route über den Nordatlantik fast gänzlich weg.

Die Lufthansa hält das Geld nun zusammen und setzt die Dividende aus, wie das Unternehmen am späten Freitagabend mitteilte. Der Konzern nimmt zudem zusätzliche Kredite auf und stellte die Aktionäre bereits vor dem Wochenende auf einen deutlichen Gewinnrückgang im laufenden Jahr ein.

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FRANKFURT (dpa-AFX)

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