P7S1-Aktienkurs bricht ein: ProSiebenSat.1 streicht nach Gewinneinbruch Dividende drastisch zusammen
Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 streicht die Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr drastisch zusammen.
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Statt der für 2021 ausgeschütteten 80 Cent soll es für 2022 nur noch fünf Cent geben, teilte das im MDAX notierte Unternehmen am Donnerstagabend in Unterföhring mit. Experten hatten hingegen mit 66 Cent gerechnet.
Hintergrund sei eine veränderte Dividendenpolitik, hieß es zur Begründung. Bei der Bemessung von Ausschüttungen berücksichtige das Unternehmen neben dem allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld und dem bereinigten Konzernjahresüberschuss nunmehr mit besonderem Fokus ein "angemessenes Niveau" des Verschuldungsgrads. Darüber hinaus beachte ProSiebenSat.1 Media SE dabei ebenso die Erfordernisse zu Investitionen in das operative Geschäft, einschließlich zur Umsetzung strategischer Wachstumsoptionen, insbesondere im Kerngeschäft Entertainment.
Die Bezugsgröße für Dividendenzahlungen bleibt zwar der bereinigte Konzernjahresüberschuss. Statt wie bisher die Hälfte will das Unternehmen aber nur noch 25 bis 50 Prozent davon an die Aktionäre ausschütten. Beim Verschuldungsgrad zielt ProSiebenSat.1 auf das obere Ende einer Spanne von 1,5x bis 2,5x.
Außerdem gab das Unternehmen einen Wechsel an der Spitze des Finanzressorts bekannt. Martin Mildner werde die Aufgabe von Ralf Gierig zum 1. Mai übernehmen, hieß es.
Der Kurs der ProSiebenSat.1-Aktie sackte auf XETRA am Freitag letztlich um 16,85 Prozent auf 8,12 Euro ab. Zeitweise war das Minus noch größer. Damit wurden die Kursgewinne seit dem Jahreswechsel nahezu ausradiert. Analysten hatten zwar mit einer sinkenden Dividende gerechnet. Doch das tatsächliche Ausmaß der Kürzung hatten sie nicht auf dem Zettel. Einem Händler zufolge zerstört der Medienkonzern damit seinen Ruf als Dividendenbringer, denn die Dividendenrendite sinke von 6,8 Prozent auf fast null.
Deutlich weniger verdient
Die Prosiebensat1 Media SE hat 2022 aufgrund eines schwachen Marktumfeldes einen niedrigeren Umsatz erzielt und bereinigt unter dem Strich weniger verdient. Für 2023 rechnet das Unternehmen mit einem leichten organischen Umsatzwachstum.
Wie der Konzern mitteilte, fielen die Umsatzerlöse 2022 um 7,4 Prozent auf 4,163 Milliarden Euro. Organisch, also bereinigt um Währungseffekte und Portfolioveränderungen, lag der Konzernumsatz um 5 Prozent unter Vorjahr. Dabei beliefen sich die Portfolioeffekte laut Mitteilung auf insgesamt 218 Millionen Euro. Das adjusted EBITDA gab 19,4 Prozent nach auf 678 Millionen Euro. Hierbei wirkte sich insbesondere der Rückgang der hochmargigen Werbeerlöse aus. Beim adjusted Net Income wurde ein Rückgang um 17,4 Prozent auf 301 Millionen Euro verzeichnet.
Für 2023 erwartet das Unternehmen ein leichtes organisches Umsatzwachstum auf rund 4,10 Milliarden Euro mit einer Varianz von plus/minus 150 Millionen Euro (währungs- und portfoliobereinigter Vorjahreswert: 4,02 Milliarden Euro) sowie ein adjusted EBITDA von rund 600 Millionen Euro mit einer Varianz von plus/minus 50 Millionen (währungs- und portfoliobereinigter Vorjahreswert: 623 Millionen Euro).
Für das erste Halbjahr sieht Prosieben anhaltende konjunkturelle Herausforderungen. Der Finanzausblick reflektiert laut Mitteilung Belastungen in den ersten beiden Quartalen vor allem im hochmargigen Werbegeschäft sowie die Erwartung, dass die wirtschaftliche Erholung in der DACH-Region erst in der zweiten Jahreshälfte einsetzen wird.
Analysten beschäftigten sich in ersten Einordnungen intensiver mit den Zahlen. Daniel Kerven von der US-Bank JPMorgan schrieb, ProSiebenSat.1 habe im abgelaufenen Geschäftsjahr ein wenig besser als erwartet abgeschnitten und rechne im zweiten Halbjahr mit einer Erholung der Werbeeinnahmen. Die Markterwartung für das operative Jahresergebnis sollte indes sinken, da es Sorgen bezüglich des Ausmaßes der Erholung gebe.
Auch Analyst Julien Roch von der britischen Investmentbank Barclays äußerte sich vorsichtig. Obwohl die Prognose des Unternehmens mit den Schätzungen übereinstimme, basiere sie auf der Annahme eines schwachen ersten Halbjahres und einer deutlichen Erholung des Werbemarktes im zweiten Halbjahr. Seiner Meinung nach sollte das von den Anlegern mit großer Skepsis betrachtet werden.
ProSieben übernimmt weitere Teile von Tochter Jochen Schweizer
ProSiebenSat.1 übernimmt weitere Teile seiner Tochter Jochen Schweizer und könnte mittelfristig das gesamte Geschäft schlucken.
Man habe sich mit dem gemeinsamen US-Investor General Atlantic geeinigt, dessen Anteil an der Gutschein-Tochter zu übernehmen, erklärte der bayerische Fernsehkonzern am Freitag. Somit halte ProSiebenSat.1 nun direkt 89,9 Prozent von Jochen Schweizer mydays. Der Mitgesellschafter Jochen Schweizer - die Jochen Schweizer Beteiligungsgesellschaft GmbH - komme wie bisher auf 10,1 Prozent. Bis zum 31. März 2025 könnten diese Anteile aufgrund einer Vereinbarung erworben werden.
Für Probleme sorgten zuletzt regulatorische Fragen zum Geschäft von Jochen Schweizer mydays. Deshalb hatte ProSiebenSat.1 seine Bilanz-Vorlage verschieben müssen und wäre fast vorübergehend aus dem MDAX geflogen. Es war die Frage aufgekommen, inwieweit Teile der Geschäftstätigkeit von Jochen Schweizer und mydays unter das sogenannte Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) fallen. Am Donnerstagabend erklärte der Konzern, das Produktangebot wurde im März angepasst und könnte ohne Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) weiter betrieben werden.
Derzeit stimmten beide Firmen Details mit der BaFin ab, um die Gutscheinprodukte abzuwickeln, die vor der Angebotsanpassung ausgegeben wurden und einer Erlaubnis der BaFin nach dem ZAG bedurften. "Gleichzeitig läuft aktuell bei ProSiebenSat.1 eine unabhängige interne Untersuchung durch eine externe Rechtsanwaltskanzlei mit dem Ziel, etwaiges Fehlverhalten aufzuklären", erklärte der Fernsehkonzern. "Zudem hat die Staatsanwaltschaft München I einen Beobachtungsvorgang eingeleitet." ProSiebenSat.1 und die betroffenen Töchter kooperierten umfassend mit den zuständigen Behörden. "Die möglichen finanziellen Belastungen für den Konzern im Zusammenhang mit den behördlichen Untersuchungen sind derzeit noch nicht abschätzbar, könnten aber erheblich sein."
UNTERFÖHRING (dpa-AFX)/ Dow Jones / Reuters
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