Weite Wege

Europa-Banken: Wie es um die Aussichten und die Aktien steht

07.03.20 01:00 Uhr

Europa-Banken: Wie es um die Aussichten und die Aktien steht | finanzen.net

Auf den Ertragsschwund reagieren Europas Institute mit Sparwut. Manches Haus hat indes ein tragfähiges Modell gefunden.

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von Birgit Haas, Euro am Sonntag

Die Personalie kam überraschend. Die größte Schweizer Bank UBS hat Ralph Hamers, den Vorstandschef der niederländischen ING-Gruppe, ab September als neuen Chef verpflichtet. Der bisherige Konzernlenker Sergio Ermotti geht. Der Italiener hatte das Geldhaus nach der Finanzkrise umgebaut und das vielversprechende Segment der Vermögensverwaltung stark gemacht.

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Ein Problem aber bekam Ermotti nicht in den Griff: Der Gewinn stagnierte 2019 bei rund 19 Milliarden US-Dollar, die Erträge sanken um drei Prozent. Die Kosten der Bank gingen zwar ebenfalls zurück, aber nicht so stark wie erwartet. Für jeden eingenommenen Dollar hat die UBS rund 80 Cent ausgegeben. Das ist viel. Das Schweizer Traditionshaus hat damit das Renditeziel verpasst. Die Ursachen liegen in den hohen Kosten für den Konzernumbau, Abschreibungen auf veräußerte Geschäftsbereiche und natürlich bei den Negativzinsen der Zentralbanken.

Ob Schweiz oder EU - die Bilanzen der Banken sind nahezu alle von diesen Phänomenen geprägt, die Institute hecheln mit Sparmaßnahmen den sinkenden Umsätzen hinterher. Auch der Deutschen Bank geht es so. Die britische Großbank HSBC hat soeben drastische Stellenstreichungen angekündigt, die Deutschland-Tochter der ING-Gruppe kippt das kostenlose Girokonto, und die französische Großbank BNP Paribas hat ihr Renditeziel nach unten korrigiert. Lediglich der spanische Wettbewerber Banco Santander hat jüngst mit einem Gewinnsprung überrascht.

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Dabei ist es keineswegs so, dass die Sanierungsmaßnahmen gar nichts gebracht hätten. "Im Durchschnitt haben die europäischen Banken ihren Netto­ertrag und die Qualität ihrer Aktiva verbessert, während sie an Effizienz, Liquidität und Kapitalkennzahlen verloren haben", sagt João Soares, Bankenexperte der Unternehmensberatung Bain & Company. Die meisten verdienen so nicht einmal ihre Eigenkapitalkosten.

Und die Geldhäuser hinken den ak­tuellen Entwicklungen hinterher. Am Horizont türmen sich neue Wolken: Wenn Coronavirus, Brexit-Verhandlungen und der Handelsstreit von USA und China die Konjunktur bremsen, steigt die Risikovorsorge für ausfallgefährdete Kredite. Im Firmenkundengeschäft der deutschen Banken ist diese bereits im ersten Halbjahr 2019 um 17 Prozent gestiegen, hat Bain & Company errechnet.

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Die Aufgabe von Hamers bei der UBS ist also nicht nur die Digitalisierung des auf reiche Klienten und Investmentbanking spezialisierten Hauses. Dabei steht der Mann genau dafür. "Unter seiner Führung hat die ING einen grundlegenden Wandel im Geschäftsmodell vollzogen", kommentierte UBS-Präsident Axel Weber die Personalentscheidung. Doch vor allem braucht sein Haus einen harten Kostenkürzer. Potenzial sieht die Unternehmensberatung McKinsey branchenweit etwa im Bereich IT, bei den Filialen und im Vertrieb - jeweils zwischen 20 und 40 Prozent.

