Pro und Contra Aktienrückkäufe: Für wen sich Aktienrückkaufprogramme wirklich lohnen und wann Skepsis angebracht ist
Eigene Aktien zurückzukaufen gehörte in den vergangenen Jahren für viele Unternehmen zum guten Ton. Neben Dividendenprogrammen war dies eine Möglichkeit, Überschussliquidität an Aktionäre zurückzuführen. Doch der Rückkauf eigener Aktien ist hat längst nicht nur positive Effekte.
• Aktienrückkaufprogramme erfreuen sich großer Beliebtheit
• Viele Anteilseigner und Unternehmen profitieren von Buy Back-Programmen
• Nicht immer sind Aktienrückkäufe die beste Lösung
Verkündet ein Unternehmen ein Aktienrückkaufprogramm, kommt dies am Aktienmarkt zunächst gut an. Schließlich spricht das für das Vertrauen der Unternehmensführung in den eigenen Anteilsschein. Denn für das Geld, das Konzerne in den Kauf eigener Aktien investieren, gibt es aus Unternehmenssicht offenbar keine attraktivere Anlagemöglichkeit. Insbesondere auf dem US-amerikanischen Firmenmarkt sind Buy Back-Programme weit verbreitet, das Börsenumfeld der vergangenen Jahre hat in diesem Bereich für einen kräftigen Schub gesorgt. Doch auch DAX-Riesen und europäische Großkonzerne setzten zuletzt zunehmend auf diese Art der Liquiditätsrückführung an ihre Aktionäre. Dabei sehen viele Börsenexperten diesen Schritt durchaus nicht nur positiv.
Aktienrückkäufe: Mehr Geld für Aktionäre
Aktienrückkäufe werden aus unterschiedlichen Gründen beschlossen. Einer der Gründe ist die Pflege des Aktienkurses. Kaufen Unternehmen eigene Aktien am Markt zurück und ziehen diese ein, wird der Aktienbestand verringert. Dies führt automatisch zu einer Steigerung des Aktienkurses - zugunsten der bestehenden Anteilseigner. Besonders in den Vereinigten Staaten, wo die Vergütung des Top-Managers häufig an die Aktienkursentwicklung geknüpft wird, ist dies einer der häufigsten Gründe für einen Aktienrückkauf.
Dass der Aktienkurs infolge eines Aktienrückkaufprogrammes steigt, hat die US-Bank JPMorgan mit Berechnungen nachgewiesen: Im ersten Jahr nach der Ankündigung des Programmes ziehen die betroffenen Anteilsscheine 13 Prozent stärker an, als der Vergleichsindex.
Und noch ein weiterer Vorteil ergibt sich für die Anteilseigner des Unternehmens: Nach dem Einzug von eigenen Aktien steigt die Dividendenrendite für die verbliebenen Anteilseigner. Wer sich hingegen im Zuge eines Aktienrückkaufprogramms von seinen Anteilen trennt, kann auf eine Prämie hoffen, die das Unternehmen auf den aktuellen Aktienkurs zahlt. Wer ohnehin mit dem Gedanken gespielt hat, seine Anteile zu veräußern, kann so einen höheren Verkaufspreis erzielen.
Für den Umgang mit den eingezogenen Aktien gibt es von Unternehmensseite grundsätzlich mehrere Möglichkeiten. Häufig vernichten sie die eingezogenen Anteile. In anderen Fällen werden die Titel an Mitarbeiter ausgegeben, etwa im Rahmen von Optionsprogrammen. Auf diesem Weg können Firmen Fachkräfte an sich binden - ein Vorteil für das Unternehmen selbst, aber auch indirekt für die Aktionäre, die darauf hoffen können, dass eine stabile Workforce positiv auf die Geschäftsentwicklung durchschlägt.
Darüber hinaus können die vom Markt zurückgeholten Anteile auch als "Währung" dienen, etwa wenn das Unternehmen auf der Suche nach geeigneten Übernahmezielen ist. Statt einen Zukauf in bar zu stemmen, kann dieser vollständig oder teilweise auch mit eigenen Aktien bezahlt werden.
Ein Aktienrückkauf kann auch verhindern, selbst zum Übernahmeziel zu werden - nämlich dann, wenn ein potenzieller Übernahmeinteressent Aktien am Markt aufkauft, um eine signifikante Beteiligung am Unternehmen zu erwerben. Zudem haben Unternehmen mit den Buy Back-Programmen einen gewissen Einfluss auf die Aktionärsstruktur, je weniger Aktien im freien Handel zu haben oder je mehr Aktien in den Händen verlässlicher Großaktionäre sind, umso weniger wahrscheinlich ist es, dass ein möglicher Käufer die notwendige Aktienmehrheit erwerben kann.
