Bespoke-Analysten: Eine US-Rezession ist noch längst nicht vom Tisch
Die Angst vor einer Rezession in den USA schien in den vergangenen Wochen immer mehr zu schrumpfen, nachdem einige Wirtschaftsdaten besser ausgefallen waren als erwartet. Die Hoffnung, dass die US-Wirtschaft an einer Rezession vorbeischrammen wird, dürfte jedoch trügerisch sein, warnen Experten der Bespoke Investment Group.
Werte in diesem Artikel
• Zahlreiche Experten senkten Prognose für Rezessionswahrscheinlichkeit in den USA
• Bespoke-Experten erwarten weiterhin Rezession ab Juni 2024
• Historische Daten zeigen lange Vorlaufzeit ab erstem Warnsignal
Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat kürzlich ihre Prognose für die Wahrscheinlichkeit einer kurzfristigen Rezession in den USA zum wiederholten Mal gesenkt. Inzwischen erwarten die Experten der US-Bank nur noch mit einer 15-prozentigen Wahrscheinlichkeit einen Wirtschaftsabschwung in den nächsten zwölf Monaten. Auch zahlreiche andere Banken zeigen sich zunehmend zuversichtlich für die US-Wirtschaft. Ganz anders jedoch die Experten der Bespoke Investment Group. Sie erwarten weiterhin eine US-Rezession - allerdings erst in etwa neun Monaten.
Bespoke-Analysten: Rezessionen für gewöhnlich mit fast zwei Jahren Vorlaufzeit
Wie Bespoke-Analysten laut "MarketWatch" Anfang September in einer Mitteilung an Kunden der Investmentgruppe schrieben, dürfte eine Rezession in den USA Anfang Juni 2024 einsetzen. Diese Prognose stützen die Experten auf eine Auswertung historischer Daten - beginnend mit den frühen 1960ern. Aus diesen gehe hervor, dass Rezessionen in der Vergangenheit durchschnittlich 589 Tage gebraucht hätten, um sich nach einem ersten Warnsignal zu manifestieren. Nur ein einziges Mal - nämlich 1973 - sei die Rezession innerhalb von 300 Tagen und damit schneller eingetreten.
Als wichtigen und ersten Vorboten für eine Rezession sieht Bespoke dabei eine inverse Zinsstrukturkurve bei zehnjährigen und dreimonatigen US-Staatsanleihen an. Zur Erinnerung: Eine inverse Zinsstrukturkurve liegt dann vor, wenn die Zinssätze für kurzfristige Staatsanleihen höher sind als die für längerfristige Staatsanleihen. Laut Bespoke habe die Rendite dreimonatiger Staatsanleihen erstmals Ende Oktober 2022 die Rendite von zehnjährigen Staatsanleihen übertroffen - und diese Inversion eines wichtigen Teils der Zinsstrukturkurve sei ein zuverlässiger Indikator für die vergangenen Rezessionen gewesen, so die Experten laut "MarketWatch". Entsprechend erwarten sie auch jetzt eine Rezession etwa 589 Tage nach dem erstmaligen Auftauchen dieses Warnsignals - also im Sommer 2024.
Rezessions-Barometer noch nicht abschreiben
Unter den US-Banken herrscht, wie schon erwähnt, teils jedoch eine andere Meinung vor. Auch gebe es laut "MarketWatch" keine Einigkeit darüber, welcher Teil der Zinsstrukturkurve am besten für die Vorhersage einer Rezession geeignet ist und ob die herkömmlichen Prognose-Methoden angesichts der Stimuli-Programme nach der Corona-Krise überhaupt noch funktionieren.
Die Bespoke-Analysten zeigten sich dieser Unsicherheiten bewusst, warnten jedoch davor, das Alarmsignal deshalb als völlig unbedeutend abzutun. "Es ist verlockend, die Zinsstrukturkurve in diesem Zyklus zu ignorieren, aber die Geschichte hat gezeigt, dass Rezessionen nicht schnell eintreten, nachdem die Zinsstrukturkurve zum ersten Mal invertiert ist", so die Experten. Ob dieses Rezessions-Barometer also noch etwas taugt oder nicht, wird sich erst im kommenden Jahr zeigen.
Redaktion finanzen.net
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