Warnstreik

VW-Aktie verliert: Flächendeckende Streiks bei Volkswagen

02.12.24 17:52 Uhr

VW-Aktie tiefer: Streik bei Volkswagen - Angestellte sollen am Montag nicht arbeiten | finanzen.net

Der Tarifstreit bei Volkswagen spitzt sich weiter zu.

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Mit flächendeckenden Warnstreiks macht die IG Metall gegen die milliardenschweren Sparpläne des Autobauers mobil. An neun der zehn deutschen Standorte legten mehrere Zehntausend Mitarbeiter zeitweise die Arbeit nieder und brachten die Bänder zum Stehen. Bis zum Nachmittag zählte die IG Metall insgesamt rund 66.000 Teilnehmer an dem Ausstand, davon allein 35.000 in Wolfsburg.

Tausende zogen mit einem lautstarken Demonstrationszug durch das Stammwerk und versammelten sich zu einer Kundgebung direkt vor dem Vorstandshochhaus. "Streikbereit! Bundesweit!", skandierten sie in Sprechchören. "Wir haben die Schnauze voll", riefen Beschäftigte in Zwickau vor dem Werkstor.

In Braunschweig schritten mehr als Tausend Beschäftigte durch die Stadt. In Hannover forderten Mitarbeiter: "Vorstand raus!" In Kassel-Baunatal machten Beschäftigte des Komponentenwerks mit Trillerpfeifen, Trommeln und Hupkonzerten ihrem Unmut Luft.

Darum geht es

Es geht um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen (VW) vz AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10.000 Mitarbeiter bei VW (Volkswagen (VW) vz) Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde. VW fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns zehn Prozent Lohnkürzung. Zudem stehen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Die IG Metall will das verhindern und fordert stattdessen eine Zukunft für alle Standorte - ohne Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen.

IG Metall droht mit weiterer Eskalation

In dem Streit erhöht die IG Metall nun den Druck. "Aber das ist nur eine Warnung!", sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in Wolfsburg. Sollte Volkswagen weiter auf seinen Maximalforderungen bestehen, drohe eine Zuspitzung. "Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer - und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt!"

In Emden forderte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, die Konzernspitze auf, die massiven Sparpläne vom Tisch zu nehmen. "Ansonsten brennt Weihnachten nicht nur der Baum, sonst brennt jedes einzelne Werk." In Zwickau drohte der dortige IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze bereits mit weiteren Arbeitsniederlegungen: "Sollte der Vorstand nicht zur Vernunft kommen, wird das nicht der letzte Warnstreik sein."

Die nächste Verhandlungsrunde in einer Woche werde hier eine Weichenstellung bringen, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Entweder komme es dann zu einer Annäherung, oder zu einer weiteren Eskalation.

Warnstreik auf zwei Stunden begrenzt

Die Warnstreiks dauern jeweils rund zwei Stunden und sollen danach in jeder Schicht wiederholt werden. Beendet wird der Ausstand erst mit Abschluss der Nachtschicht am Dienstagmorgen.

Zu möglichen Ausfällen in der Produktion sagte ein VW-Sprecher am Nachmittag: "Die Auswirkungen hielten sich in Grenzen." Zwar habe die Fertigung während der zweistündigen Warnstreiks überall geruht. Man habe sie anschließend aber ohne große Probleme wieder hochfahren können.

Experte warnt vor Imageschaden für VW

Nach Ansicht des Branchenexperten Frank Schwope dürften der zweistündige Ausstand für VW zu verschmerzen sein. "Streikbedingte Ausfälle sind leicht aufzuholen", sagte der Lehrbeauftragte für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover. Anders sähe es aus, wenn sich der Konflikt weiter zuspitzen sollte. "Ein längerer, eskalierender Arbeitskampf würde Volkswagen durchaus schmerzen und könnte auch das Image in der Bevölkerung und in der Politik lädieren."

VW lehnt IG-Metall-Vorschlag ab

VW hatte zuvor erklärt, man respektiere das Recht der Mitarbeiter auf Warnstreiks und setze weiter auf eine einvernehmliche Lösung mit der Arbeitnehmerseite. In der Sache zeigte sich der Konzern aber hart: Ein Gegenkonzept von IG Metall und Betriebsrat für Einsparungen ohne Entlassung und Werksschließung hatte VW erst am Freitag als unzureichend zurückgewiesen.

