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Beobachtungsliste für Anleger: Was 2020 die Aktienmärkte bewegen dürfte

14.01.20 19:43 Uhr

Beobachtungsliste für Anleger: Was 2020 die Aktienmärkte bewegen dürfte | finanzen.net

Was sich im Jahresverlauf wirklich an den Börsen abspielen wird, lässt sich nur schwer treffsicher voraussagen. Jedoch gibt es einige Punkte in 2020, die sich definitiv auf die Aktienmärkte auswirken dürften. Welche Ereignisse und Branchen Anleger im Auge behalten sollten.

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• Die "Big Stories", die 2020 bewegen
• Branchen, die interessant sein könnten
• Uneinige Ausblicke auf Jahresende

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Besonders zu Jahresanfang versuchen zahlreiche Experten und Börsenkenner Prognosen darüber abzugeben, wie sich die Aktienmärkte aller Voraussicht nach entwickeln werden. Dabei beziehen sie sich auf die unterschiedlichsten Daten und Fakten. Treffsicher sind solche frühen Vorhersagen jedoch selten, entwickeln sich die Kurse an den Börsen doch genauso anhand unvorhersehbarer Überraschungen. Dennoch kann es nicht schaden, gewisse Ereignisse, deren Eintreten feststeht, im Blick zu behalten, um sich auf etwaige Ausschläge vorbereiten zu können.

Brexit - Großbritannien verlässt die EU

Der EU-Austritt Großbritanniens sollte auf der Beobachtungsliste von Anlegern bleiben: Am 31. Januar ist es soweit, Großbritannien verlässt die Europäische Union - dazu hat das Britische Unterhaus erst vor einigen Tagen ein Gesetz verabschiedet. Damit es in Kraft treten kann, muss es allerdings noch vom Oberhaus abgesegnet werden. Bis zum Ende des Jahres soll dann eine Übergangsphase laufen, in der es keine Änderungen geben wird. Bis dahin dürfen London und Brüssel noch an einem Abkommen zum zukünftigen Verhältnis tüfteln. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte dazu vergangene Woche in Stockholm, dass die EU auf ein Abkommen "ohne Zölle, ohne Kontingente, ohne Dumping" hinarbeite. "Es ist klar, dass das Scheitern einer Vereinbarung für Großbritannien schädlicher wäre als für die EU", betonte Barnier. Im Konsens spricht man weiterhin von Risiken, die der Brexit mit sich bringt und eine Verschlechterung herbeiführen könnten. Boris Johnson zeigt sich derweil optimistisch, den Endtermin am 31. Dezember einhalten zu können. Auf welche Einigungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU sich die Anleger einstellen dürfen, bleibt solange noch abzuwarten.

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Handelsstreit bleibt wichtiges Thema - Einigung ausstehend

Seit nun fast zwei Jahren hält der Zollstreit zwischen China und den USA die Märkte auf Trab. Am 15. Januar soll nun endlich das sogenannte Phase-1-Abkommen unterzeichnet werden. Damit sollen die im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stehenden Strafzölle, die die beiden Nationen im Schlagabtausch einander verhängten, bis auf Weiteres ruhen. In den vergangenen Tagen zeigte sich Donald Trump sogar so versöhnlich, dass er ankündigte, unmittelbar mit den Verhandlungen zu dem zweiten Part des Teilabkommens beginnen zu wollen. Dabei stellte er jedoch in Aussicht, mit dem Abschluss dieser Vereinbarung bis nach den Präsidentschaftswahlen Ende November 2020 zu warten. Folglich ist der Handelskonflikt noch nicht vom Tisch und wird auch im Verlauf dieses Jahres aktuell bleiben. Bleibt zu hoffen, dass es zu weniger impulsiven Handlungen kommt und beide Seiten in gleichem Maße an einer Einigung arbeiten.

US-Wahlen: Karten werden neu gemischt

Für den 3. November 2020 sind die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika angesetzt. Dieses Ereignis dürfte eine der einflussreichsten "Big Stories" in diesem Jahr sein. Im Allgemeinen wird in den US-Wahljahren besonderes Potenzial erwartet. Hintergrund ist mitunter, dass die Kandidaten Wähler für sich gewinnen wollen, indem sie unter anderem Maßnahmen versprechen, die die Wirtschaft stärken sollen.