Hamers hat seit seinem Antritt bei der ING 2013 die Aufwand-Ertrags-Quote zwar nur um rund drei Prozent senken können, was aber in Anbetracht des Zinsumfelds eine Leistung ist. Und mit knapp 55 Prozent ist der niederländische Finanzkonzern deutlich effizienter aufgestellt als die Konkurrenz aus der Schweiz. Die ING hat zudem mit 14,6 Prozent eine der höchsten Eigenkapitalquoten der europäischen Großbanken und ist damit bestens für härtere Zeiten gerüstet. Darüber liegt nur noch die britische Bank HSBC, die durch die Auswirkungen des Brexits aber gefährdeter ist als die Konkurrenz auf dem Festland.

Spanische Überraschung


Ausgerechnet in Spanien - einem der Länder, die von der Eurokrise vor zehn Jahren hart gebeutelt wurden - stehen die Banken derzeit am besten da. Die Banco Santander meldete für 2019 ein Gewinnwachstum von drei Prozent auf 8,3 Milliarden Euro, was im Vergleich zur Konkurrenz als üppiges Plus bezeichnet werden kann. Die Eigenkapitalrendite sank zwar leicht, aber mit knapp zwölf Prozent zählt das Bankhaus mit Sitz in der Stadt Santander dennoch zu den Spitzenreitern. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank hat für 2019 einen Verlust von 5,3 Milliarden Euro und eine Profitabilität von minus elf Prozent vermeldet. Dass die spanischen Banker für einen Euro Ertrag nur 47 Cent ausgeben müssen, ist der Beleg für eine kosteneffiziente Struktur.

Das robuste Auftreten rührt einerseits daher, dass die Banco Santander ein starkes Geschäft in Südamerika hat und damit weniger zinsabhängig ist. Doch es hängt auch mit der Finanzkrise zusammen: "Die dadurch erzwungene Restrukturierung hat dazu geführt, dass die spanischen Banken mehr Personal abgebaut, Filialen geschlossen und ihre Kosten gesenkt haben als Institute in anderen Ländern", sagt der spanische Wirtschaftswissenschaftler Juan Ignacio Crespo.

Auch der französische Wettbewerber BNP Paribas ist auf einem gutem Weg. Mit einem Nettogewinnplus 2019 von rund neun Prozent auf 8,2 Milliarden Euro überraschte die Bank mit Sitz in Paris die Analysten. Zudem stiegen die Erträge stärker als die Kosten. Ein Treiber ist die Investmentbank: Dort stiegen die Erträge überproportional um zwölf Prozent. Mit dem Zukauf eines Teils des Investmentbankings der Deutschen Bank stärkt die BNP Paribas das Segment zudem ab 2021. Auch hier hat eine Bank wohl ein tragfähiges Modell gefunden - und kann die Zügel lockern.

Investor-Info

Banco Santander
In Spanien läuft’s


Der wichtigste Auslandsmarkt der spanischen Bank hat die Bilanz des vergangenen Jahres gerettet: In Brasilien legte der bereinigte Gewinn der Banco Santander um 16 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro zu. Eine Abschreibung ­eines Teils des Großbritannien-Geschäfts und Umbaukosten - 2017 musste die Banco Santander den angeschlagenen Konkurrenten Banco Popular retten - drückten zwar den Konzernüberschuss. Doch die Bank steht stabil da und dürfte liefern.

BNP Paribas
Frankreich holt auf


Dass Vorstandschef Jean-Laurent Bonnafé bei der Bilanzpressekonferenz die Renditeaussichten eingeschränkt hatte, betrübte ­Aktionäre nicht. Im vergangenen Jahr hatte die BNP Paribas die Erwartungen dank eines florierenden Investmentbankings und eines starken Privatkundengeschäfts übertroffen. Die Erträge der Franzosen steigen stärker als die Kosten. Anleger warten vor einem Einstieg zunächst eine Bodenbildung ab.

ING Group
Niederlande berappeln sich


Gestiegene Ausgaben für Personal und die Umsetzung von Regulierungsvorschriften haben den Gewinn der niederländischen Großbank ING 2019 um elf Prozent auf 4,8 Milliarden Euro gedrückt. Unterm Strich ist die ING Group aber auch dank der erfolgreichen deutschen Tochter auf Wachstumskurs. ­Wegen der allgemeinen Marktschwäche ist der Titel aktuell unterbewertet.







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