Was Ökonomen zu den EZB-Beschlüssen sagen

07.09.17 16:41 Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ihre Leitzinsen unverändert gelassen. EZB-Chef Mario Draghi äußerte sich kritisch zur jüngsten Aufwertung des Euro und stellte für Oktober konkrete Entscheidungen zum weiteren Vorgehen bei den Wertpapierkäufen in Aussicht. Das sagen Experten zu den EZB-Beschlüssen:

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Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank:

"Wenn im Oktober eine Anpassung des Wertpapieraufkaufprogramms verkündet wird, erfolgt dies nicht etwa, weil die EZB ihre Inflationsziele erfüllt hat, sondern alleine aufgrund regulatorischer Gegebenheiten. Würden die Frankfurter Währungshüter ungebremst weiterkaufen, verletzten sie schon bald die Ankaufobergrenze von 33 Prozent je Emittent. Weil nun aber regulatorische und nicht etwa ökonomische Gründe für eine Reduzierung der monatlichen Wertpapierkäufe sprechen, wird die EZB äußerst behutsam vorgehen."

Viola Julien, Expertin bei der Landesbank Helaba:

"Nachdem im Juni der Zusatz gestrichen wurde, wonach die Zinsen künftig auch auf einem niedrigeren Niveau liegen können, hat die EZB heute kein weiteres Signal in Richtung der geldpolitischen Wende gesetzt. Die unveränderte Forward Guidance zeigt, dass die Notenbank weiterhin äußerst vorsichtig agieren wird. Mit baldigen Zinserhöhungen ist nicht zu rechnen."

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Jan Holthusen, Experte bei der DZ BANK:

"Es wird immer deutlicher, dass sich der EZB-Rat sehr schwer mit einem Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik tut. Gründe, daran festzuhalten, finden sich immer: nachdem Deflationssorgen und eine schwächelnde Konjunktur in der Eurozone weggefallen sind, scheint es nun die seit Frühjahr erfolgte Aufwertung des Euro zu sein. Mit dem Hinweis, dass die erhöhte Volatilität des Euro in den letzten Wochen die Quelle von Unsicherheit sei, machte Draghi deutlich, dass die EZB vor allem die Wechselkurse im Auge behält und kein Interesse an einer weiteren Aufwertung des Euro hat."

Timothy Graf, Analyst beim Finanzdienstleister State Street:

"Sorgen wegen der Stärke des Euro, die zuletzt in inoffiziellen Kreisen die Runde machten, scheinen der EZB zu denken zu geben, da die jüngste Aufwertung der Gemeinschaftswährung vermutlich den Preisdruck abschwächen und die Inflation somit unter der Zielrate halten wird. Der Versuch Draghis, die Stärke des Euro hervorzuheben, scheinen den Euro jedoch nur noch mehr gestärkt zu haben."/tos/jsl/jha/