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Donald Trump scheint sich wie kein anderer darin zu verstehen, die Aktienmärkte zu bewegen. Bislang zeigte sich der US-Präsident überzeugt, für die als äußert positiv einzustufende Bewegung am US-Aktienmarkt höchstpersönlich verantwortlich zu sein - doch insbesondere ging die erhöhte Volatilität im vergangenen Jahr auf sein Konto. Demzufolge dürfte es auch in dieser Wahlperiode spannend werden: Sowohl negative als auch positive Impulse könnten gesendet werden. Auf der einen Seite ist denkbar, dass Trump zugunsten positiver Wählereindrücke Bemühungen zeigt, die Handelsstreitigkeiten - mit China wie Europa - abflauen zu lassen, um so auch die bisherige Rekordstimmung an den Aktienmärkten aufrecht zu erhalten. Auf der anderen Seite könnten neue US-Wirtschaftsdaten jedoch bald zeigen, dass Trump mit seinem Zollstreitumgang zwischenzeitlich Dellen in der Konjunktur hinterlassen und die Wirtschaftsleistung damit beeinträchtigt hat, was wiederum eher schlechte Auswirkungen auf die Märkte hätte und womöglich ein Negativfaktor für eine Wiederwahl wäre.

Demokraten ziehen ins Weiße Haus - was das bedeuten würde

In einem anderen, zeitlich später liegenden Szenario entscheiden die US-Demokraten die Wahlen für sich. Wie finance.yahoo die Sorgen des Ned Davis-Strategen Pat Tschosik wiedergibt, dürfte dieses Ergebnis Risiken für bestimmte Sektoren mit sich bringen. So würden einige politische Änderungen, die die neue Regierung vornehmen könnte, insbesondere Konzernen aus dem Gesundheitswesen, dem Finanz- und aus dem Energiesektor Sorgen bereiten.

Als Beispiel führte der Stratege die Vorhaben von Kandidatin Elizabeth Warren an, "Offshore-Bohrungen und Bohrungen […] zu beenden, Treibhausgase zu reduzieren, die Regulierung für große Banken zu erhöhen, […] die Arzneimittelpreise zu kontrollieren, die US-Regierung zum alleinigen Zahler der Krankenversicherung zu machen, große Technologieunternehmen aufzubrechen, die Waffenkontrolle zu erhöhen und die Verteidigungsausgaben umzuverteilen/zu reduzieren", zitiert ihn die Finanzseite von Yahoo!. Kommt es also zu einer Wahl von Trumps Widersacherin Warren, dürfte das mindestens in den betroffenen Sektoren zu einer vorübergehenden Verunsicherung an den Aktienmärkten führen. Bei Ned Davis sehe man dann immerhin eine Kaufgelegenheit in "Gesundheitswesen, die Finanzwelt und die Energiebranche", wenn die politischen Risiken erst einmal eingepreist seien.
Eine etwas andere Sicht hat dagegen Lakos Bujas von JPMorgan, berichtet Yahoo!finance: "Im Hinblick auf die US-Präsidentschaftswahlen sind wir der Meinung, dass die beiden wahrscheinlichsten Ergebnisse die Wiederwahl von Trump oder eines erfahrenen zentristischen Demokraten sind, was für die Märkte (zumindest anfänglich) neutral oder positiv wäre". Sollte der als unwahrscheinlich geltende Fall eintreten, dass ein progressiv linker Kandidat die Wahl für sich entscheidet, dann sehe man auch bei JPMorgan ein "Abwärtsrisiko für den Markt", gibt die Seite den Strategen wieder.

Was 2020 für Anleger einen Blick wert ist

Während direkt zum Jahresstart neue Rekordstände bei den wichtigsten US-Indizes die Aufmerksamkeit von Investoren auf sich zogen, sollten jedoch andere Märkte und bestimmte Branchen nicht außer Acht gelassen werden.

