Die "Professorenschlachtung"
Die Mieten in Berlin explodieren: Seit November 2022 stiegen sie um rund 27 Prozent, berichtet das Internetportal Immowelt.
In keiner anderen deutschen Stadt legten die Mietpreise derart zu. Marktteilnehmer führen dies auf den lahmenden Neubau zurück - und auf die Folgen der gerichtlich einkassierten Mietpreisbremse. Das Beispiel zeigt wieder einmal, dass staatliche Eingriffe und vermeintlich einfach Lösungen für komplexe Zusammenhänge zweifellos verlocken, aber mit großen Risiken verbunden sind.
Solche vermeintlich einfachen Lösungen konnten ebenso in der Vergangenheit beobachten werden: Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Getreide in Deutschland knapp. Die vorhandenen Getreidebestände wurden neben der Versorgung der Bevölkerung auch in der Schweinemast eingesetzt. Deshalb ordnete die damalige Regierung an, fünf Millionen Schweine zu schlachten. Logisch, die geschlachteten Schweine aßen zum einen das Getreide nicht mehr weg, zum anderen konnte mit dem Fleisch die Bevölkerung versorgt werden. Doch es kam anders.
Weil kriegsbedingt Metallmangel herrschte, musste minderwertiges Material für die Konservendosen verwendet werden. In der Folge verdarb ein Großteil des konservierten Schweinefleisches und die Preise für Schlachtvieh stiegen rasant. Weniger Schweine produzierten jedoch auch weniger tierischen Dünger für die Äcker. Dadurch sanken die Erträge an Getreide und Kartoffeln gegenüber der Vorkriegszeit um mehr als die Hälfte. Die vermeintlich einfache Lösung der Schweinschlachtung führte zu einer schlimmen Hungersnot. Das Ereignis ging als die "Professorenschlachtung" in die Geschichte ein, da eine Gruppe von Professoren der Regierung diese Lösung auf der Basis ihrer theoretischen Modelle empfohlen hatte.
Berliner Mietendeckel befeuert steigenden Mieten weiter
Heutzutage sehen wir ähnliche vermeintlich einfache Lösungen, wie die Deckelung von Mieten in Berlin, um gegen steigende Preise vorzugehen. Davon abgesehen, dass ein solches Vorgehen formal unzulässig war, werden heute die negativen Folgen auf dem Immobilienmarkt sichtbar. Der staatliche Eingriff hat privatwirtschaftliche Investitionen gehemmt. Dadurch hat sich das Grundproblem des Wohnungsmangels weiter verschärft. Wenn der marktwirtschaftliche Mechanismus außer Kraft gesetzt wird, entsteht ein Schwarzmarkt, der niemandem hilft. An dieser Stelle könnten zahlreiche weitere, meist politisch/ideologisch motivierte Lösungen für komplexe Probleme aufgezählt werden - man denke nur an das derzeit viel diskutierte Verbot von Ölheizungen.
Es ist jedoch klar, dass komplexe Probleme in der Regel keine einfachen Lösungen haben. Insbesondere bei der Vielzahl der Aufgaben, die vor uns liegen, ist es umso wichtiger, dass unsere Lösungen im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaats und der sozialen Marktwirtschaft stehen. Hierzu ist ein breiter gesellschaftlicher Diskurs zwingend erforderlich. Würde die Politik heutzutage nur mal die Professoren befragen - sicherlich wäre die Lösung für den Berliner Immobilienmarkt eine bessere geworden.
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von Tobias Wagner, KSW Vermögensverwaltung AG, Nürnberg
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