VW begründet die Einschnitte mit hohen Kosten und einer geringen Auslastung. Angesichts der schwachen Nachfrage nach Neuwagen müsse VW seine Sparbemühungen verstärken. Laut Markenchef Thomas Schäfer werde man dabei um Werksschließungen wohl nicht umhinkommen. In den ersten neun Monaten war der Gewinn des Konzerns massiv eingebrochen. Von roten Zahlen ist der Konzern aber weit entfernt: Von Januar bis September verbuchte VW nach Steuern noch 1,58 Milliarden Euro Überschuss.

Erst am Wochenende war bei Europas größtem Autobauer die Friedenspflicht ausgelaufen, in der Arbeitskämpfe nicht erlaubt waren. Bei Volkswagen ist es der größte Ausstand seit Jahren. Flächendeckende Warnstreiks an allen großen Werken in Westdeutschland gab es zuletzt 2018. Nach Angaben der IG Metall beteiligten sich damals mehr als 50.000 Beschäftigte.

VW-Betriebsrat fordert Beitrag von Familien Porsche und Piech

Die Arbeitnehmervertreter von Volkswagen fordern inmitten des festgefahrenen Tarifkonflikts einen Beitrag der Ankeraktionäre. "Volkswagen war in jüngster Zeit eine Riesen-Gewinnmaschine. Und dementsprechend hoch war auch die Dividende", sagte VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo während der Warnstreik-Kundgebung vor dem Markenhochhaus im Stammwerk. Aber diese Gewinnmaschine laufe jetzt Gefahr, ins Stottern zu geraten. "Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten. Auch der Vorstand. Und eben auch die Aktionärsseite", so Cavallo.

Das Land Niedersachsen, der zweitgrößte Anker-Aktionär, habe über Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil erklärt, dass die Dividende für das Land Niedersachsen nicht die oberste Priorität habe, so Cavallo laut Redetext. "Meine Erwartungshaltung ist, dass diese Einstellung auch bei den anderen Hauptaktionären vorhanden ist", forderte sie.

Für die nächste Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt am 9. Dezember rechnet die Betriebsratschefin eine Weichenstellung: "Annäherung oder Eskalation? Leider sind die Zeichen, die der Vorstand in jüngster Zeit gesendet hat, nicht wirklich erfreulich", ergänzte Cavallo. Wichtig sei, so IG Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in seiner Rede an die VW-Belegschaft, dass die kommende Woche endlich Bewegung bringen müsse. "Und unser Gesamtkonzept (...) kann nur fliegen, wenn eben der Vorstand und die Aktionäre auch einen Beitrag leisten - und wir erwarten, dass Werksschließungen und Massenentlassungen endlich vom Tisch kommen und wir eine neue Beschäftigungssicherung haben."

Volkswagen liegt seit Wochen mit der Arbeitnehmerseite im Clinch. Der Konzern will umfassende Kostensenkungen im Inlandsgeschäft umsetzen und will neben einschneidenden Lohnkürzungen auch Werke schließen - für die Arbeitnehmervertreter eine rote Linie. Am Wochenende ist die Friedenspflicht ausgelaufen, am heutigen Montag sind Warnstreiks an diversen Standorten angelaufen.

So reagiert die VW-Aktie

Von Vorsicht ist am Montag die Haltung am Markt zur VW-Aktie geprägt. Denn zum Wochenbeginn wird in allen deutschen Werken die Arbeit befristet niedergelegt. Auf der Handelsplattform XETRA verloren die Vorzugsaktien des Autobauers schließlich um 0,24 Prozent auf 83,20 Euro.

Analyst Philippe Houchois von der US-Investmentbank Jefferies hatte etwaige Belastungen aus einem Stellenabbau und einer Umstrukturierung bei Volkswagen auf 2,5 bis 4 Milliarden Euro geschätzt. Die entsprechenden Mittelabflüsse dürften in den kommenden beiden Jahren stattfinden, so der Experte in einer Studie. Nach Treffen mit dem Management der Wolfsburger habe er den Eindruck, dass es keinen "Plan B" gebe als Alternative zu den Forderungen der Konzernführung.

/fjo/DP/jha

WOLFSBURG (dpa-AFX)

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