Dazu zählen in diesem Jahr insbesondere Schwellenländermärkte. Insgesamt 57 von Bloomberg befragte globale Investoren, Händler und Strategen gehen davon aus, dass eine positive Entwicklung verzeichnet werden könne. Es könnte sogar so gut laufen, dass Emerging Market-Assets Anlagen aus Industrieländern in Sachen Performance schlagen. "Die zugrundeliegenden unterstützenden Faktoren für Schwellenländer sind immer noch aktiv, die globalen Zinsen sind immer noch niedrig und das wird die Anleger dazu ermutigen, sich nach rentableren Vermögenswerten umzusehen", sagte Experte Takeshi Yokouchi gegenüber Bloomberg.
Aber auch antizyklische Werte könnten, insbesondere in Anbetracht der Wahlperiode und weiteren geopolitischen Themen, die noch einige Zeit für Bewegung sorgen werden, von Interesse sein - bieten sie doch volatilen oder unsicheren Phasen am Markt etwas Contra und gelten zudem als relativ zuverlässige Einnahmequelle, etwa bei einer Dividendenstrategie. Zwar können diese nicht mit Zuwachsraten von internationalen Börsenlieblingen oder Growth-Aktien mithalten, weisen dafür meist aber ein stabiles Wachstum aus. Im Allgemeinen gehen Börsenexperten davon aus, dass eine Rotation von Growth- zu Value-Aktien stattfindet. "Wir bevorzugen relative Value-Abläufe innerhalb der Bereiche Cyclicals, Growth und Defensives, die von der global synchronisierten Erholung und dem abnehmenden Gegenwind des Handels profitieren sollten", so Dubravko Lakos-Bujas gegenüber Yahoo!finance.

Niedrigzinsen bleiben "treue" Begleiter

Neben den zahlreichen Risiken, von denen Impulse an den Aktienmärkten zu erwarten sind, bleiben auch die Zinsen ein Thema. Die weltweiten Niedrigzinsen entpuppen sich für Aktien als kleiner Segen. Die niedrigen Zinsen treiben vor allem die weltweite Zinsarbitrage an, das ist auch bei Aktien zu spüren - im positiven Sinne.

Aber auch im Allgemeinen sind Niedrigzinsen für Anleger positiv, wenn sie mit Aktien handeln: Es gibt mehr Spielraum für Investitionen. Lediglich für Sparer und die Banken erweisen sich die niedrigen Zinsen nicht gerade als förderlich - auch Anleihen stehen in diesem Zinsumfeld eher schlecht da.

Dass die Niedrigzinsphase endet, gilt derweil eher als unwahrscheinlich. "Der Generationswechsel in der Art und Weise, wie die Fed die Inflation betrachtet, wurde vom Fed-Vorsitzenden Powell deutlich gemacht, der uns wörtlich sagte, dass die Fed für die absehbare Zukunft an der Seitenlinie bleiben wird, was uns ein offensives Drehbuch gibt", schrieb Canaccord Genuity-Analyst Tom Dwyer in einer Mitteilung. Diese Haltung hat sich auch bei anderen Zentralbanken niedergeschlagen, was in einem weltweit ausgelegten Niedrigzinsumfeld resultierte.

So läuft es für Aktien 2020

Die Ausblicke für 2020 sind angesichts des durchwachsenen Börsenumfeldes dieses Jahr uneinheitlich. Während einige Strategen davon ausgehen, dass der marktbreite S&P 500 bis zum Jahresende steigen wird, veranschlagen beispielsweise UBS- und Morgan Stanley-Strategen Francois Trahan und Mike Wilson ein Jahresendziel von 3.000 Indexpunkten, wie eine Statistik bei Yahoo!finance verrät. Das entspräche einem Jahresverlust von rund sieben Prozent - im Jahresverlauf 2019 gewann der Index dagegen fast 30 Prozent.
Doch der Großteil der Experten zeigt sich verhalten optimistisch, trotz der bevorstehenden Ereignisse und womöglich unsicheren Marktphasen. "Die globale Geschäftsstimmung sollte beginnen, sich zu erholen und zur Normalisierung der Investitionstätigkeit einschließlich der Wiederauffüllung der Lagerbestände beitragen, da die Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Handel zwischen den USA und China, Brexit und anderen einmaligen Schocks für große Volkswirtschaften (z.B. Italien, Indien usw.) nachlassen", so der JPMorgan-Stratege Lakos-Bujas in seiner Notiz.

Für Anleger dürfte es angesichts Brexit, Handelsstreit, US-Wahlen und Co. also ein spannendes Börsenjahr werden.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: MONOPOLY919/Shutterstock.com, Peter Bischoff/Getty Images

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