Präsidentin Rousseff in Brasilien knapp wiedergewählt: Kommen jetzt die längst überfälligen Reformen?
Mit einem knappen Sieg und 51,6 Prozent der Stimmen konnte sich alte Präsidentin Dilma Rousseff bei der Wahl im Oktober durchsetzen.
von Stephan Witt, FiNUM.Private Finance AG in Berlin
Doch ob das Land mit ihr wieder ein starkes Wachstum erfahren wird, bleibt abzuwarten. In den letzten Jahren lag die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts bei sehr niedrigen Werten um die zwei Prozent (2010 waren es noch 7,53 Prozent); für 2014 wurde die Prognose gar auf 0,9 Prozent gesenkt. Für ein Schwellenland wie Brasilien ist das zu wenig.
Aber ob Präsidentin Rousseff das Land wieder auf Kurs bringt ist sehr zweifelhaft. Bereits in ihrer ersten Amtsperiode hielt sie ich in puncto Reformen sehr bedeckt. Die Wahrscheinlichkeit dass nun die gewünschten Reformen kommen, kann als eher gering eingeschätzt werden. Der Markt hätte sich lieber einen Sieg ihres direkten Kontrahenten Aecio Neves gewünscht. So befindet sich auch der brasilianische Leitindex Bovespa seitdem auf einer Abwärtsfahrt, ebenso brachen zahlreiche Aktientitel nach der Wiederwahl ein, z.B. der Ölkonzerns Petrobas.
Der Start in die zweite Amtszeit könnte für Sie kaum schwieriger ausfallen. Die offizielle Inflationsrate liegt bei nunmehr 6,5 Prozent. Aber nicht nur das - Brasilien hat eine negative Leistungsbilanz weil mehr importiert als exportiert wird. Die Schulden des Staates nehmen zu und das Wachstum stagniert. Nicht nur die Wirtschaft sollte der Präsidentin Sorgen bereiten. Besonders die starken regionalen sowie kulturellen Diskrepanzen innerhalb der Gesellschaft machen Neuerungen in der Wirtschaftspolitik unwahrscheinlich. So wurde Dilma Rousseff hauptsächlich vom vergleichsweise ärmeren Nordosten gewählt. Strukturstärkere und wohlhabendere Regionen bevorzugten eher ihren Konkurrenten. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass es in der ersten Amtsperiode Rousseffs viele soziale Hilfsprogramme gab, wie das Projekt "bolsa familia". Ein weiterer Ausbau in diesem Segment ist eher zu erwarten, als im ökonomischen Bereich.
Doch gegen die anhaltenden wirtschaftlichen Probleme des Landes kam bisher sehr wenig von der Regierung. Zwar wurden im Wahlkampf umfassende Reformen angekündigt, doch ob und wie diese eingehalten werden, steht derzeit noch in den Sternen. Damit bleibt auch für Anleger der brasilianische Markt mit einem Fragezeichen versehen. Reformen werden in naher Zeit nicht kommen und zahlreiche Unruhen aufgrund des Wahlergebnisses sprechen ganz klar gegen eine Erholung des brasilianischen Marktes. Anleger, die in diesen Märkten noch sehr unerfahren sind, sollten also lieber die Finger davon lassen und auch erfahrenere Anleger sollten bei ihren Investitionen Vorsicht walten lassen.
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