Aktienrückkäufe nicht unumstritten
Doch ungeachtet der positiven Effekte, die ein Rückkauf eigener Aktien für Unternehmen und Aktionäre mit sich bringen kann, sehen Aktionärsschützer Aktienrückkäufe nicht uneingeschränkt positiv. Bei vielen Experten sind entsprechende Maßnahmen durchaus umstritten und auch auf Aktionärsseite ist bei Aktienrückkäufen durchaus zumindest Skepsis angebracht.
Denn die Rückführung von Überschusskapital auf diesem Weg bedeutet auch: Es gibt offenbar kein lohnenswertes Alternativinvestment für die liquiden Mittel des Unternehmens. Es stellt sich vor diesem Hintergrund zumindest die Frage, ob das Management keine anderen zukunftsweisenden Ideen für das Unternehmen hat. Denn überschüssiges Kapital könnte auch in Forschung und Entwicklung investiert werden, um das Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten, oder einen möglichen Vorsprung vor der Konkurrenz auszubauen. Entscheidet sich das Management stattdessen für eine Ausschüttung an die Aktionäre statt in die operative Entwicklung, kann dies mittel- bis langfristig zum Nachteil des Unternehmen sein.
Zudem könnte das durch den Aktienrückkauf fehlende Geld auch an anderer Stelle fehlen und möglicherweise die Wachstumsambitionen des Konzerns gefährden. Auch dies wird sich wohl erst mittel- bis langfristig bemerkbar machen, kann dann aber entscheidende Folgen auf die Wettbewerbslage haben.
Darüber hinaus kann das Unternehmen in Krisenzeiten möglicherweise nicht auf ein Finanzpolster zurückgreifen, eine Erfahrung, die viele Konzerne im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, als die Geschäfte plötzlich massiv einbrachen, machen mussten. Doch nicht nur ein Ausnahmeereignis wie COVID-19 kann die Geschäfte zum Erliegen bringen, auch die Abhängigkeit von Zulieferern, ein Ausfall auf Kundenseite oder diverse andere Ereignisse könnten den Konzern in Liquiditätsnot bringen. Hat er dann sein Geld in Aktienrückkäufe investiert, kann es unter Umständen empfindliche Einbußen geben, die die Geschäftsentwicklung gefährden.
Eine weitere mögliche Gefahr: Viele Großkonzerne haben ihre Aktienrückkäufe in den vergangenen Jahren mit Fremdkapital finanziert. Das Niedrigzinsumfeld sorgte dafür, dass es für Unternehmen günstiger war, sich für ihre Aktienrückkaufprogramme mit frischem Kapital zu versorgen, als bestehende Barmittel dafür aufzuwenden. Im schlimmsten Fall, nämlich dann, wenn die Geschäfte einmal nicht rund laufen, kann dies aber eine finanzielle Schieflage heraufbeschwören, denn Kreditzinsen wollen bedient werden. Fehlt dann das Kapital, gerät das Unternehmen unter Umständen in Gefahr.
Pro und Contra von Aktienrückkäufe differenziert betrachten
Wer seine Aktien im Rahmen eines Aktienrückkaufprogramms andient, hat auf den ersten Blick Vorteile, kann er doch einen möglichen Aufschlag auf den Aktienkurs nutzen. Zeitgleich verlieren Investoren dann aber auch das Recht auf ihre Dividendenzahlung und verlieren darüber hinaus ihr Stimmrecht und die Möglichkeit, weiter an der Geschäfts- und Aktienkursentwicklung zu partizipieren. Anleger, die ihre Anteile im Zusammenhang mit Buy Back-Programmen verkaufen, sollten also im besten Fall bereits vorher einen Verkauf der Aktien erwogen haben. Ein Wiedereinstieg in den Wert ist in der Regel nämlich teurer als zuvor.
Wer seine Anteile unterdessen nicht andient, behält zwar Dividenden- und Stimmrecht, kann aber auf der anderen Seite nicht von einer möglichen Prämie profitieren und wird in Sachen Rendite weniger gut abschneiden, als Verkäufer der Aktien.
Darüber hinaus steigt der Aktienkurs nach einem Aktienrückkaufprogramm zwar in der Regel, wurde das Programm aber ausschließlich zur Kurspflege eingesetzt, etwa weil ein Managementbonus an den Aktienerfolg geknüpft wurde, können die Kurse in der Folgezeit auch wieder sinken. Insbesondere dann, wenn Buy Backs von möglichen Geschäftsproblemen ablenken sollen oder man auf diesem Weg eine unter Umständen für das Unternehmen positive Fremdübernahme verhindert werden soll, schauen bestehende Aktionäre möglicherweise in die Röhre.
Redaktion finanzen.net
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